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Dr. Alexandra Hildebrandt

Wie Farben unser Leben beeinflussen

Die Bedeutung von Farben auf die menschliche Psyche sowie körperliche Funktionen wie Körpertemperatur und Blutdruck ist seit langem bekannt. Schon Goethe schrieb: „Die Erfahrung lehrt uns, dass die einzelnen Farben besondere Gemütsstimmungen geben." Ihre Wirkung auf unser Wohlbefinden und unsere Emotionen ist vielfältig: Farben können beruhigen oder anregen, die Konzentration fördern oder zur Orientierung beitragen. Jede Farbe hat eine andere Wirkung, da jeder Farbton seine eigene Wellenlänge und Energie besitzt, die sich auf Körper und Geist, Fühlen und Handeln übertragen. Das individuelle Farbempfinden in der Farbpsychologie ist abhängig vom jeweiligen Kulturkreis, von menschlichen Erfahrungen, Denkmustern sowie Instinkten.

In der Farbpsychologie werden vier bis sechs Farben als „Grundfarben“ bezeichnet (europäisches Farbsystem), die sich allerdings von Kultur zu Kultur unterscheiden. Neben den „unbunten“ („achromatischen“) Farbtypen Schwarz und Weiß gehören die „bunten Farben“ Rot, Gelb, Grün und Blau dazu. Die Erkenntnisse der Farbpsychologie werden zunehmend auch für die Innenraumgestaltung genutzt. Die Bedeutung von warmen und kalten Farben lässt sich von der Renaissance und dem Mittelalter bis zur klassischen Antike zurückverfolgen. Alle Farben wurden mit den vier Elementen Erde, Wasser, Feuer und Luft in Verbindung gebracht. Isaac Newton entdeckte schließlich 1704 das Farbrad und ordnete die Farben des Lichtspektrums (Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett) in einem Kreis an. 1758 veröffentlichte der Chemiker Robert Dossie „The Handmaid To the Arts“, in dem er feststellte, dass die Begriffe „Wärme“ und „Kühle“ von Malern verwendet wurden. Die Begriffe beziehen sich auf die Farben auf dem Rad und die Unterscheidung zwischen ihnen in Bezug auf das Gefühl, das sie hervorrufen. Auch Goethe beschäftigte sich seit 1791 intensiv mit der Farbenlehre und veröffentlichte 1810 sein Buch dazu, das uns bis heute beeinflusst.

Grau

Grau ist die Farbe von Sachlichkeit, Neutralität und Zurückhaltung in Verbindung gebracht. Das menschliche Auge kann etwa sechzig Grautöne unterscheiden. Auch in der Zeit zwischen Tag und Nacht nehmen wir verschiedene Grautöne wahr. Grau wirkt im jeweiligen Kontext: elegant, zurückhaltend und sachlich. Derselbe Grauton wirkt in unterschiedlicher Umgebung heller oder dunkler. Schwarz und Weiß macht das Denken vielleicht bequemer und die Sicht auf die Welt einfacher - aber besser und innovativer spannender ist es nicht. Neues entsteht immer dort, wo es keine Abgrenzung gibt, sondern Übergänge und Zwischentöne. Die Farbe Grau steht auch dafür, in Krisenzeiten einen klaren Blick für den Ernst der Lage zu behalten und dennoch die Hoffnung nicht zu verlieren. Sie symbolisiert Solides, Resilienz, Kraft, Mut und Stärke. Deshalb finden sich heute auch häufig Farbkombinationen aus Grau und Gelb – eine Stimmung zwischen Angst und Zuversicht.

Schwarz

Die Farbe Schwarz absorbiert alle Frequenzen des Lichts. Schwarz kann sehr dominant, düster und schwer sein. Die Farbe absorbiert alle anderen Farben wie ein „schwarzes Loch“. Ohne die Verbindung mit anderen Farben oder Elementen ist Schwarz „verloren“. Je nach Kontext kann Schwarz aber auch elegant und zeitlos wirken und einer bunten Farbe eine elegantere Optik verleihen. Schwarz gilt als ideale Kombinationsfarbe: Gemischt mit den Grundfarben Rot, Gelb oder Blau erhalten diese zwar eine dunklere, aber dennoch wohnlichere und warme Wirkung. Streng genommen ist Schwarz keine wirkliche Farbe - im Raum betont Schwarz die Wirkung einer sonst farbigen Einrichtung in eine positive Richtung, ohne dabei den Farben ihre Kraft zu nehmen. In der chinesischen Harmonielehre Fengshui symbolisiert Schwarz das Yin als energieaufnehmende Farbe im Raum.Die Beliebtheit der Farbe Schwarz hat vielleicht mit der gegenwärtigen Sehnsucht nach Abkühlung zu tun, denn die vergangenen Jahre waren nicht nur überhitzt, sondern auch zu schnell, zu laut, zu atemlos. Wo es schwarz wird, gibt es kaum Ablenkung, sondern nur noch Wesentliches. Schwarz steht auch für Wahrheit und Glaubwürdigkeit.

Weiß

Die Farbe Weiß symbolisiert Frieden, Klarheit, Reinheit, Unschuld, Neuanfang und Unvollkommene. Das Lichtspektrum setzt sich - physikalisch gesehen - aus vielen unterschiedlichen Farben einer Farbpalette zusammen. Häufig wird Weiß als Wandfarbe eingesetzt. Durchbrochen von Accessoires verleiht die Farbe Leichtigkeit und Beschwingtheit. Da große weiße Flächen hart wirken, sollte Weiß mit anderen Farbtönen gemischt werden.

In der klassischen Farbenlehre liegen Gelb, Rot und Orange im Farbkreis nebeneinander und weisen eine wärmere Farbtemperatur auf. Warme Farben stehen für Kraft, Energie und Glück. Sie können aber auch Aufmerksamkeit erregen und Symbole für Gefahren darstellen. Warme Farben machen große Räume einladender, weil sie gemütlich und intim sind. Sie werden oft in Wohnzimmern, Esszimmern und Küchen verwendet.

Braun

Brauntöne stehen für Erdung, Zurückhaltung, Sicherheit und Geborgenheit. Sie lassen Räume natürlich erscheinen. Ihre ausgleichende Wirkung kommt vor allem im Wohn-Ess- und Kinderzimmer zur Geltung. Holzverkleidungen an Decken und Wänden kombiniert mit einem braunen Teppichboden verkleinern optisch und gelten als Inbegriff schönen Wohnens. Die Trendforscherin „Li“ Edelkoort sagte schon vor Jahren voraus, dass in Zukunft Erdtöne – braun bis Ocker – eine größere Rolle spielen werden.

Gelb

Die Farbe der Sonne leuchtet am intensivsten im Farbspektrum. Sie steht für Wärme, Aktivität und Kreativität und erhöht die Konzentrationsfähigkeit. Schon nach Goethes Farbenlehre besitzt Gelb „eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft“. Vor allem bei Dunkelheit hat die Farbe eine gute Wirkung und wird deshalb auch als Warnfarbe eingesetzt. Die Farbe Gelb "vergrößert" kleine Räume und hellt dunkle Räume auf.

Orange

Mit Orange sind Lebensfreude, Geselligkeit und Neugierde verbunden. Die Farbe inspiriert, induziert Wärme, regt an, hilft gegen Depressionen, Desinteresse und Appetitlosigkeit. Laut Pantone Trendreport war Orange die Farbe des Jahres 2018. Orange - die In-Farbe der 1970er-Jahre - verkörpert auch das Neue, Kraftvolle und Kreative. Der Ursprung von Orange liegt unter der Erde, wo der Orangenbaum in China seine Wurzeln schlägt. Der Zwischenton von Gelb zu Rot ist allerdings erst mit allgemeiner Verbreitung der Südfrucht zum anerkannten Farbnamen geworden. Living Coral, ein anregendes und lebensbejahendes Orange mit goldenem Unterton, war die Farbe des Jahres 2019. Orange ist geeignet für "aktive" Räume, in denen gearbeitet wird, aber auch für Esszimmer. Orange schafft als Kombination aus Licht und Wärme ein angenehmes Raumklima.

Rosa

Die Farbe vereinigt die Liebe von Rot mit der "Unschuld" von Weiß. Sie steht für Zuneigung, Zartheit, Frische und Gesundheit. Sie besänftigt, sensibilisiert und baut Aggression ab. Rosa ist in seiner Wirkung stark von den umgebenen Farben abhängig. Neben Rot wirkt es rötlicher, neben Gelb warm, neben Blau kühl, neben Weiß wirkt Rosa blasser, neben Schwarz kräftiger. Rosa wird vor allem in Kinderzimmern eingesetzt.

Rot

Rot steht in der Farbenlehre für Energie, Liebe, Leidenschaft, Feuer, Kraft und Sinnlichkeit. Je nach Intensität und Kontext kann diese Farbe auch als „aggressiv“ empfunden werden. In der Natur steht Rot für Warnung und Anziehung. Laut der Farbpsychologie wirkt sie stimulierend, wärmend und anregend. In Innenräumen benötigt Rot Platz, um zu wirken. Die Farbe eignet sich allerdings nicht für Orte, an denen viel kommuniziert wird, weil sie auch Aggression fördert. Ein abgeschwächtes Rot kann in Arbeitsräumen allerdings kreativen Prozessen dienen.

Kalte Farben weisen in ihrer Farbzusammensetzung immer einen hohen Blauanteil auf. Sie vermitteln einen sachlichen und beruhigenden Eindruck und eignen sich ideal für Rückzugsorte, die der Entspannung dienen. Kühle Farben auf der blauen Seite des Farbkreises haben eine beruhigende Wirkung, vor allem wenn sie von Weiß begleitet werden. Verwendet werden diese Farben am häufigsten in Schlafzimmern und Badezimmern.

Blau

Blau steht als Symbolfarbe für Vertrauen, Harmonie und Beständigkeit. Die beliebteste Farbe der Deutschen, von denen es etwa 15.000 Abstufungen gibt, wirkt sachlich und zurückhaltend. Psychologisch gesehen wirkt Blau entspannend und stresslösend. Auch wird das Unbewusste und die eigene Intuition angeregt. Die Beschäftigung mit der Farbe Blau kann dazu beitragen, unseren eigenen festen Blick auf die Dinge immer wieder zu schulen, weil wir ohne ihn nicht urteilsfähig wären und die Welt nicht nachhaltig gestalten können.

Grün

Grün ist ein Sinnbild für Neuanfang, Hoffnung und Leben. Es vereinigt die Freude des Gelbs mit der Ruhe des Blaus. Blau wirkt fern, Rot wirkt nah, Grün liegt in der Mitte. Auf die Psyche wirkt Grün erholsam und ausgleichend. Da Grün die Farbe der Natur ist, wirkt es auf das menschliche Auge besonders entspannend. Sie eignet sich gut für Schlafzimmer und das Bad. Die eigenen vier Wände sind nicht nur Rückzugsort, sondern auch Beziehungsort: Was wir in der Natur vermissen oder verlieren, möchten wir wenigstens in unserer kleinen Alltagswelt wiederfinden, in der wir das Gefühl haben, nicht hilflos zusehen zu müssen, dass unser Lebensraum immer unbewohnbarer wird. Ein kräftiges Apfelgrün wiederum setzt lebendige Akzente und passt gut in belebte Räume. Grün ist aber auch eine passende Farbe für Arbeitsplätze mit hohem Lärmpegel sowie für Ruhe- und Entspannungszonen. Bei hoher Farbsättigung wirkt Grün jedoch unruhig.

Violett („lila“)

Blau, Rot und Gelb sind „Primärfarben“, die nicht gemischt werden können. Aus ihnen entstehen aber viele andere Farben. So setzt sich die Mischfarbe Violett („Lila“) aus einem kühl und beruhigend wirkenden Blau und einem warm und anregend wirkenden Rot zusammen. Oft wird Violett im kreativen Bereich eingesetzt da diese außergewöhnliche Farbe ein Synonym für Extravaganz, Inspiration und Spiritualität ist. Im Bereich der Inneneinrichtung ist Violett die wohl unterschätzteste aller Farben. Sie akzentuiert Kissen, Leuchten, Teppiche, Stühle, Sessel oder Sofas.

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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