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Gespräch auf Augenhöhe | © Nensuria/Istockphoto

Wie Jahresgespräche gelingen: Diese 7 Fehler sollten Sie als Chef und Chefin vermeiden!

Das Jahresgespräch ist für beide Beteiligten wichtig. Es geht in erster Linie um die Ziele und Ergebnisse des Mitarbeitenden. Zugleich geht es jedoch auch um die Entwicklung und die Erfolge des Unternehmens, denn dazu soll der Einsatz des Mitarbeitenden positiv beitragen. Bereiten Sie als Vorgesetzte das Gespräch gut vor und vermeiden Sie gravierende Fehler.

Fehler 1: Jahresgespräch ist gleich Gehaltsgespräch

Aus meiner Sicht ist das Jahresgespräch das umfassendere Format. Es geht um die Entwicklung des Unternehmens im anstehenden Jahr und was der Mitarbeitende dazu beitragen kann. Es geht darum, was das für ihn oder sie bedeutet, und letztlich auch darum, wie sich das in der Honorierung niederschlägt. Daher sollte im Jahresgespräch auch (aber eben nicht nur) über Geld gesprochen werden. Es geht beim Jahresgespräch um eine gesamtheitliche Betrachtung der Entwicklung des Mitarbeitenden und wie das honoriert werden kann – und zwar nicht ausschließlich in Euro.

Fehler 2: Jahresgespräch „zwischen Tür und Angel“ machen

Wer die Gesprächsatmosphäre vernachlässigt, riskiert ein schlechtes Ergebnis – sowohl im Gespräch als auch bei der weiteren Motivation. Keine fest vereinbarten Termine, viel zu wenig Zeit eingeplant, Störungen durch andere (beispielsweise Anrufe) oder gar nicht angekündigt, sondern einfach an ein Gespräch (etwa zum Projektstatus) „kurz angehängt“, sind die Klassiker, um einen schlechten Rahmen zu gestalten. Den passenden Rahmen zu setzen, beginnt mit einer Terminvereinbarung, die für beide Seiten passt und nicht „reingequetscht“ ist.

Genug Zeit einplanen heißt aus meiner Sicht: eher zwei Stunden als eine. Wenn das Gespräch früher als geplant fertig ist, geht man halt auch früher auseinander und freut sich über die „gewonnene“ Zeit. Ich plädiere bei solch wichtigen Gesprächsanlässen für ein Treffen in Präsenz, um mehr der nonverbalen Reaktionen mitzubekommen. Etwas zum Trinken, geschlossene Türen und der Hinweis „Bitte keine Störungen“ (gilt dann auch für Handys, die auf stumm stehen sollten) sorgen für einen guten Anfang. Wie im Theater oder Kino … falls für eine von beiden Seiten der geplante Rahmen nicht gut passt, sollte das ehrlich gesagt werden. Auch Ehrlichkeit gehört zum Gelingen des Gesprächs.

Fehler 3: Abschweifen vom Thema

Wichtig für das Gelingen eines Jahresgesprächs ist eine gute Vorbereitung: Themenliste, Erwartungen und zu vereinbarende Punkte sollte jeder für sich klären und notieren. Sie als Chefin oder Chef sollten die Agenda vorab bekanntgeben und mit Ihrem Mitarbeitenden abstimmen. Das schafft eine gemeinsame Grundlage. Zudem sollte die Protokollierung des Gesprächs geklärt werden. So wird der passende Rahmen durch eine klare Struktur ergänzt.

Auf die Agenda gehören zum Beispiel:

  • Rückblick: Welche Ziele und Erwartungen waren gesetzt? Was wurde erreicht? Was nicht? Was wurde übererfüllt? Welche Gründe gibt es dafür? Inwieweit lagen diese im Einfluss des Mitarbeitenden?

  • „Bilanz“: Resümee zum vergangenen Jahr und Ableitung von offenen Punkten und Themen.

  • Vorausschau: Was soll im kommenden Jahr erreicht werden – quantitativ wie auch qualitativ? Was steht im Fokus des Unternehmens und des Bereichs? Was leitet sich daraus für den Mitarbeitenden ab? Wo sind Stärken des Mitarbeitenden für diese Aufgaben? Wo sind noch Schwachstellen? Was ist an Ressourcen und weiterer Unterstützung notwendig, um die Ziele zu erreichen? Wie kann ich als Vorgesetzte unterstützen? Wo sind Risiken – beim Mitarbeitenden, im Bereich und im Unternehmen? Was wollen wir gemeinsam besser machen? Was ist dafür notwendig?

  • Gehalt bzw. Entlohnung: Wie wird die Leistung des vergangenen Jahres abschließend vergütet, also vor allem der variable, zielgebundene Teil? Was wird für das neue Jahr vereinbart? Was in Euro, was in anderen Leistungen?

  • Abschluss: Zusammenfassen von Besprochenem und Vereinbarungen. Dazu gehört für mich auch ein abschließendes, wertschätzendes Lob für den Mitarbeitenden: Was ist sein und ihr Beitrag für das Unternehmen bisher und in Zukunft. Und genauso wichtig: Warum soll der Mitarbeitende bleiben?

Während des Gesprächs sind beide Seiten für die Gesprächsführung verantwortlich. Somit kann jeder – insbesondere jedoch Sie – darauf hinweisen, dass man zur Agenda zurückkommen sollte, wenn es zum Abschweifen kommt. Denn sonst kann es trotz großzügig geplantem Zeitraum doch noch eng und zudem mental anstrengend werden.

Fehler 4: Unflexibilität bei der Bezahlung.

Schließlich wird auch übers Geld geredet. In Zeiten zunehmenden Fachkräfte- als auch Führungskräftemangels werden sich aus meiner Sicht Unternehmen unflexible Entlohnungssysteme nicht mehr lange leisten können. Zudem ist den jüngeren Menschen Geld nicht mehr so wichtig, stattdessen gewinnen andere Themen wie Homeoffice, 4-Tage-Woche, Mobilitätszuschlag und Kurz-Sabbaticals an Bedeutung.

Sie sollten sich im Vorfeld mit der gewünschten bzw. möglichen Entlohnung beschäftigen und Alternativangebote bereithalten. Dazu gehört auch, dass Sie anhand von Fakten erklären können, warum der Mitarbeitende einen Gehaltsbestandteil nicht bekommt bzw. nicht erreicht hat. Diese Begründung muss nachvollziehbar sein und darf nicht bedeuten „Egal, was ich hier mache, ich bekomme meine an sich verdiente Bezahlung nicht“. Unternehmen sollten sich unternehmensweite Alternativen überlegen, wenn Geld nicht mehr das alleinige Entlohnungsinstrument sein soll. Ich finde es belastend für die einzelne Führungskraft, sich immer individuell Lösungen einfallen zu lassen, die sie am Ende doch mit anderen abstimmen und ggf. genehmigen lassen muss.

Fehler 5: Schwammige Ziele

Jede und jeder wird mir zustimmen: Ziele müssen messbar und erreichbar sein. Auch die notwendigen Ressourcen für die Zielerreichung müssen verfügbar sein. Sprich, der größte Anteil zur Erreichung sollte auch im Einflussbereich des Mitarbeitenden sein. Doch ist es in der Realität oft ganz anders: Die Ziele sind schwammig formuliert, sind an Faktoren geknüpft, die von vielen Einflüssen abhängen oder sogar der Zielerreichung von Kollegeninnen entgegenlaufen.

Daher empfehle ich, Ziele eher kleinteilig zu formulieren. Statt Umsatzsteigerung um X % wäre es sinnvoller zu sagen: X % mehr Umsatz mit weitestgehend gesättigten Kunden, Y % mehr Umsatz mit nicht ausgeschöpften Kunden und Z % Umsatz mit neuen Kunden. Das ist verständlich, beeinflussbar und messbar. Wichtig ist hierbei, dass sich die Beteiligten auf gemeinsame Kriterien einigen. Zudem sollte diskutiert werden, was passiert, wenn unterjährig die Ziele als nicht mehr erreichbar identifiziert werden. Wer ist dann in welcher Verantwortung?

Fehler 6: Angst vor Kritik

Kritik wird oft als „Stimmungs- oder Motivationskiller“ gesehen und daher lieber sorgsam umschifft. Das führt jedoch am ehesten dazu, dass wichtige Themen, die zur Verbesserung beitragen können, erst gar nicht angesprochen werden, womit man Chancen auslässt. Kritik ist wichtig. Allerdings sollte Kritik immer konstruktiv und „umsetzbar“ sein.

Eine Aussage wie „Sie sind mir zu pragmatisch und verlieren die Strategie aus den Augen“ ist zu pauschal. Sinnvoller ist es, mit konkreten Beispielen die Knack- und Chancenpunkte zu zeigen: „Es war mir zu pragmatisch, als Sie den Projektzeitplan umgebaut haben und die schnell zu lösenden Aufgaben priorisiert haben. Damit konnten wir zwar Teilerfolge vorweisen, haben aber den Meilenstein XY aus den Augen verloren. Wenn wieder einmal eine solche Situation entsteht, wo Sie den Projektzeitplan aus Ressourcenmangel oder anderen Gründen anpassen müssen, damit es vorangeht, binden Sie mich bitte ein. Dann können wir Ihre Ansätze diskutieren und gemeinsam eine Lösung finden, bei der ich Ihnen dann den Rücken freihalten kann.“

Kritik sollte schließlich ein „Happy End“ haben: Wertschätzen, was beim kritischen Verhalten ungünstig war, aber durchaus eine Lösung als Ziel hatte. Und klären, wie eine bessere Lösung in Zukunft aussehen könnte. Wichtig ist, zu vermitteln, dass jemand zwar einen Fehler gemacht hat, aber als Person kein Fehler ist. Also klare Trennung von kompetenter Person und ungünstigem Verhalten.

Fehler 7: Keine Emotionen zeigen

Ich höre es leider immer wieder: Wer professionell ist, zeigt keine Emotionen, behält einen kühlen Kopf, hat ein Pokerface usw. Ich bin eine Freundin von Emotionen! Wir sind als Einzelne sowie als Team nur erfolgreich, weil wir unsere Persönlichkeit und damit auch unsere Emotionen einbringen.

Wir brauchen ängstliche Typen zur Risikominimierung genauso sehr wie Abenteurer für neue Ideen. Jeder kann die gemeinsame Sache nach vorn bringen, wenn er oder sie am richtigen Platz ist – mit den jeweiligen Emotionen als Grundausstattung eines kompetenten Mitarbeitenden.

Daher empfehle ich auch Emotionen im Jahresgespräch, wie

  • gezeigte Freude über erreichte Ziele, insbesondere wenn es sehr herausfordernde waren,

  • Dankbarkeit für den Einsatz, neue Ideen und durchaus auch wirkungsvolle Kritik,

  • Bedauern zu nicht Erreichtem oder Verhindertem,

  • Ausdruck von Grenzen, wenn mich jemand in die Enge treiben will.

Auch hier gilt wie oben: Konkret und fair bleiben! Keine allgemeinen Rundumschläge, vor allem keine Emotionsausbrüche, die dem Inhalt nicht angemessen wären. Sollte es dennoch zu einem emotionalen Ausbruch oder Zusammenbruch kommen, dann bitte das Gespräch unterbrechen und ein erneutes Treffen nach einem Zeitraum X vereinbaren.

Mein Vorschlag: „Ich glaube, wir sind jetzt sehr emotional geworden. Das ist für einen sachlichen Austausch oder eine faire Vereinbarung eine schwierige Basis. Ich würde mich gern innerlich sammeln und das bisher Besprochene überdenken. Können wir uns bitte nach X wieder treffen?“

Was mir noch wichtig ist

Vorgesetzte und Mitarbeitende stehen in einem „gefühlten Machtgefälle“. Dieses Gefühl erschwert solche Gespräche. Der bessere Ansatz ist „Augenhöhe“. Denn beide Parteien haben Kompetenzen, Erfahrungen und Eigenschaften, die dem anderen oder der anderen fehlen. Wer das erkennt und wertschätzt, geht konstruktiver in Gespräche rein und kommt erfolgreicher raus. Probieren Sie es aus!

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Nane Nebel schreibt über Karriere, Bewerbung von Führungskräften

Karriereberaterin und Karrierecoach für Top-Führungskräfte mit Fokus auf Ingenieure, ITler, Naturwissenschaftlerund Finanzer. Spezialistin für die Bearbeitung des verdeckten Stellenmarktes im C-Level-Segment. Systemische Beraterin für Karriereentwicklung von Top-Managern.

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