Navigation überspringen
article cover
Wer überlegt, frühzeitig in Rente zu gehen, sollte auf einige kritische Punkte achten. - IMAGO/Shotshop
Premium

Wie Sie beim vorzeitigen Ruhestand die maximale Abfindung rausholen

Manche Führungskraft möchte früher in Rente gehen. Wie das mit wenig Verlust klappt, erklärt ein Arbeitsrechtler – und beantwortet die wichtigsten Fragen zu Abfindung und Vorruhestand.

Düsseldorf. Wirtschaftskrise, Inflation, Sparzwang – Unternehmen restrukturieren und trennen sich von teurem Führungspersonal. So manch langgedienter Manager über 60 Jahre liebäugelt da mit dem vorzeitigen Ruhestand. „Schluss mit Dauerkrise und Transformationsdruck“, denkt er oder sie sich.

Doch wer früher als gesetzlich vorgesehen aus dem Berufsleben ausscheidet, erhält weniger Rente. Daher gilt es, klug vorzugehen, wenn der Arbeitgeber mit einem Aufhebungsvertrag und einer scheinbar üppigen Abfindungssumme winkt. Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht, sagt: „Beim Thema Abfindung herrscht bei Arbeitnehmern großes Unwissen – selbst auf Spitzenpositionen. Das kann teuer zu stehen kommen, vor allem für diejenigen, die die Fallstricke nicht kennen.“

Das Handelsblatt hat zusammengetragen, was Sie wissen müssen, wenn es um einen Aufhebungs- oder Vorruhestandsvertrag geht. Jurist Abeln beantwortetet die wichtigsten Fragen, um eine erfolgreiche Ausstiegsstrategie zu verfolgen und eine angemessene Abfindung zu erzielen.

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Wie berechnet sich die Abfindungshöhe?

Grundsätzlich gibt es keine feste Formel für die Berechnung von Abfindungen. Auch der Anspruch auf eine Abfindung besteht nur dann, wenn im Rahmen einer Kündigungswelle ein mit dem Betriebsrat verhandelter Sozialplan die Mindestzahlung einer Abfindung für Mitarbeiter ausdrücklich regelt.

„Anderenfalls ist die Höhe rein vom Verhandlungsgeschick und von der Ausdauer der Parteien abhängig. Eine Führungskraft kann also durchaus eine hohe Abfindung rausholen“, sagt Abeln.

Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertritt seit über zwanzig Jahren Arbeitnehmer in Führungspositionen
Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertritt seit über zwanzig Jahren Arbeitnehmer in Führungspositionen

Wie läuft eine Abfindungsverhandlung ab?

In der Regel wird der Arbeitgeber im ersten Schritt der Verhandlung eines Aufhebungsvertrages dem betreffenden Angestellten nur eine Abfindung auf Basis einer sogenannten „Faustformel“ anbieten. Und die lautet:

Halbes Bruttomonatsgehalt x Anzahl der Beschäftigungsjahre = Abfindungshöhe

Diese Faustformel basiert immer auf der Grundvergütung. Bonuszahlungen oder Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge bleiben unberücksichtigt. „Genau das ist jedoch der Knackpunkt“, sagt Arbeitsrechtler Abeln. Bei Führungskräften seien je nach Einzelfall weitaus höhere Abfindungen für den Arbeitsplatzverlust denkbar und je nach Branche auch üblich. Zum einen, weil bei Managern das Bruttomonatsgehalt mit einem Vielfachen pro Beschäftigungsjahr angesetzt wird. Konkret: Statt des Faktors 0,5 wird zum Beispiel mit dem Faktor zwei gerechnet.

Zum anderen erhöhe sich die Abfindungssumme, weil die Gesamtvergütung der jeweiligen Führungskraft bei der Berechnung berücksichtigt werden müsse. Dazu zählten neben dem Grundgehalt auch Boni und Prämien sowie geldwerte Vorteile wie etwa ein Dienstwagen. „Und schon hat sich die Ausgangsposition eines Bereichs- oder Abteilungsleiters bei der Abfindungsverhandlung deutlich verbessert“, sagt Abeln.

Wie schnell muss man ein Angebot des Arbeitgebers akzeptieren?

„Häufig sind Arbeitgeber sehr überzeugend“, weiß der Berliner Jurist. „Sie erwecken in der Verhandlung den Eindruck, ein bestimmtes Abfindungsangebot wäre ihr letztes Wort.“ Davon sollten sich Führungskräfte unter keinen Umständen einschüchtern oder unter Druck setzen lassen, rät Abeln.

Im Zweifel gelte: Falls es zu keiner Einigung über eine finanzielle Entschädigung kommt und der Arbeitnehmer klagt, können höhere Abfindungsansprüche auch aus einem vom Richter vorgeschlagenen Vergleich entstehen.

Welchen Nachteil hat die Abfindungsregelung für eine ältere Führungskraft?

Aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Führungskraft ist eine Abfindung in Form einer Einmalzahlung wahrscheinlich nicht rentabel. „Nach Abzug der Lohnsteuer wird die verbleibende Summe in der Regel nicht ausreichen, um die Zeit bis zum regulären Renteneintritt finanziell zu überbrücken“, erklärt Abeln.

Welche Alternativen gibt es zum Modell Aufhebungsvertrag plus Abfindung?

Manch älterer Manager lasse sich auf besondere Vereinbarungen mit seinem oder ihren Unternehmen wie beispielsweise Altersteilzeitmodelle ein. Diese Regelungen findet Jurist Abeln finanziell aber nicht empfehlenswert. „Durch geringere Einkommen und daraus resultierende entsprechend niedrigere Rentenzahlungen drohen erhebliche Nachteile.“ Oft fielen bei solchen Lösungen auch Sonderleistungen des Arbeitgebers wie eine variable Vergütung, Provisionen oder der Dienstwagen für den Angestellten weg.

Welche Alternative lohnt sich am meisten?

„Die beste Alternative für Manager jenseits der 60 ist die sogenannte Vorruhestandslösung“, sagt Arbeitsrechtsexperte Abeln. Wer sich darauf einlässt, dem bezahlt der Arbeitgeber anstelle einer einmaligen Abfindungssumme meist zwischen 60 bis 80 Prozent des ursprünglichen Bruttoeinkommens für die gesamte verbleibende Zeit bis zum regulären Renteneintritt. Der Clou: Der Arbeitnehmer ist in dieser Zeit freigestellt und muss nicht mehr arbeiten.

„Weil eine Vorruhestandslösung jedoch insgesamt höhere Kosten für den Arbeitgeber bedeutet, ist erst recht Verhandlungsgeschick gefragt“, sagt Abeln.

Wichtig zu wissen sei außerdem, so der Jurist, dass jede noch so üppige Vorruhestandsregelung sich ebenfalls auf die Höhe der späteren Rente auswirke. Ein Beispiel verdeutlicht die finanziellen Folgen: Ein Bereichsleiter, der mit 63 Jahren exakt 38 Monate früher als gesetzlich vorgesehen in Rente gehen würde und dem der Arbeitgeber ein vergleichsweise hohes Vorruhestandsgeld von 80 Prozent des Bruttojahresgehalts anbietet, wird 0,3 Prozent weniger Rente pro Monat vor dem regulärem Rententermin erhalten.

Welche Fallstricke sind bei einem Aufhebungs- oder Vorruhestandsvertrag noch zu beachten?

Ob offene Bonuszahlungen oder Spesenabrechnungen – längst nicht alle Ansprüche, die eine Führungskraft gegenüber ihrem Arbeitgeber hat, sind mit einem Aufhebungs- oder Vorruhestandsvertrag automatisch geregelt. Der Berliner Arbeitsrechtler rät daher unbedingt zu vermeiden, einen „Ausgleich“ zu quittieren. Abeln: „Ansprüche nachträglich zu verfolgen, die nicht im Vertrag geregelt sind, ist sonst nicht mehr möglich.“

Speziell mit dem Vorruhestandsvertrag bescheinigt man dem Arbeitgeber, dass man vollständig aus dem Arbeitsleben ausscheiden wird. Problematisch wird es dann, wenn der Manager doch noch Nebentätigkeiten ausführen möchte. Denn diese sind dann nicht mehr gestattet, woraus sich wiederum Schwierigkeiten mit der Sozialversicherung ergeben können. Will sich der Arbeitnehmer also den Freiraum für Nebentätigkeiten offenhalten, sollte er auf eine entsprechende Klausel im Vorruhestandsvertrag achten.

Wer dagegen doch lieber auf einen Aufhebungsvertrag plus Abfindung setzt, weil er beruflich noch mal durchstarten möchte, der sollte wissen, dass Arbeitgeber aus diesem Anlass kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verhängen dürfen. Jurist Abeln rät in diesem Fall dazu, im ursprünglichen Arbeitsvertrag zu prüfen, ob ein eventuell vereinbartes Wettbewerbsverbot wirksam ist und es gegebenenfalls explizit aufzuheben.

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Wie Sie beim vorzeitigen Ruhestand die maximale Abfindung rausholen

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelsblatt schreibt über Substanz entscheidet

Das Handelsblatt ist das führende Wirtschaftsmedium in Deutschland. Rund 200 Redakteure und Korrespondenten sorgen rund um den Globus für eine aktuelle, umfassende und fundierte Berichterstattung. Über Print, Online und Digital kommunizieren wir täglich mit rund einer Million Leserinnen und Lesern. NEU: Diese Seite bietet Premium-Mitgliedern eine Auswahl der besten Artikel vom Handelsblatt direkt hier.

Artikelsammlung ansehen