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Wird die berufliche Orientierungslosigkeit der Jugend unserer Wirtschaft zum Verhängnis?

Die Berufsorientierung in Schulen wird früher oder später zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor für Deutschland.

Junge Menschen haben schon immer überfordert reagiert, wenn es um die Frage ging, was sie später einmal beruflich machen wollten. Bei der Generation Z spielen aber drei wesentliche Faktoren rein, die ihnen die berufliche Orientierung erschweren: die Pandemie, die Inflation und die Digitalisierung.

Mit unserer Unternehmensberatung TEAM OF TOMORROW, die sich speziell an den Mittelstand richtet, möchten wir genau hier ansetzen: An einer Gesamtschule in NRW möchten wir Schüler:innen mit regionalen Unternehmen in den Dialog bringen und Orientierung schenken. Das entscheidende Stichwort lautet: Erwartungsmanagement.

25 Prozent der Ausbildungsverträge werden in Deutschland frühzeitig aufgelöst. Die Gründe dafür sind vielseitig, ein großes Problem ist jedoch, dass Azubis und Betriebe nicht schon vor Ausbildungsbeginn in den Austausch gehen und besprechen, was ihnen bei einer Zusammenarbeit wichtig wäre. An den Universitäten geht es ähnlich zu. Das Deutsche Zentrum für Hochschulwissenschaft verzeichnet eine gleichermaßen hohe Abbruchquote bei Bachelorstudiengängen.

Neuorientierung kostet nicht nur die jungen Menschen viel Zeit und Kraft, auch die Wirtschaft verzeichnet dadurch Verluste. Wird ein Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst, fallen nach Berechnungen des BIBB für einen Betrieb bis zum Zeitpunkt der Vertragslösung im Durchschnitt Nettokosten in Höhe von 6.826 Euro an. Die erschwerten Bedingungen für junge Menschen, sich nach der Pandemie beruflich zu orientieren, können demnach auch eine Gefahr für die Wirtschaft werden. Zumal sich der Berufseinstieg unnötig verzögert. Eine Tatsache, die wir uns in Zeiten des Fachkräftemangels nicht leisten können. Deswegen gilt es die folgenden drei Hürden zu beleuchten.

1. Hürde: Die Pandemie

Die Schüler:innen, mit denen ich im Podcastkurs zusammengearbeitet habe, spüren die Nachwirkungen der Pandemie noch heute. In dieser Zeit hätten die Jugendlichen eigentlich ihre Praktika machen sollen. Viele Unternehmen haben aber keine Praktika angeboten, in anderen Betrieben war der Alltag durch die Pandemie geprägt und verzerrt.

Die unbezahlten Praktika jetzt auf freiwilliger Basis in den Schulferien nachzuholen, anstatt einem Ferienjob nachzugehen, muss man sich erst mal leisten können. Der Großteil des Kurses arbeitet direkt nach der Schule, kellnert in den örtlichen Restaurants und spart Geld. In den Jahren 2018 bis 2020 hatten 41,7 Prozent der 17-Jährigen einen Nebenjob, wie aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht. Sie sparen Geld – zum Beispiel für einen Führerschein. Fast 3000 Euro kostet der mittlerweile. In vielen Berufen wird später eine gewisse Flexibilität und Mobilität vorausgesetzt, insbesondere im ländlichen Raum. Was auf der Strecke bleibt: Das Reinschnuppern in verschiedene Branchen während der Schulzeit.

2. Hürde: Die Digitalisierung

Ein weiterer Punkt, der die berufliche Orientierung erschwert und für hohe Abbruchquoten sorgt, ist tatsächlich die Digitalisierung. Die Berufsinhalte haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. Einige Ausbildungsberufe sind sogar komplett neu entstanden. Das Problem ist nur: Schülerinnen und Schüler wird das kaum erklärt.

Zu den neu entstandenen Berufen gehört zum Beispiel auch die anästhesietechnische Assistenz. Sie begleitet vor einer Operation in die Narkose und wartet medizinische Instrumente. Zuvor war diese Tätigkeit im Pflegeberuf integriert, erst seit 2022 ist es ein eigener, anerkannter Ausbildungsgang. Die Schülerinnen Rhythm und Aliye bereiten sich auf die Podcastaufnahme mit dem Marienhospital in Kevelaer vor und stellen Thesen auf, warum es den Ausbildungsberuf nun gesondert gibt: „Man liest in den Medien ja immer wieder, dass Operationen durchgeführt werden, die eigentlich nicht nötig sind. Krankenhäuser müssen Geld verdienen“, überlegen sie laut. „Oder liegt es daran, dass alte Menschen häufiger operiert werden?“, fragen sie weiter. Plötzlich überschlagen sich die Fragen in ihren Köpfen: Mit dem Job-Futuromat des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung recherchieren sie die Digitalisierungsmöglichkeiten des Berufs und überlegen, welche Rolle Roboter mittlerweile im OP-Saal spielen. Die Antworten bekommen die beiden im Podcast.

3. Hürde: Die Inflation

Bei der Schülerin Ceylan machen sich derweil andere Fragen breit. Für sie geht es nicht nur um die Frage, welcher Beruf sie glücklich machen könnte. Es geht auch um die Frage, wie sie sich ihren beruflichen Werdegang finanziert. Bislang wollte sie eine Beamtenkarriere beim Finanzamt anstreben, aber macht sie das auf Dauer glücklich? „Ich glaube, ich habe ein großes Sicherheitsbedürfnis. Während eines dualen Studiums könnte ich direkt Geld verdienen und ich wäre unabhängig“, sagt sie.

„Ich könnte mir auch vorstellen, als Kriminalpsychologin zu arbeiten. Das Studium dauert nur echt lange“, erklärt sie weiter. Für Bachelor und Master würde sie mindestens 7 Jahre brauchen – und einiges an Kohle. Ihre Eltern arbeiten als Busfahrer und als Bäckereifachverkäuferin, auf ihre finanzielle Unterstützung kann Ceylan nicht setzen. In einer Zeit, in der der staatliche Bildungskredit von KfW mit einem Zinssatz von 8 Prozent doppelt so teuer ist wie ein Immobilienkredit, sind Ceylans Zweifel berechtigt. Weitere staatliche Hilfe machen einen komplizierten Eindruck auf die Schülerin: Wo soll sie da bloß anfangen?

Wir dürfen Schüler:innen jetzt nicht allein lassen

Wir dürfen Schüler:innen mit all diesen Fragen nun nicht im Stich lassen, sondern müssen sie an die Hand nehmen. Nur so können wir sie zeitnah in die Arbeitswelt einführen und zu Fachkräften ausbilden.

Der Podcast der Schüler:innen heißt: "GEN Z - Das Z für Zukunft!" und ist auf allen gängigen Audioplattformen zu hören. Hier auf Spotify.

Kommentare

Ronja Ebeling schreibt über Job & Karriere, Politik & Gesellschaft, Personalwesen

Gen Z, Generation Greta oder auch Generation TikTok… Es gibt wahrscheinlich genauso viele Bezeichnungen für die Menschen, die nach 1995 geboren sind, wie es auch Vorurteile gibt. Journalistin Ronja Ebeling räumt mit ihnen auf und zeigt Unternehmen, wie sie zu Arbeitgeber:innen der Zukunft werden.🤝

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