Der Ex-Chef wartet mit offenen Armen – trotzdem dürfen Rückkehrer keine Sonderbehandlung erwarten. - Quelle: Andrea Caprez
Premium

«Bumerang»: Die Chancen und Risiken einer Rückkehr zum alten Arbeitgeber

Unternehmen stellen häufiger Ehemalige ein, die den Betrieb schon kennen. Damit der Wiedereinstieg gelingt, zählen mehrere Faktoren.

Als Sara Läng beim Sanitärkonzern Geberit unlängst ihre neue Stelle antrat, wurde sie mit offenen Armen empfangen. «Viele sagten ‹Schön, dass du da bist›», berichtet Läng und fügt hinzu, «also ‹wieder da›». Denn die Kollegen kannten sie bereits: Die heute 51-Jährige hat schon einmal in der internen Revision von Geberit gearbeitet, von 2015 bis 2018.

Sichern Sie sich jetzt das Digital-Abo für die Handelszeitung!

Damals war sie ausgestiegen, weil ihr die Reisetätigkeit zu viel wurde – mitunter zwei Wochen pro Monat. Ausserdem wollte die Controllerin mehr Zeit für ihre Mutter haben, die an Parkinson erkrankt war. Also wechselte Läng zur Bank Julius Bär. Doch diese Station sollte nur zwei Jahre dauern.

«Ein alter Kollege erzählte mir, dass in der internen Revision wieder jemand gesucht werde.» Läng bewirbt sich und kehrt zu Geberit zurück – in die gleiche Abteilung, zum gleichen Chef.

Solche Turnarounds liegen im Trend: Immer mehr Angestellte heuern im Lauf ihre Berufsleben bei einem Ex-Arbeitgeber an. Aktuell sind 4,5 Prozent aller Neueinstellungen sogenannte Boomerang Hires, hat das Businessnetzwerk Linkedin ermittelt.

Vor der Pandemie lag der Anteil bei 3,9 Prozent. «Die Firmen stehen Rückkehrern generell offener gegenüber», bestätigt Eva Mahoney, Director bei der Personalberatung Robert Half in Zürich. Geberit zum Beispiel stellt auf der Firmen-Website sogar Personen vor, die sich zum Wiedereintritt entschieden haben.

Und Mitarbeitende, die einen Bewerber vermitteln, bekommen dafür auch dann eine Gratifikation, wenn es sich um einen ehemaligen Kollegen handelt. «Wir haben viele Rückkehrer», berichtet Vreni Schweizer, HR Business Partner bei Geberit.

Vieles spricht für Alumni

Für Alumni spricht einiges: Sie haben neue Ideen, Kontakte und Erfahrungen im Gepäck und sind schneller eingearbeitet. 2020 konnten Forschende der amerikanischen Cornell University nachweisen, dass Ehemalige im Schnitt mehr Leistung als neue Kräfte von aussen bringen.

Dafür wurden 2000 Ehemalige und 10’000 Newcomer in einem Unternehmen der Gesundheitsbranche verglichen. Doch ist es auch für die persönliche Laufbahn gut, dem Ex(-Arbeitgeber) eine neue Chance zu geben?

Das kommt vor allem auf das Motiv an. Wer nur zum Bekannten zurückkehrt, weil es bequem ist oder ein höheres Salär winkt, wird meist auch in der zweiten Runde nicht glücklich. «Es sollte eine neue spannende Funktion oder Entwicklungsmöglichkeit geben, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens noch nicht existierte», betont Personalberaterin Mahoney.

Denn auch wenn es das Wort Bumerang nahelegt – in genau den gleichen Job kehren die wenigsten zurück. Controllerin Läng zum Beispiel hat nach ihrem ersten Abschied eine Laufbahnberatung gemacht und unter anderem festgestellt, dass sie ihr Wissen gerne anderen weitergibt.

Das hat sie beim Wiedereinstieg berücksichtigt. Heute arbeitet Läng bei Geberit nicht nur als Senior Auditor, sondern bildet auch Lernende aus. Ausserdem arbeitet sie nur noch 80 Prozent, um mehr Freizeit zu haben.

Nachteile der zweiten Runde

Gerade wer nach einer längeren Abwesenheit über eine zweite Runde beim Ex nachdenkt, sollte bedenken, dass auch dort die Zeit nicht stehengeblieben ist. Vielleicht wurde agiles Arbeiten eingeführt, man nutzt neue digitale Werkzeuge oder verfolgt ein völlig anderes Geschäftsmodell?

«Tauschen Sie sich im Vorfeld intensiv mit dem ehemaligen Arbeitgeber aus, um zu sehen, was sich verändert hat», rät Personalberaterin Mahoney. Wichtig ist zudem eine ehrliche persönliche Bestandsaufnahme: Bringe ich immer noch die Kompetenzen mit, die in der Branche jetzt und in Zukunft gefordert sind?

Viele lockt ein finanzielles Plus zurück zu bekannten Ufern. Da Alumni in der Regel auf einer höheren Position einsteigen, wächst auch das Salär. «Ich habe nur in Ausnahmefällen erlebt, dass jemand in eine schlechter bezahlte Position zurückgekehrt ist», berichtet Mahoney.

Dafür habe es dann deutlich interessantere Entwicklungsmöglichkeiten oder Inhalte gegeben. Wie bei Salärverhandlungen generell gilt auch beim persönlichen Rollback: nicht zu hoch pokern. Ein exorbitantes Plus ist nicht drin, weil sonst der Gehaltsabstand zur vorhandenen Belegschaft zu gross würde.

Keine Sonderbehandlung

Eine Sonderbehandlung dürfen Rückkehrer nicht erwarten. «Sie durchlaufen zu 99 Prozent das ganz normale Bewerbungsverfahren», erklärt Personalerin Schweizer von Geberit. Nur wer extrem kurz weg war, spare sich einige Schritte. Unternehmen achten strikt darauf, dass Wiedereinsteiger die gleichen Interviewrunden und Tests absolvieren wie Newcomer.

Man will unter keinen Umständen den Eindruck von Ungleichbehandlung oder gar Mauschelei erwecken. Sogar um eine Probezeit kommen Rückkehrer in der Regel nicht herum.

Auf eine Frage müssen sie sich auf jeden Fall einstellen: Warum sind Sie überhaupt gegangen? Controllerin Läng lacht. «Das frage ich mich auch.» Letztlich sei der Ausstieg ein Lernprozess gewesen. «Ich habe erst nach dem Wechsel gemerkt, wie gross mein Netzwerk bei Geberit war und wie einfach es die Arbeit macht.»

Zudem stellte sie nach dem Wechsel in die Finanzwirtschaft fest, dass ihr dort die Bodenständigkeit ihres ehemaligen Arbeitgebers fehlte. Wie im Privaten gilt eben auch im Beruf: Man weiss erst, was man hat, wenn man es nicht mehr hat.

Wer zum zweiten Mal unterschreibt, darf allerdings keine triumphale Rückkehr erwarten. So mancher erste Tag im neuen alten Büro fällt eher verhalten aus: Es kann sein, dass Kollegen immer noch über den ursprünglichen Abgang verstimmt sind und ihre eigene Loyalität nicht wertgeschätzt fühlen.

Sätze wie «Der beziehungsweise die schon wieder …» fallen hinter vorgehaltener Hand. Im schlechtesten Fall fühlt sich der Wiedereinstieg an wie der Murmeltiertag – alles auf Anfang. Auch Controllerin Läng war zunächst skeptisch. «Ich habe erwartet, dass ich mir einige Sprüche anhören muss.»

Doch statt Häme gab es für die Rückkehrerin ein freudiges Wiedersehen. «Manche Kollegen fielen mir sogar in den Arm.»

So wird die Rückkehr zum alten Arbeitgeber ein Erfolg

  • Recherchieren Sie, was sich beim Ex-Arbeitgeber in der Zwischenzeit getan hat. Häufig ändern sich Vorgesetzte, Arbeitsmethoden oder Werkzeuge. Prüfen Sie, ob Sie dem veränderten Umfeld und den neuen Aufgaben gewachsen sind. Erwarten Sie nicht, alles schon zu wissen.

  • Bereiten Sie sich auf Fragen zu Ihrem ursprünglichen Ausstieg vor. Arbeitgeber wollen wissen, warum Mitarbeitende gehen – und gerade Bumerang-Kandidaten sind dafür eine gute Quelle.

  • Kehren Sie nur zurück, wenn sich interessantere Arbeitsinhalte oder neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben. Wer nur für ein besseres Salär kommt, geht in der Regel schnell wieder.

  • Erwarten Sie keinen Ehemaligen-Bonus. Alumni durchlaufen in der Regel den gleichen Bewerbungsprozess wie externe Kandidaten und müssen genau so gute Bewerbungsunterlagen vorweisen können. Eventuell müssen Sie sogar eine erneute Probezeit durchlaufen.

  • Rechnen Sie nicht überall mit offenen Armen. Manche Kollegen sind skeptisch und nehmen es Rückkehrern übel, dass sie überhaupt gegangen sind.

Weitere News aus Wirtschaft, Politik und Finanzen finden Sie hier: https://fal.cn/Xing_HZ_Home

Unsere Abos finden Sie hier: https://fal.cn/Xing_HZ_Abo

Mit dem Digital-Abo von Handelszeitung und BILANZ werden Sie umfassend und kompetent über alle relevanten Aspekte der Schweizer Wirtschaft informiert

«Bumerang»: Die Chancen und Risiken einer Rückkehr zum alten Arbeitgeber

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelszeitung schreibt über Wirtschaft im Klartext.

Wirtschaft im Klartext. Handelszeitung - der führende Wirtschaftstitel der Schweiz. News aus Wirtschaft, Politik und Finanzen, 365 Tage im Jahr, seit 1861.

Artikelsammlung ansehen