Sommer, Sonne, Strand - und Smartphone? Wie wir im Urlaub richtig abschalten
Täglich Mails checken oder im Flugmodus entspannen? Die ständige Erreichbarkeit begleitet uns auch in den Urlaub – wenn wir es zulassen. Für manche mindert das die Entspannung nicht.
Urlaub ist Urlaub – so war das früher. Doch dank Smartphones und Roaming sind wir nicht nur im Arbeitsleben immer und überall erreichbar, sondern haben die Standleitung zu unseren Kolleg•innen auch im Urlaub immer in der Hosentasche dabei. „Ich beobachte aktuell einen Trend, der mich ein wenig ratlos macht”, erzählt XING Insiderin und „nushu“-Gründerin Melanie Schütze. “Menschen, die eigentlich absent sein sollten, melden sich aus ihrem Urlaub heraus, um vermeintlich dringende Themen zu bedienen“ Fast entschuldigend gäben sie dann an: "Ich bin zwar im Urlaub, aber ich schau' schon täglich in meine Mails und bin telefonisch auch gut erreichbar." Als wäre Urlaub ein Zeichen dafür, im Job weniger leistungsbereit oder committed zu sein.
"Auch Unternehmer•innen und Selbstständige betrachten den Urlaub häufig aus einer ganz anderen Perspektive", analysiert Schütze. Gerade dann, wenn die Selbstständigkeit vielleicht eher frisch sei. Schütze spricht da aus eigener Erfharung: “Auch ich als Social Entrepreneurin habe nach vier Jahren Unternehmerinnentum noch keine richtig stimmige Lösung für mich gefunden. Von der „ich-bin-komplett-off-Taktik“ über die „My-Daily-Dose-of-Business“ bis hin zu „situationsabhängiger Planung“, ich habe schon einiges ausprobiert.”
Melanie Schütze: Vier Gründe, warum Urlaub Urlaub sein sollte
Job, Haushalt, Kids & Co: Die vielen Verpflichtungen können auf Dauer zu Stress und Überforderung führen. Umso wichtiger sind Auszeiten für das körperliche und geistige Wohlbefinden. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel sollten wir alles tun, um unsere Mitarbeitenden ein lebenswertes Arbeitsumfeld zu bieten – mit klaren Regeln für Auszeiten und Co.
Neue Inspiration: Wer regelmäßig aus seiner Blase kommt, bringt neue Sichtweisen, Ideen, Erfahrungen und Power mit. Wahnsinnig wichtig aus meiner Sicht, um nachhaltig ein Unternehmen aufzubauen und nicht im eigenen Saft zu schmoren.
Werte sind wichtig: Wenn meine Mitarbeiter•innen im Urlaub sind, stehen alle Kommunikationskanäle zu ihnen still – egal ob Telefon, Mails oder Slack. Das gilt in jede Richtung und hat aus meiner Sicht viel mit Wertschätzung zu tun.
Produktivität: Erholung lässt sich halt nicht aufschieben. Eine entscheidende Rolle haben auch die Führungskräfte. Viele Mitarbeiter•innen können nur dann beruhigt Urlaub oder eine Pause machen, wenn das Teil der Firmenkultur ist. Und wenn einem Unternehmen Produktivität wichtig ist, dann sollten individuelle Erholungszeiten geschützt werden. So einfach ist das.
Sollten wir das Smartphone im Urlaub also in den Flugmodus stellen, um endlich richtig abzuschalten? XING Insider und Digital-Unternehmer Nico Lumma hält diese Frage für albern, denn wie sich jede·r einzelne entspannt, sei eine persönliche Angelegenheit.
Nico Lumma: Entspannung kann man nicht verallgemeinern
Der Netzaktivist kontert der Social-Media-Abstinenz im Urlaub mit einer Gegenfrage: “Wurde früher eigentlich die Praxis kritisiert, dass sich viele Menschen ihr Zeitungsabo in den Urlaub haben nachschicken lassen? Wurde angeregt, dass man zwar die Zeitung lesen darf, aber nicht den Wirtschaftsteil, weil man ja im Urlaub sei? Vermutlich nicht.” Dies sei, so Lumma, genau so absurd wie die Fragestellung "Social Media im Urlaub - ja oder nein?" - wer gerne durch Insta blättere oder Reels gucke, könne das auch gerne im Urlaub machen, wer lieber ein Buch zur Hand nähme oder im Sand spiele, solle das lieber tun.
In einem Aspekt stimmt Lumma allerdings mit Schütze überein: “Ich würde nie von Arbeitnehmer•innen erwarten, dass sie dienstlich über Social Media erreichbar sind.”
Und worauf kann der Digitalexperte Lumma auch im Urlaub nicht verzichten? “Ich konzentriere mich im Urlaub auf das Knipsen von Fotos von Essen, Drinks und Sonnenuntergängen, damit ich ein wenig Neid erzeugen kann”, sagt der Mann, über den sich im Netz der Satz findet, er sei eigentlich seit 1995 nicht mehr offline gewesen.
Darüber hinaus lese er seine RSS-Feeds jeden Morgen, ebenso die abonnierten Newsletter und auch Mails. “Denn trotz Autoresponder beantworte ich auch gerne wichtige Mails schon gleich oder setze mir einen Reminder für nach dem Urlaub”, so Lumma. “Dann ist nach dem Urlaub der Berg der ungelesenen Mails nicht so hoch.”
Welche Strategie verfolgst Du im Urlaub? Schreib uns deine Erfahrung in die Kommentare.