Corona-Pandemie und Vorurteile: Warum das Vertrauen in weibliche Führungskräfte abnimmt
Laut einer Studie fühlen sich weniger Menschen wohl mit Frauen im Chefsessel. Neben Vorurteilen dürfte auch die Pandemie schuld sein.
Heute sitzen so viele Frauen in Chefsesseln grosser Firmen wie noch nie zuvor. Doch während die Anzahl der weiblichen Führungskräfte zunimmt, nimmt das Vertrauen in diese ab, wie der neuste Reykjavik Index zeigt.
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So sagten in den G7-Staaten, zu denen Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, das Vereinigte Königreich und die USA gehören, nur 47 Prozent, dass sie sich sehr wohl mit einer Frau als CEO fühlen. 2021 waren es noch 54 Prozent.
Ähnlich verhält es sich mit Frauen in politischen Ämtern: Nur 45 Prozent der Befragten sagten, dass sie sich sehr wohl mit einer Politikerin fühlen. Ein Jahr davor waren es noch 52 Prozent.
Dabei zeigt sich, dass Männer eher kritisch gegenüber Frauen in Führungspositionen sind als Frauen. Auch sind jüngere Personen in den G7-Staaten voreingenommener, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht, als die ältere Generation. Das deutet laut Studie darauf hin, dass traditionelle Ansichten unter der jüngeren Generation einen Aufwind erleben.
Das ist der Reykjavik Index:
Der Reykjavik Index misst, ob Frauen und Männer gleichberechtigt werden aufgrund ihrer Eignung für einen Job. Dabei reicht der Index von 0 bis 100 Punkte. Erreicht ein Land die höchste Punktzahl, ist sich die Gesellschaft dort einig, dass Männer und Frauen gleichermassen für Führungspositionen in allen Sektoren geeignet sind. Bei den G7-Staaten führen Spanien und das Vereinigte Königreich die Liste mit 82 Punkten an. Am Ende der Liste findet sich Deutschland mit gerade einmal 66 Punkten. Bei den G20-Staaten liegt Island mit 92 Punkten obenauf. Der Index wurde 2018 von Kantar Public und Women Political Leaders etabliert.
Der Reykjavik Index misst, ob Frauen und Männer gleichberechtigt werden aufgrund ihrer Eignung für einen Job. Dabei reicht der Index von 0 bis 100 Punkte. Erreicht ein Land die höchste Punktzahl, ist sich die Gesellschaft dort einig, dass Männer und Frauen gleichermassen für Führungspositionen in allen Sektoren geeignet sind. Bei den G7-Staaten führen Spanien und das Vereinigte Königreich die Liste mit 82 Punkten an. Am Ende der Liste findet sich Deutschland mit gerade einmal 66 Punkten. Bei den G20-Staaten liegt Island mit 92 Punkten obenauf. Der Index wurde 2018 von Kantar Public und Women Political Leaders etabliert.
Es gibt mehrere Erklärungen dafür, weshalb das Vertrauen in weibliche Führungskräfte abnimmt. So vermuten einige Fachpersonen, dass die Pandemie und die aktuelle politische Landschaft institutionelle Frauenfeindlichkeit und geschlechterspezifische Vorurteile verstärkt haben, wie BBC schreibt.
Vertrauen in Frauen folgt wichtigen Aktienindexen
So könnte die aktuell unsichere Weltlage, die zurzeit vom Ukraine-Krieg und einer Revolution im Iran geprägt ist, mitschuldig sein am schwindenden Vertrauen in weibliche Führungspersonen. Das verunsichert und verängstigt viele Menschen. Traditionelle Werte erscheinen dann sicherer.
Das Vertrauen in Frauen im Chefsessel folgt tatsächlich den wichtigen Aktienindexen, wie Daten aus der Kantar-Public-Umfrage unter mehr als 14’000 Personen zeigen. Diese wurden in Zusammenarbeit mit der Jahreskonferenz des Reykjavík Global Forum und dem Women-Political-Leaders-Netzwerk zusammengestellt. Dabei zeigt sich, dass das Vertrauen in weibliche Führungskräfte eingebrochen ist, zusammen mit dem Ausverkauf des S&P 500 und des FTSE 100.
Eine entscheidende Rolle dürfte aber die Corona-Pandemie gespielt haben. Denn diese hat besonders bei Frauen zu einer Doppelbelastung geführt: Jede fünfte Mutter in der Schweiz spürte eine Mehrbelastung, wie eine Umfrage der Universität Lausanne und des Schweizer Kompetenzzentrums Sozialwissenschaften Fors bei gut 2000 Personen zeigt.
Frauen reduzierten darum während der Pandemie öfter ihr Arbeitspensum als Männer – was langfristige Folgen haben könnte. Denn das Einkommen der Frauen wird reduziert, was im Alter zu mehr Armut führen kann. Zudem könnten sich traditionelle Rollenmuster wieder verstärken.
Unbewusste Verankerung, dass Männer bessere Führungskräfte sind
Dass die Pandemie an der Verschlechterung bezüglich des Vertrauens gegenüber weiblichen Führungskräften schuld ist, bezweifelt hingegen Personalexpertin Ursula Bergundthal.
Sie hat eine andere Vermutung: «Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten von uns nach wie vor unbewusst die Verankerung in sich tragen, dass Männer die besseren Führungskräfte sind. Dies führt dazu, dass wir Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven sehen.» Dabei habe es im Berufsleben immer Männer gegeben, die unterschiedliche Leistungen erbracht haben. Während die einen erfolgreich waren, haben andere versagt und sind klanglos wieder von der Bildfläche verschwunden.
In den vergangenen Jahren gab es nun aber immer mehr Frauen in Führungspositionen. Versagt aber eine dieser Frauen, werde dies oft als Bestätigung interpretiert, dass Frauen halt ganz allgemein nicht so gut sind wie Männer. «Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen noch nicht bereit sind, Frauen das gleiche Vertrauen entgegenzubringen wie Männern», so Bergundthal.
Auch werden heute bewusst Frauen gefördert, um eine Gleichstellung zu erreichen. Das führt laut der Personalexpertin dazu, dass viele Männer sich diskriminiert und teilweise auch bedroht fühlen: «Wir haben das ja gerade bei den Bundesratswahlen erlebt. Die Vorwürfe stehen im Raum, dass nicht mehr die Besten eine Position erhalten, sondern die Frauenförderung im Vordergrund steht.»
Alle neuen Führungskräfte sollten ein Coaching bekommen
Bei der Besetzung einer Führungsposition sollten Firmen deshalb darauf achten, dass Leistungen und Erfolge im Vordergrund stehen und nicht das Geschlecht. Sogenannte «Quotenfrauen» sollten laut Bergundthal vermieden werden.
«Es gibt heute enorm viele Top-Frauen, aber man muss sich für die Besetzung Zeit nehmen und professionell vorgehen.» Darum rät die Personalexpertin dazu, dass allen neuen Führungskräften, unabhängig vom Geschlecht, ein Coaching angeboten wird, damit sie in die neue Position hineinwachsen können.
Das Wichtigste für Frauen, die sich neu in Führungspositionen befinden, sei, dass sie durch gute Leistungen überzeugen und diese auch situationsgerecht kommunizieren, so Bergundthal. Trotzdem werden Chefinnen aber wohl stets mit gewissen Vorurteilen zu kämpfen haben.
