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Wer dauerhaft Überstunden macht, kann in eine Arbeitssucht abrutschen.
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Eine Psychologin erklärt: An diesen sechs Anzeichen erkennen Sie, dass Sie arbeitssüchtig sind

Wenn Arbeiten zum Zwang wird, belastet das die körperliche und mentale Gesundheit. Doch welche Frühwarnzeichen gilt es zu erkennen?

Bekommen Sie manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn Sie frei haben? Definieren Sie sich über die Leistung, die Sie im Job erbringen? Sind Sie womöglich in einem Haushalt aufgewachsen, in dem die Grundüberzeugung vermittelt wurde: Je härter man arbeitet, umso wertvoller ist man als Mensch?

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Wer mehr als eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten kann, ist stärker als andere gefährdet, in eine Arbeitssucht abzurutschen – oder umgangssprachlich: ein „Workaholic“ zu werden. „Zu erkennen, ob jemand arbeitssüchtig oder bloß sehr ehrgeizig ist, ist nicht ganz leicht“, erklärt Kimberly Breuer. Sie ist Gründerin des Psychologie-Start-ups Likeminded, das unter anderem psychologische Unterstützung für Führungskräfte und Mitarbeiter anbietet.

Eine offizielle medizinische Diagnose ist Arbeitssucht bisher nicht. Aber: „Rund ein Zehntel der Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet suchthaft“, zitiert Breuer eine aktuelle Studie zu dem Thema. Auf welche sechs Frühwarnzeichen Sie achten können, damit es bei Ihnen nicht zu einer Arbeitssucht kommt, hat die Psychologin dem Handelsblatt erklärt.

1. Sie sind abstinenzunfähig

Wenn es Sie mit innerer Unruhe oder gar Panik erfüllt, nicht zu arbeiten, ist das ein Alarmsignal, sagt Breuer. „Schafft es jemand nicht, die Gedanken an die Arbeit in der Freizeit abzustellen, kann das problematisch werden.“ In der Psychologie bezeichnet man Menschen, auf die das zutrifft, als abstinenzunfähig – sie sind nicht in der Lage, sich von ihrer Arbeit fernzuhalten.

Das kann sich beispielsweise darin äußern, dass es ihnen selbst in kurzen Urlauben schwerfällt, keine E-Mails zu lesen. Wem es häufig so geht, dem rät die Psychologin, innezuhalten und sich aktiv daran zu erinnern, dass er gerade nicht im Dienst ist.

Diese Mini-Übung hilft nicht gegen die innere Unruhe? Das kann auf eine beginnende Arbeitssucht hindeuten.

2. Sie haben Entzugssymptome

Dieses Alarmsignal schließt an die Abstinenzunfähigkeit an. Phasen der Freizeit oder des Urlaubs gehen bei einem Menschen mit Schuldgefühlen und Angst einher? Das ist ein Hinweis darauf, dass das Arbeitsverhalten dieser Person nicht mehr gesund für sie ist.

„Menschen, die Arbeit dermaßen hoch priorisieren, leiden häufig unter einem schlechten Gewissen, wenn sie einmal weniger arbeiten. Sie fühlen sich dann schlecht oder nicht produktiv genug.“

Auch körperliche Symptome wie etwa Schweißausbrüche können daraus resultieren.

3. Sie arbeiten mehr als Ihr Umfeld – und das nicht nur phasenweise

Ist jemand ständig erreichbar, macht Überstunden und schafft damit mehr als alle anderen Kolleginnen und Kollegen, ist auch das ein Warnzeichen. Das mag zunächst profan klingen – man muss sich dabei allerdings einen wichtigen Unterschied klarmachen, erklärt Kimberly Breuer.

„Manche Menschen arbeiten phasenweise auffällig viel – etwa weil sie ein bestimmtes Projekt zu Ende bringen wollen oder auf ein spezielles Karriereziel hinarbeiten.“ Ist das der Fall, so ist die Mehrarbeit ausdrücklich kein Hinweis auf eine Arbeitssucht. „Problematisch wird es, wenn dieses Verhalten nicht zeitweise auftritt, sondern regelmäßig.“

4. Ihre Selbstwahrnehmung ist verzerrt

Ihnen selbst erscheint Ihr Pensum im Job nicht übermäßig – aber Kolleginnen und Freunde wundern sich oft darüber, wie viel Sie arbeiten? Auch das kann darauf hinweisen, dass Sie gefährdet sind, sagt Psychologin Breuer.

„Viele Menschen, die ich als arbeitssüchtig bezeichnen würde, haben in Bezug auf ihre Arbeit die Kontrolle verloren: Sie können nicht mehr einschätzen, ob sie viel oder wenig tun.“ Ein Tipp, mit dem solche Personen ihre Selbstwahrnehmung wieder der Realität annähern können: regelmäßig die Einschätzung anderer Menschen einfordern. „Das können Kollegen, aber auch die Partnerin oder Freunde sein.“

5. Sie sind häufig krank

Eine Begleiterscheinung der Arbeitssucht sind oft körperliche Beschwerden. Dazu zählen unter anderem Herz-Kreislauf-Probleme, Hörstürze, chronische Erschöpfung, Geschwüre oder Rückenschmerzen.

„Betroffenen ist oft gar nicht bewusst, dass die Ursache für diese physischen Symptome psychischer Natur sein kann“, sagt Psychologin Breuer. „Sie versuchen dann, nur die Symptome statt die Ursache zu bekämpfen.“

6. Ihr Sozialleben leidet

Treffen außerhalb des Jobs meiden Sie – und arbeiten stattdessen lieber? Ebenfalls ein Warnzeichen, sagt Breuer. „Arbeitssüchtige finden außerhalb des Jobs – also in Freizeitaktivitäten oder mit sozialen Kontakten – oft weniger Erfüllung.“

Bei diesem Warnzeichen handelt es sich um ein Alarmsignal, das auch für Außenstehende gut zu erkennen ist, etwa für Führungskräfte, die sich um einen ihrer Mitarbeiter sorgen.

Spricht Ihr Mitarbeiter wenig davon, was er in seiner Freizeit macht? Schickt er auch an Wochenenden arbeitsbezogene Nachrichten und Mails? Zieht er sich bei Firmenfeiern oder anderen Veranstaltungen zurück oder nimmt gar nicht erst teil? „All das sollte Vorgesetzte zumindest skeptisch machen, ob mit dem Teammitglied alles in Ordnung ist“, sagt Psychologin Breuer.

Eine Psychologin erklärt: An diesen sechs Anzeichen erkennen Sie, dass Sie arbeitssüchtig sind

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