HR-Praxistipps: So klappt die Bewerbung als Berufseinsteiger·in!
Die Arbeitswelt steht im Wandel und so natürlich auch der Bewerbungsprozess. Was für die Eltern normal war, wird jetzt in Frage gestellt: Schicke ich noch ein Anschreiben mit? Und wie formell muss ich mich kleiden?
HR-Experte Stefan Frick hat im XING Lunch Talk unter anderem folgende Fragen zum Thema Bewerbung und Berufseinstieg beantwortet:
Auf welche Positionen kann und sollte ich mich als Berufseinsteiger·in bewerben?
Wie sieht die optimale Bewerbung aus?
Worauf sollte ich während des Bewerbungsgesprächs achten?
Welche Fragen sind im Bewerbungsgespräch sinnvoll?
Wie viel Gehalt darf ich fordern?
Während des Lunch Talks haben die Redaktion so viele Fragen erreicht, dass unser Experte nicht jedes Anliegen direkt beantworten konnte. Daher haben wir ihm eure Fragen im Anschluss an die Session weitergeleitet. Hier sind seine Antworten:
Frage: Nach welcher Zeit ist es okay, den Job als Berufseinsteiger wieder zu wechseln? Ich werde wahrscheinlich nach neun Monaten umziehen und den kommenden Job daher wieder kündigen. Wie kommt sowas bei Unternehmen an?
Stefan Frick: Das lässt sich pauschal schwer beantworten. Generell ist aus meiner Sicht eine Unternehmenszugehörigkeit von zwei Jahren gut. Es dauert immer eine Weile, bis man in den Prozessen steckt. Alles darunter ist erklärungsbedürftig. Nach neun Monaten ist man häufig erst richtig eingearbeitet. Vielleicht findest Du eine Position, in der Du auch remote arbeiten kannst.
Frage: Wenn 15 ähnliche Stellen in selben Bereich in einen Unternehmensstandort ausgeschrieben sind, auf wie viele Stellen sollte man da sich maximal bewerben?
Stefan Frick: Ich würde mich auf zwei bis drei beschränken, wenn es ähnliche Stellen sind. Bei identischen Stellen würde ich mich nicht mehrfach bewerben, denn dann ist vermutlich auch der gleiche Personaler verantwortlich und der sollte einen Überblick haben.
Frage: Ist es in der Bewerbung bereits ein Ausschlusskriterium, wenn man eine zu hohe Gehaltsvorstellung angibt?
Stefan Frick: Das kann sein. Es kommt darauf an, wie weit man über den Vorstellungen des Unternehmens liegt, ob es überhaupt Spielräume gibt und wie sich andere Kandidat•innen platzieren.
Frage: Wie verhält es sich mit der optimalen Länge des Lebenslaufs: Manche sagen lieber eine Seite, manchmal sieht man aber auch zwei Seiten?
Stefan Frick: Als Berufseinsteiger•in sollte man eigentlich mit einer inhaltlichen Seite hinkommen. Aber das ist auch eine Layout-Frage, wenn Du zum Beispiel ein Deckblatt mit Kontaktdaten hast und eine Seite mit Werdegang. Eine Seite für zehn Jahre Berufserfahrung ist für manche eine Faustformel. Am Ende ist es aber nicht entscheidend, ob Du eine oder zwei Seiten hast.
Frage: Kommt im Lebenslauf der Abschnitt Ausbildung vor beruflichen Erfahrungen?
Stefan Frick: Ich würde immer den relevantesten Aspekt nach oben setzen. Wenn Du bereits echte Berufserfahrungen hast, würde ich damit beginnen.
Frage: Wie wichtig ist Auslandserfahrung und wie nützlich sind namhafte Unis im EU-Ausland? Sind diese bei deutschen Recruiter•innen bekannt?
Stefan Frick: Auslandserfahrungen sind meist relevant. Bei den Unis kommt auf es auf die einzelnen Recruiter an und sicherlich auch auf das Tätigkeitsfeld.
Frage: Sollte man auch fachfremde Arbeitszeugnisse der Bewerbung beilegen? Und was mache ich mit Arbeitszeugnissen, die schon älter als fünf Jahre und fachfremd sind?
Stefan Frick: Es gibt Unternehmen, die möchten lückenlos Zeugnisse sehen - anderen Unternehmen ist es egal. Da würde ich im Zweifel direkt nachfragen.
Frage: Mir wurde empfohlen alle Stationen im Lebenslauf zu belegen. Wird das tatsächlich erwartet? Und sind Lücken im Lebenslauf hinderlich?
Stefan Frick: Ein Lebenslauf sollte nicht zu viele Fragen aufwerfen. Lücken sehen häufig nach Arbeitslosigkeit oder unfreiwilligen Wechseln aus. Das musst Du aber im Einzelfall unterscheiden. Vielleicht kannst Du Stationen auch zusammenfassen.
Frage: Wie soll man im Vorstellungsgespräch mit Erkrankungen, beispielsweise einer Depression umgehen, wenn diese ursächlich für eine Lücke im Lebenslauf ist?
Stefan Frick: Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Es kommt auf das Gegenüber an und wie die Person das bewertet. Aus meiner Sicht müssen die Krankheiten das Unternehmen nichts angehen. Wenn dadurch Lücken entstehen, kann man ja zum Beispiel Krankheit angeben, aber keine Diagnose.
Frage: Meine Masterarbeit ist abgegeben und wurde leider nicht anerkannt. Wie kommuniziere ich das im Vorstellungsgespräch? Muss ich das überhaupt erwähnen?
Stefan Frick: Die Frage ist, ob Du ohne Abschluss in den Job starten würdest. Damit begibst Du Dich aus meiner Sicht auf dünnes Eis. Wenn Zeugnisse angefordert werden, hast Du ein Problem. Ich würde dann eher offen damit umgehen als mit einer „Lüge“ in einem neuen Job zu starten.
Frage: Sind Bluse und Blazer beim Bewerbungsgespräch noch notwendig?
Stefan Frick: Nicht unbedingt. Schau doch mal auf die Homepage, wie sich die Kollegen dort präsentieren oder frag im Zweifel nach.
Zum Speaker:
Stefan Frick ist seit Sommer 2021 Teil des New Work SE Recruiting Teams. Als Senior Recruiter begleitet er Führungskräfte bei der Suche und Auswahl der richtigen Kandidaten. Vorher war er knapp 7 Jahre in einer internationalen Personalberatung als Engagement Manager beziehungsweise Consultant aktiv und hat hier Projekte in den Bereichen Executive Search, Professional Recruitment, Outplacement und Assessment verantwortet.