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©Foto: Nils Hasenau

Neue Gehaltsstrukturen: New Pay braucht mehr als Transparenz

Sven Franke steht für Veränderung und Aufbruch in der Arbeitswelt, 2017 wurde er als „New Worker des Jahres“ ausgezeichnet. Dass er New Work nicht nur lebt, sondern ständig weiterdenkt, zeigt er mit seinem neuesten Thema „New Pay“ zu dem er gemeinsam mit Stefanie Hornung und Nadine Nobile ein Buch geschrieben hat. Im vergangenen Sommer sprach er auf der New Work Session in Bielefeld über neue Vergütungsmodelle und Transparenz in Unternehmen – wir haben ihn vorab zum Interview getroffen.

XING: Wie ist der Begriff New Pay entstanden?

Sven Franke: Ich saß mit Stefanie Hornung und Nadine Nobile in Tübingen am Küchentisch und wir haben darüber philosophiert, worüber im Bereich New Work eigentlich nicht gesprochen wird, was bisher so ein richtiges Tabu ist. Dabei sind wir relativ schnell auf das Thema Gehalt gestoßen – und zehn Minuten später stand dieser Begriff New Pay im Raum. Anschließend haben wir uns erstmal gefragt, ob auch andere Menschen das Thema so spannend finden – und eine Blogparade gestartet. Unser Gedankenbild dabei war: New Work braucht New Pay. Innerhalb von sechs Wochen sind über 50 Beiträge von Beratern, Unternehmen bis hin zur Wissenschaft zusammengekommen. Da wurde uns dann richtig bewusst, dass das Thema relevant ist.

XING: Warum wird New Pay bei New Work oft nicht mitgedacht?

Sven Franke: Gerade in Deutschland wird nicht gerne über das Gehalt gesprochen. Umfragen besagen, dass 30 Prozent der Ehepartner das Gehalt des anderen nicht kennen. Es ist und bleibt Tabuthema, dass oft noch in der Kommunikation ausgeklammert wird. Transparenz gibt es hier nur selten.

XING: Was für New-Pay-Modelle sind Dir bei der Recherche begegnet?

Sven Franke: Uns war es wichtig, eine große Bandbreite abzubilden. In unserem Buch portraitieren wir deshalb zehn Unternehmen, die verschiedene Modelle ausprobieren. Vom Einheitsgehalt über transparente Gehaltsformeln bis zum Wunschgehalt.

Darunter befindet sich beispielsweise auch das 25-Stunden-Modell von Rheingans Digital Enabler oder das Wahlmodell der Deutsche Bahn: Hier kann sich der Mitarbeiter entscheiden, ob er mehr Urlaub, eine Gehaltserhöhung oder reduzierte Wochenstunden wählt. Wichtigste Feststellung: Es gibt nicht den einen richtigen Weg.

XING: Ist das Modell abhängig von Unternehmensgröße oder Branche?

Sven Franke: Ich denke nicht. Wir waren zum Beispiel in mehreren Agenturen mit ähnlichem Geschäftsmodell – und haben dort ganz unterschiedliche Wege kennengelernt, New Pay umzusetzen. Wir werden da auch in Zukunft eine große Vielfalt erleben. Jedes Unternehmen muss seinen eigenen, ganz individuellen Weg finden. Gleichzeitig ist das Gehaltsmodell – ähnlich wie ein Unternehmensmodell – permanent beta, also nie ganz fertig und ständig im Wandel. Viele Organisationen sagen: Momentan ist es das beste Modell, das wir uns vorstellen können, wir wissen aber nicht wie es in einem Jahr aussieht. Das zeigt viel Bereitschaft, das Beste zu geben – mit dem Wissen, dass es nicht unbedingt langfristig funktioniert, sondern Modelle angepasst werden müssen.

XING: Glaubst Du, New Pay ist ein Generationsthema?

Sven Franke: Ich bin kein Fan vom Generationsdenken. Ich glaube, da obliegen wir einer Illusion. Wenn wir noch mal das Beispiel der Deutschen Bahn betrachten: Die haben das Wahlmodell ausgerollt und mehr als 170.000 Mitarbeiter hatten die Möglichkeit zu entscheiden, was sie möchten. Die Auswertungen haben gezeigt, dass es faktisch keine Unterschiede im Wahlergebnis zwischen den 20- bis 60-Jährigen gibt.

XING: Wie kann ein Unternehmen, das noch in sehr traditionellen Strukturen agiert, mit New Pay anfangen?

Sven Franke: Am Allerwichtigsten ist es, sich eine Frage zu beantworten: Wofür wollen wir überhaupt etwas ändern? Anschließen gilt es, sich die Schmerzpunkte anschauen, um seinen eigenen Weg zu gehen. Ich würde auf keinen Fall mit New Pay beginnen, weil es gerade Trend ist, das macht keinen Sinn. Jedes Unternehmen muss schauen, welcher Weg für die eigene Kultur und die Mitarbeiter der richtige ist.

Und seien wir ehrlich: Gerade in alt eingesessenen, großen Firmen geht es nicht so einfach, Gehälter transparent zu machen. Da merkt man nämlich sehr schnell, dass sie vielleicht mehr auseinander gehen, als man vermutet hat. Und dann wird Transparenz so richtig schwierig. Die Organisation, mit der wir dazu gesprochen haben, hat sich dann erstmal drei Jahre Zeit genommen, die Gehälter anzupassen. Das ist ein langer Prozess, der auch wirtschaftlich gut durchdacht sein muss.

XING: Kann New Work ohne New Pay funktionieren?

Sven Franke: Da ist sicherlich die Frage, wie New Work definiert wird. Wenn ich das nur an der Oberfläche kratze, dann geht das bestimmt. Aber bei New Pay geht es richtig ans Eingemachte. Ein Unternehmen hat in der Blogparade geschrieben: „Wir haben gedacht wir kannten uns, bevor wir über Gehalt gesprochen haben.“ Das fasst es ganz gut zusammen. New Pay ist die hohe Kunst, denn da kommen die ganzen Themen wie Wir-Denken, Partizipation, Flexibilität und Fairness alle zusammen auf den Tisch.

Uns geht es letztendlich nicht darum zu sagen, was gut und was schlecht ist. Wir möchten vielmehr eine Debatte aufmachen, eine Vielfalt der Möglichkeiten transparent machen und zeigen wie wichtig es bei der Umstrukturierung von Unternehmen ist, das Thema Vergütung mitzudenken. Gern unterstützen wir Unternehmen auf diesem anspruchsvollen Weg.

In seinem Buch „New Pay – Alternative Arbeits- und Entlohnungsmodelle“ lesen Sie mehr.

Sven Franke schreibt regelmäßig als XING Insider – lesen Sie hier mehr.

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NWX – New Work News schreibt über Alles zur Zukunft der Arbeit

Alles zur Zukunft der Arbeit: Auf dieser News-Seite finden alle New Work-Interessierten multimedialen Content rund um das Thema. Neben Experten-Interviews, Debatten, Studien, Tipps und Best Practices, erwarten die Leser auch Video- und Podcastformate. Und natürlich ein Überblick unserer gesamten New Work Events, die mehrmals im Jahr im gesamten deutschsprachigen Raum stattfinden. Weitere spannende Inhalte zum Thema New Work finden Sie auf: nwx.new-work.se

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