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Unser Gehirn braucht Fokus, um in die Höchstleistung zu kommen. ©Getty Images/skynesher

Warum Menschen mehr brauchen als Ehrgeiz und Stressresistenz, um effektiv und glücklich zu arbeiten

In den Führungsetagen tummeln sich ehrgeizige und wettbewerbsorientierte Manager•innen. Wie Karrieren auch anders gelingen, erklärt eine Flow-Expertin.

Frage der Woche:

In meinem Team ticken alle ganz verschieden. Wie kann ich als Führungskraft dennoch alle in die Lage versetzen, das Beste aus sich herauszuholen?
Matthias, XING Nutzer

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Der Experten-Rat von Friederike Fabritius, Wall Street Journal Bestseller-Autorin von „Flow@Work: Gehirngerecht führen – die besten Leute gewinnen und halten

Friederike Fabritius, Neurowissenschaftlerin und Bestseller-Autorin
Friederike Fabritius, Neurowissenschaftlerin und Bestseller-Autorin

Lieber Matthias,

Ob Du neugierig bist, akribisch oder introvertiert, bestimmt die einzigartige Neurosignatur in Deinem Gehirn. Dies ist das Aktivitätsmuster aus vier Systemen: dem Dopamin-System, dem Serotonin-System, dem Testosteron-System und dem Östrogen-System. Je nachdem welches der Systeme bei Dir aktiver ist, hast Du bestimmte individuelle Vorlieben, Stärken und Schwächen. Anlage und Umwelt sind dabei gleichermaßen bedeutsam.

Führungskräfte schaffen ein Umfeld für Führungskräfte

Bei der Recherche zu meinem neuen Buch habe ich allerdings eine Entdeckung gemacht: Trotz der Rufe nach mehr Vielfalt haben wir eine neurochemische Monokultur in den obersten Führungsetagen von Unternehmen. Dort tummeln sich hauptsächlich Menschen mit einer aktiven Dopamin/Testosteron-Neurosignatur. Diese Manager und Managerinnen sind ehrgeizig, stress-resistent und wettbewerbsorientiert.

Das sind wertvolle Eigenschaften. Aber dennoch gibt es ein Problem: Sie schaffen ein Umfeld, in dem sich hauptsächlich Menschen wohlfühlen, die eine hohe Stresstoleranz und den Willen zur Macht besitzen. Alle anderen gehen entweder in den Burn-out, kündigen oder machen Dienst nach Vorschrift.

Ich nenne diese Dysbalance den „Neurogap“

Wie können wir nun aber ein Umfeld schaffen, das alle Mitglieder eines Teams in die Lage versetzt, das Beste aus sich herauszuholen?

Menschen mit einem aktiven Dopamin-System und/oder einem aktiven Testosteron-System vertragen mehr Stress als der Rest von uns. Sie lieben es, herausgefordert zu werden, und dürsten nach Abwechslung. Menschen mit einem aktiven Östrogen-oder Serotonin-System erreichen ihre Spitzenleistung dagegen auf einem niedrigeren Stress-Niveau.

Was heißt das für Dich? Der ideale Arbeitsplatz ist nicht für alle Menschen gleich.

Für manche Menschen musst Du als Führungskraft das Stressniveau senken, für andere anheben. Jeder Mensch hat seinen individuellen optimalen Stresspunkt, der ihn in den Flow versetzt. Eine Aufgabe, die ein Teammitglied anspornt, kann einen anderen Mitarbeiter oder eine andere Mitarbeiterin zu Tode langweilen.

Wir alle sind am leistungsfähigsten, wenn wir ein kleines bisschen überfordert sind. Zwischen Bore-out und Burn-out liegt die Kunst darin, den optimalen individuellen Stresspunkt zu treffen.

Wir schauen durchschnittlich 344-mal am Tag auf unser Handy. Höchstleistung kann unser Gehirn so nicht erreichen. Im Gegenteil: Dauerhaftes Multimedia-Multitasking lässt sogar unser Gehirn schrumpfen.

Gönn Deinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen darum eine Tech-Pause. Ständige Erreichbarkeit und E-Mail-Fluten sind kontraproduktiv. Erlaube Deinem Team, regelmäßig ein „Meeting mit sich selbst“ zu planen.

Wie funktioniert das? Ganz einfach! Sie schalten das Handy aus, blockieren den Kalender, entfernen alle Benachrichtigungen und genießen den Luxus, in Ruhe über wichtige strategische Fragen nachzudenken.

Unser Gehirn braucht Fokus, um in die Höchstleistung zu kommen.

Videokonferenzen sind eine herrliche Sache, ermöglichen sie uns doch, in der Jogginghose zu arbeiten und dennoch im Homeoffice produktiver zu sein als in den meisten Büros. Dennoch gibt es ein Problem: Der ständige Zwang, in eine Videokamera zu schauen und große Gesichter auf einem Bildschirm zu sehen, versetzt unser Gehirn in einen Stresszustand. Wer möchte schon den ganzen Tag lang beobachtet werden?

Erlaube Deinem Team, die Kameras auszuschalten. Studien zeigen, dass die Kommunikation in Voice-only-Meetings (sprich Telefon oder Videokonferenz mit Kamera aus) besser ist als in Videokonferenzen. Für unser Gehirn ist weniger mehr.

Die abschließende Erkenntnis: Wir müssen nicht die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sondern die Arbeitskultur ändern. Wenn Du auf alle Neurosignaturen eingehst und eine gehirngerechte Arbeitskultur schaffst, kann Dein Team dauerhaft alle Erwartungen übertreffen.

Herzliche Grüße

Friederike Fabritius

**Friederike Fabritius**ist Neurowissenschaftlerin und Wegbereiterin auf dem Gebiet Neuroleadership. Ihre neurowissenschaftlichen Vorträge haben die Art und Weise verändert, wie Fortune-500-Führungskräfte denken, innovativ sind und mit Veränderungen umgehen.

Sie ist die preisgekrönte Bestseller-Autorin des Buches „Neurohacks: Gehirngerecht und glücklicher arbeiten“. Ihr neues Buch „Flow@Work: Gehirngerecht führen – die besten Leute gewinnen und halten“ ist ein „Wall Street Journal“-Bestseller.

Das neue Buch „Flow@Work: Gehirngerecht führen – die besten Leute gewinnen und halten“
Das neue Buch „Flow@Work: Gehirngerecht führen – die besten Leute gewinnen und halten“

Was hilft Dir, um im „Flow“ zu arbeiten? Teile Deinen Tipp in den Kommentaren mit uns!

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