Wie krisenfest bist Du? – Resilienz, die neue Superpower
Vor noch einem Jahr kannte außerhalb der Wissenschaft kaum jemand den Begriff, mittlerweile gilt Resilienz als Kernkompetenz für ein gutes Leben und Erfolg im Job. Wir haben uns mit Gesundheitsexpertin und Gründerin von „Mental Health & Happiness“ Laura Gaida über diese Fähigkeit ausgetauscht und nach praktischen Tipps gefragt.
Laura Gaida: Ja, absolut. Mehr als sechs Jahre lang war die Festanstellung im Betrieb für mich eine gute Wahl. Dann habe ich immer mehr gemerkt, dass ich meine kreative Art gar nicht so ausleben kann, wie ich das möchte. Hinzu kam, dass ich nicht immer die Produkte anbieten konnte, die meiner Einschätzung nach die beste Lösung für den Kunden waren. Als ich dann schwanger wurde, nutzte ich die Zeit parallel, um mich weiterzubilden. Da wuchs auch der Entschluss, mich selbstständig zu machen. Love it, change it or leave it – das ist absolut mein Motto. Jetzt fehlt beim monatlichen Blick auf das Konto zwar die Sicherheit von früher, aber dafür kann ich mir das aufbauen, was wirklich zu mir passt.
Laura Gaida: Resilienz ist die eigene Widerstandsfähigkeit. Wie geht eine Person mit Krisen um und wie lange dauert es, bis die mentale Gesundheit wieder hergestellt ist. 2016 habe ich in meiner Beratertätigkeit Teams und Führungskräften erste Trainings dazu gegeben. In den vergangenen Jahren, unter anderem während meines Wirtschaftspsychologie-Studiums, habe ich mich immer mehr darauf spezialisiert. Dabei kommt der Begriff ursprünglich gar nicht aus der Psychologie, sondern aus der Physik und Ingenieurswissenschaft. Das lateinische Wort resilire bedeutet zurückspringen, abprallen. Etwa in den fünfziger Jahren tauchte der Begriff erstmals in der Psychologie auf – eben als die Fähigkeit, mit Rückschlägen umgehen zu können.
Laura Gaida: Da spielen verschiedene Einflussfaktoren eine Rolle. Zum einen wird uns Resilienz quasi genetisch mitgegeben. Das heißt, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale mehr oder weniger stark mit Resilienz zusammenhängen. Auch frühkindliche Erfahrungen haben einen großen Einfluss. Denn wir werden durch unser Umfeld geprägt. Ob unsere Eltern oder engsten Bezugspersonen sehr ängstlich waren, wie sie mit Krisen umgegangen sind, ob über Emotionen gesprochen wurde – das alles wirkt sich darauf aus, wie resilient eine Person im Erwachsenenalter ist.
Laura Gaida: Sensible Menschen verfügen oft über eine hohe Empathie. Und Empathie wiederum ist ein Teil von Resilienz. Gleichzeitig ist es so, dass narzisstische Menschen tendenziell über eine hohe Widerstandsfähigkeit verfügen. Sie sind sehr von sich überzeugt und lassen sich von negativen äußeren Einflüssen nur selten entmutigen – ein starkes Kennzeichen von Widerstandsfähigkeit. Neurotische, also eher ängstliche Menschen sind tendenziell weniger resilient.
Laura Gaida: Unbedingt! Das Konzept Resilienz baut auf sieben Säulen auf: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, das Verlassen der Opferrolle, Verantwortung übernehmen, Netzwerke aufbauen und Zukunftsorientierung. Je nachdem, mit welchen Themen oder Gefühlen jemand immer wieder konfrontiert ist, setze ich woanders an.
Laura Gaida: Gehen wir mal einen Schritt zurück und sagen, z. B. eine Führungskraft merkt, sie reagiert dem Team gegenüber häufiger cholerisch, impulsiv oder womöglich sogar zynisch. Dann schaut man sich die eigenen Emotionen am besten einmal an und begibt sich auf Ursachensuche. Warum reagiere ich so? In welchen Situationen tritt das auf? Welche Gedanken und Emotionen kommen auf? Und welches Bedürfnis steckt eigentlich hinter diesem Verhalten?
Laura Gaida: Nicht unbedingt. Jede Person kann mit kleinen Schritten starten und das direkt, von Zuhause aus, ohne vorher zehn Bücher zu lesen. Im Prinzip geht es darum, sich selbst kennenzulernen und am eigenen Mindset zu arbeiten. Wer tiefer einsteigen möchte, holt sich dann am besten eine/n Coach oder Berater·in hinzu.
Resilienz lässt sich üben und erlernen. Dafür brauchst du nicht sofort eine/n Coach, sondern kannst eigenständig starten, daran zu arbeiten. Das sind Lauras Top Tipps für mehr Resilienz:
Inner Voices: Höre auf Deine inneren Stimmen und nimm deine Emotionen wahr. Analysiere dabei, welche negativen Emotionen in deinem Leben immer wieder auftreten und in welchen Situationen. Mache das Gleiche mit positiven Emotionen. Wenn du dich selbst kennst und weißt, was dir guttut, kannst du dein Leben besser danach gestalten.
Resilienz-Wecker: Stelle dir auf deinem Handy einen Resilienz-Wecker und nenne ihn auch so. Dieser erinnert dich täglich, dir ein paar Augenblicke für dich zu nehmen, um ein positives Mindset aufzubauen. Fragen, die du dir dabei stellen kannst: Worauf freue ich mich heute? Was erwartet mich heute Gutes? Besonders geeignet sind die morgendlichen zwei, drei Minuten zwischen Aufwachen und Aufstehen. In dieser Phase zwischen Schlaf und Wachsein ist das eigene Bewusstsein besonders empfänglich.
Three Good Things: Eine Dankbarkeitsroutine ist einfach umzusetzen und sehr wirksam. Notiere dir täglich drei Dinge, für die du dankbar bist. Ob schriftlich oder nur gedanklich ist dabei egal. Damit schulst du deine Achtsamkeit. Hier eignen sich besonders die Abendstunden und die Zeit unmittelbar vor dem Einschlafen. So schließt du mit positiven Gedanken den Tag ab.
Authentischer Optimismus: Umgib dich mit positiven Menschen, die dich inspirieren. Ein bestärkendes soziales Umfeld beeinflusst einen energetisch auf vielen Ebenen. Das gilt offline genauso wie online. Denn auch in sozialen Medien erschafft man sich täglich ein eigenes Umfeld. Hier ist es wichtig, sich wirklich authentische Inspiration zu holen und nicht nur den vermeintlich perfekten Accounts zu folgen.
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Über Laura Gaida
Laura berät als Female Entrepreneur Personen und Unternehmen zu den Themen gesunde Führung, Family-Work-Life und mentale Gesundheit. Sie bietet Beratungen und Workshops an und hat ein eigenes Trainingsprogramm namens FitRelaxYoga entworfen. Laura ist Mutter von Zwillingen und lebt in Düsseldorf.