Blau-grüne Infrastrukturen: Strategische Planungsansätze zur Klimawandel-Anpassung
Das Potenzial von Ökosystemdienstleistungen
Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hochwasser, Überschwemmungen, Dürre, Hitze- und Kältewellen werden künftig häufiger auftreten. Die Bedeutung von Klimaanpassung und -resilienz als Organisationsprinzip auf kommunaler und regionaler Ebene wird vor dem Hintergrund der Erhaltung der Lebens- und Umweltqualität, ihrer Bedeutung für die Gesundheit und den Erhalt der biologischen Vielfalt immer wichtiger. Vor allem städtische Bereiche sind hochverdichtet. Durch die Versiegelung kann Regenwasser vielerorts nicht gut versickern, außerdem steigt das Risiko, dass es bei starken Regenereignissen zu örtlichen Überschwemmungen kommt, weil die Kanalisation die oberflächlich abfließenden Wassermassen nicht fassen kann. Für das städtische Wassermanagement gibt es dafür das Konzept der Schwammstadt: Statt Flächen zu versiegeln, müssen Städte das Regenwasser selbst aufnehmen können und dem natürlichen Kreislauf zurückführen. Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 fordert alle europäischen Städte ab 20.000 Einwohnern dazu auf, ambitionierte „Urban Greening Plans“ zu entwickeln.
Auch der BUND setzt sich dafür ein, dass kommunale Biodiversitätsstrategien in Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft entwickelt werden. Er fordert eine nachhaltige Siedlungsentwicklung, um weitere Versiegelung zu vermeiden. Dabei muss das Konzept der „Doppelten Innenentwicklung“ (Flächenreserven im Siedlungsbestand nicht nur baulich, sondern auch mit Blick auf urbanes Grün zu entwickeln) angewendet werden. Einen strategischen Planungsansatz zur Entwicklung von multifunktionellen Grünen Infrastrukturen (Grünanlagen, Grünsystemen in und an Gebäuden sowie an privaten und öffentlichen Grünflächen) und Blauen Infrastrukturen (Teiche, Seen und Kanäle, Einstauflächen, Zisternen) bieten Urbane Grüne Infrastrukturen (UGI), die aufgrund ihrer Ökosystemdienstleistungen großes Potenzial zur Förderung von städtischer Resilienz und Klimaanpassung haben.
Der Ausbau Grüner und Blauer Infrastrukturen basiert auf ökologischen Gesamtkonzepten.
Dazu gehören:
- Katastrophenmanagement
- Integrative Betrachungsweise der Landschafts- und Freiraumplanung
- Gebäudetechnische Lösungen und sozialräumliche Strategien, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der städtischen Bewohner sicherzustellen
- Erhalt und Schaffung regulierender Ökosystemdienstleistungen (Kaltlufterzeugung, lokale Wasserkreisläufer Retentionsflächen zur Dämpfung von Hochwasserereignissen etc.)
- Baukulturelle Qualität
- Maßnahmen für die Verbesserung des städtischen Mikroklimas
- Klimaangepasste Strategien für die Sicherung klimatisch positiv wirksamer Flächen im stadtregionalen Kontext und Gebäudehüllen (z.B. Begrünung, Niederschlagswasser in Zisternen sammeln, um damit im Sommer Grünflächen zu bewässern und über die Verdunstungsleistung eine Luftabkühlung in Bodennähe zu erzielen, Regenwasser für den Betrieb von Wasseranlagen wie Brunnen oder zur Bewässerung von öffentlichen Grünflächen nutzen)
- Baulichplanerische Vorsorge.
Ein Beispiel für einen guten Lösungsansatz ist das Campus-Forum in Bonn, das von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit Platin zertifiziert wurde und sämtlichen ökologischen Nachhaltigkeitsstandards entspricht: Regenwasser wird hier auf den Dächern aufgefangen, durch Pflanzen und Granulat gefiltert und in einer Zisterne im Untergeschoss der Gebäude gesammelt. Anschließend wird es für die WC-Spülungen und die Bewässerung der Außenanlagen genutzt. Auf den Dächern befinden sich Solarthermie- sowie Photovoltaikanlagen. Auf diese Weise wird die Sonnenenergie für Stromerzeugung und Wasseraufbereitung genutzt. Etwa 80 Prozent des Warmwasserbedarfs der Betriebsrestaurants und der Duschen können damit gedeckt werden. Der gewonnene Strom versorgt die Ladesäulen für E-Autos und E-Bikes in den Tiefgaragen.
Auch Klimawirkungsanalysen werden vor diesem Hintergrund immer wichtiger, denn sie ermöglichen Kommunen die Identifizierung besonders gefährdeter Bereiche und unterstützen sie darin, vorbeugende Maßnahmen zu treffen und schlimmste Szenarien zu verhindern. Hauptziel des Forschungsprojekts „Evolving Regions - Durchführung von regionalen Klimaanpassungsprozessen in NRW und den Niederlanden in Form von Road-Map Verfahren und regionalen Klimawirkungsanalysen“ (Projektlaufzeit: Juli 2019 bis März 2023) war es deshalb, die Themen Klimaresilienz und Klimaanpassung in den kommunalen und regionalen Planungsprozessen zu verankern sowie innovative Ansätze zu ihrer Implementierung und langfristigen Umsetzung von Strategien auf regionaler Ebene zu fördern.
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