Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Bonuszahlungen und Gehälter: Welche Rolle spielen Anreizsysteme im Management?

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Interview mit der Personalexpertin Dr. Doris Dull

Motivation ist zentrales Thema im Führungs- und Managementkontext. „Anreiz“ ist das Schlagwort der letzten Jahre. Wovon hängt es ab, auf welche Anreize als Motivator gesetzt wird? Und welche Rolle spielt das Menschenbild?

Zunächst möchte ich laut über das Thema Motivation nachdenken und dabei zitiere ich Reinhold Sprenger, der Motivation mit Manipulation gleichsetzt. Denn der Grundgedanke von Motivation ist, den Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu ermutigen. Die Führungskraft, in dem Fall der Manipulator, verfolgt das Ziel, dass seine Mitarbeitenden etwas für ihn oder das Unternehmen tun. Dahinter steht oft nicht das individuelle Motiv des Mitarbeitenden, das aus dessen eigenen Bedürfnissen entspringt, sondern die Befriedigung eines Bedürfnisses von jemand anderem. Um das zu erreichen, werden Anreizsysteme, die das Bewegen der Mitarbeitenden in die gewünschte Richtung belohnen sollen, implementiert, ohne ihre Motive zu kennen.

Anreizsysteme, überwiegend in Form von Geldleistungen, kommen immer dann ins Spiel, wenn Führung versagt, das heißt, die Führungskraft hat es mit den bekannten Führungsinstrumenten wie Kommunikation, Zuhören, Loben, Wertschätzung nicht hinbekommen, die Mitarbeitenden zu überzeugen, sich in die von ihm gewünschte Richtung zu bewegen. In den meisten Fällen geht es darum, dass die Mitarbeitenden mehr leisten sollen, also die Extrameile gehen - und das am besten ständig.

Geld ist sicherlich die extrinsische Motivation par excellence. Doch weshalb ist das nicht nachhaltig? Wird die Bedeutung der Bezahlung oft überschätzt?

Hierbei unterscheide ich zwischen einer fairen Bezahlung und einer Geldleistung als Anreizsystem. Eine faire Bezahlung ist das A und O und wird meines Erachtens oft unterschätzt. Als fair und nachhaltig kann man eine Entlohnung bezeichnen, wenn die Beschäftigten sich nicht an der Armutsgrenze befinden, ihren Lebensunterhalt ohne Mehrfachbeschäftigung sichern können und sich nicht ausgenutzt fühlen. Konkret bedeutet das, keine dauerhaften unentgeltlichen zusätzlichen Aufgaben, die zu einer erhöhten Belastung führen, keine knappen Ressourcen, keine permanente Verletzung des Arbeitszeitgesetzes und Bezahlung von Mindestlohn für Fachkräfte. Geld als Anreizsystem, das manipulativen Charakter zeigt, wirkt zwar schnell, allerdings nur kurzfristig. Man spricht hier von 24 Stunden.

Sind Bonuszahlungen heute der wichtigste Anreiz im Management?

Ich denke schon. Allerdings nicht nur. Es sind der Firmenwagen, Aktienpakete, Firmenpension, Vielfliegermeilen, Status, Hierarchie und Macht, die die Manager als Ausgleich erhalten für die Vernachlässigung ihrer Gesundheit, den Burnout, den Verlust von Freizeit und die Nichtzeit mit der Familie. Sie lassen sich den Stress und das „Leiden“ gut bezahlen. Das Umdenken kommt erst, wenn ein tiefgreifender Schicksalsschlag diese Menschen dazu zwingt. Dann werden andere Dinge wichtiger. Oder man redet sich ein „Ist ja nicht für immer“.

Geld spricht das Belohnungszentrum direkt an: Je größer die Summe ist, die in Aussicht steht, desto stärker reagiert das Belohnungssystem. Diese extrinsische Motivation hat aber auch bedenkliche Nebeneffekte, wie einige Studien belegen: Diese Menschen sind nachweislich egoistischer, weniger großzügig und weniger hilfsbereit. Sie sind auch distanzierter gegenüber ihren Mitmenschen und deutlich weniger sozial. Können Sie dies bestätigen?

Es gibt das alte Sprichwort: Geld verdirbt den Charakter. Und darin ist mit Sicherheit ein Fünkchen Wahrheit enthalten. Denken Sie an Menschen wie Steve Jobs oder Elon Musk, die sich nicht um Moral kümmern oder die Top-Manager, die ihre Mitarbeitenden mit negativen Anreizsystemen subtil zu kriminellen Handlungen bewegt haben. Je mehr Geld jemand besitzt, desto größer ist die Gier nach mehr. Dazu zähle ich auch Macht und Anerkennung. Was glauben Sie, wieviel „Reiche“ die kostenlosen Toilettenartikel in den Luxushotels mitgehen lassen, oder die kostenlose Minibar ausräumen, oder sich auf Messen die besten Werbegeschenke holen oder Getränkeflaschen, die es früher auf Flugreisen gab, eingesteckt haben (selbst erlebt) und diese dann großzügig an Mitarbeitende oder Freunde verschenkt haben. Ganz beliebt im Management war es, sich gegenseitig die Bonuszahlungen oder Gehälter zu erhöhen, dafür die Boni des unteren Managements zu kürzen. Natürlich sind nicht alle so. Ich denke, es sind überwiegend Menschen mit narzisstischen Zügen. Bücher könnte ich schreiben über das Thema. Vielleicht mache ich es auch und mein nächstes Buch handelt über Anreizsysteme.

Der Verhaltensökonom Dan Ariely ging in einem Experiment diesem Thema auf den Grund: Einer Gruppe wurde ein Bonus in Höhe eines Tageslohns in Aussicht gestellt. Einer weiteren winkte bei erfolgreicher Lösung der Aufgabe die Hälfte ihres Monatslohns. Die dritte Gruppe wurde durch das Fünffache ihres normalen Monatsgehalts motiviert. Ergebnis: Die Qualität der Arbeit der ersten beiden Gruppen unterschied sich kaum. Diejenigen aber, die die Aussicht auf einen extrem hohen Bonus hatten, zeigten die schwächsten Resultate. Sie gerieten so unter Stress, dass sie versagten. Wie erklären Sie sich das?

Das kann ich mir nur so erklären, dass dieser extrem hohe Bonus etwas im Kopf ausgelöst hat, beispielweise, dass persönliche Sorgen und Nöte, mit einem Schlag als Last abfallen oder Wünsche und Träume, die für einen selbst und seinen Liebsten zu einem besseren Leben führen in Erfüllung gehen. Damit steigt der Druck zum Erfolg verbunden mit der Angst zu versagen.

Welche Rolle spielt in diesem Kontext „Normalität“ statt Spitzenleistung?

Sie spielen eine große Rolle. Der Normalleister, der gerne auch als Mittelmaß bezeichnet wird, sind Menschen, die aus eigenem Antrieb beständig gute Arbeit leisten, sie wissen, wann es notwendig ist, mehr zu tun. Sie tun es einfach. Auch diese Kategorie von Menschen liefern Spitzenleistung. Spitzenleistung ist für mich nur ein temporärer Zustand. Hervorragend zu sehen im Sport, wo die Spitzenleister unter enormen Druck stehen. Es sind die Anreizsysteme, die sie dazu zwingen.

Was motiviert Menschen besonders gut?

Alles, was ihre persönlichen Motive respektive Bedürfnisse befriedigt - und die sind individuell verschieden. Bezogen auf das Arbeitsleben kann man generell sagen: Ein Job, der die Menschen zum Leuchten bringt, aber sie nicht verglühen lässt, ist die höchste Stufe der Motivation.

Warum ist Sinn eine wichtige Motivationsquelle für unsere Arbeit?

Menschen möchten spüren, dass ihre Aufgabe sinnvolle Spuren hinterlassen. Spuren, die einen positiven Einfluss haben auf das Leben oder die Arbeit von anderen oder für die Organisation oder die Gesellschaft. Dabei ist die Art der Arbeit, die sie verrichten unwichtig, so lange diese von einer Gemeinschaft oder Gesellschaft als sinnvoll angesehen wird. Währen der Covid-19 Pandemie hat man gerne von systemrelevanten Berufen gesprochen - und heute sind leider viele Berufsgruppen wieder vergessen.

Können Sie ein persönliches Beispiel geben?

Vor vier Wochen habe ich mir beim Spazierengehen mit dem Hund das Handgelenk gebrochen (offener Bruch). Zufällig ist der Müllwagen mit drei Männer vorbeigefahren. Sie haben sofort angehalten, mich erstversorgt, ihre Zentrale benachrichtigt, den Krankenwagen gerufen und so lange auf meinen Hund aufgepasst, bis mein Mann und meine Tochter eingetroffen sind, als ich auf den Weg in die Notaufnahme war. Ihre Aussage: Uns sind Menschen wichtiger als die gelben Säcke, die wir einsammeln müssen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Weiterführende Informationen:

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Wer schreibt hier?

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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