Campus-Recruiting als Antwort auf den Fachkräftemangel
Die Bedeutung des Employer Branding
Angesichts des zunehmenden Fach- und Führungskräftemangels müssen Arbeitgeber heute stärker denn je um qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werben. Zudem ist eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur (Generationswechsel) zu beobachten: Die derzeit stark vertretene mittlere Generation wird in einigen Jahren in den Ruhestand gehen. Zugleich bleibt die Geburtenrate niedrig. Für Unternehmen ist es deshalb dringlich, den rechtzeitigen Wissenstransfer von der älteren zur jüngeren Generation sicherzustellen. Der Trend geht auch zu einer werteorientierten Arbeitswelt, in der gesellschaftliche Verantwortung verstärkt eine wesentliche Rolle für das Employer Branding spielt. Die Idee entstand als Reaktion auf die Verknappung talentierter und qualifizierter Fach- und Führungskräfte. Das Wort erscheint in der englischsprachigen Literatur erstmals 1996 im Fachartikel „The Employer Brand“ von Tim Ambler und Simon Barrow im „Journal of Brand Management“. Employer Branding-Konzepte müssen der Unternehmensrealität und den kommunizierten Botschaften entsprechen. Entsteht der Eindruck, dass die Arbeitgebermarke wenig mit dem Unternehmensalltag zu tun hat, sorgt dies bei den Stakeholdern für Kritik. Deshalb ist es wichtig, dass regelmäßig die Stimmung bzw. Zufriedenheit im Unternehmen überprüft wird.
Zentrale Elemente bei Beurteilung der Attraktivität eines Arbeitgebers:
- Alleinstellungsmerkmale (können in die Employer Value Proposition/EVP formuliert werden, sind die Benefits flexibel wählbar, kann aus einer EVP sogar eine Individual Employee Proposition (IVP) werden)
- flexible Arbeitszeiten
- Benefits-Strategie als wirkungsvoller Hebel für die Entwicklung einer effektiven EVP
- angemessenes Gehalt
- Möglichkeit zum Homeoffice
- Analyse des Ist-Zustandes
- eigenes Markenverständnis
- Nachhaltigkeits- und Klimaschutzaktivitäten
- Stärken und Schwächen
- Unternehmensstrategie
- gelebte Unternehmenswerte
- Vorbildwirkung der Führungskräfte als erste Markenbotschafter
- ausgewogene Work-Life-Balance.
Vor allem in Krisenzeiten gewinnen Werte wie Arbeitsplatzsicherheit, Kultur und Weiterbildungsmöglichkeiten, die konkrete Karrierechancen im Unternehmen eröffnen, an Bedeutung. „Es muss allerdings noch dynamischer über optimierte Aus- und Fortbildungsinhalte diskutiert werden. Demographischer Wandel, Fachkräftemangel und zunehmende Supply Chain Orientierung in der Industrie 4.0 machen die Förderung und Entwicklung Mitarbeitenden zu einem immer wichtigeren Erfolgsfaktor“, sagt der Personalexperte Werner Neumüller, Geschäftsführer der GmbHs der Neumüller Unternehmensgruppe. Die Entwicklung des Employer Branding ist für ihn ein umfassender Prozess, der in ein einzigartiges und ausgezeichnetes Arbeitgeberimage münden soll.
Nachhaltiger Nutzen von Employer Branding für Unternehmen:
- Berücksichtigung der Anforderungen und Bedürfnisse der Arbeitnehmer
- authentische Arbeitgeberpositionierung
- Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber
- Effizienzsteigerung der Personalrekrutierung sowie die Qualität der Bewerbenden
- Bewusstwerden der eigenen Stärken und deren Kommunikation
- Differenzierung des Unternehmens vom Wettbewerb
- nachhaltiger Unternehmenserfolg.
Für Werner Neumüller ist die Bildung der Arbeitgebermarke zugleich auch eine Verpflichtung zu Nachhaltigkeit: „Nur wenn Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie auch mittels Markenführung im Bewusstsein der Mitarbeitenden verankert ist, ist das Thema als strategische Ausrichtung ein konkreter Wettbewerbsvorteil.“
Warum Campus Recruiting gerade jetzt so wichtig ist
Die Attraktivität als Arbeitgeber wird durch ein strategisches Employer Branding festgehalten und sichtbar gemacht – im Fall von Hochschulmarketing und Campus Recruiting ein Employer Branding, das sich spezifisch auf die Zielgruppe Talente ausrichtet. Wer seine Fach- und Führungskräfte von morgen früher als der Wettbewerb ansprechen möchte, für den ist auch Campus-Recruiting (auch Absolventenrekrutierung) ein „Muss“. Darunter wird die Anwerbung von Studierenden und Absolventen an Hochschulen und Universitäten verstanden. In der Regel besuchen Arbeitgeber die Universitäten, um Jobmessen, Informationsveranstaltungen und Vorstellungsgespräche durchzuführen bzw. zu besuchen. „Personalrekrutierung war früher einfacher und eher passiv geprägt. Heute muss aktiv rekrutiert und gehandelt werden, um Vakanzen schnell und effektiv zu besetzen“, bestätigt auch Werner Neumüller. Erste Kontakte zu zukünftigen Mitarbeitenden sollten möglichst frühzeitig (z.B. in der Schule und Hochschule) geknüpft werden - so können Unternehmen nicht nur leichter, sondern auch treffsicherer die für sie passenden Talente als Nachwuchsführungskräfte für sich gewinnen. Die Zusammenarbeit mit Bildungspartnern und Kooperationspartnern (überbetriebliche Bildungsträger, IHK, Hochschulen) sind deshalb auch für Neumüller selbstverständlich.
Vorteile für Unternehmen:
- Platzierung als attraktiver Arbeitgeber
- Etablierung der Arbeitgebermarke
- Erreichbarkeit eines großen Pools potenzieller und künftiger Mitarbeitender
- Sicherung von Nachwuchstalenten
- Finden von Top-Talenten, bevor sie an andere Unternehmen verloren gehen
- Vorteile für Studierende:
- Frühzeitiges Kennenlernen potenzieller Arbeitgeber
- Kontakte zu Fachleuten aus dem favorisierten Bereich
- Steigerung der Qualität und Passgenauigkeit von Initiativbewerbungen der Studierenden
- Kennenlernen verschiedener Unternehmen und deren Karrierewege.
Das aktuelle Buch „CAMPUS-RECRUITING“ von Dr. Meike Terstiege zeigt, dass proaktives Hochschulmarketing und Campus Recruiting mittlerweile für Unternehmen „die“ Kanäle bei der Gewinnung von Talenten sind. Es widmet sich den unterschiedlichen Facetten des Campus-Recruitings sowie hilfreichen Methoden und Tools. Zudem wird gezeigt, mit welchen KPIs erfolgreiches Campus-Recruiting gemessen werden kann. Dr. Meike Terstiege ist selbstständige Beraterin und Trainerin zu „Marketing & HR – von ZOOMER bis BOOMER“. Sie ist als Hochschuldozentin aktiv, studierte Wirtschaftspsychologie an der Universität Mannheim, promovierte berufsbegleitend am Marketing-Lehrstuhl der TU Dortmund und war im Strategischen Marketing auf Unternehmensseite sowie auf Agenturseite tätig. In ihrer Arbeit und im Buch geht es auch um Unternehmensmaßnahmen, die bei der Einführung von Campus-Recruiting beachtet werden sollten:
- Aufbau von Beziehungen zu den Career Centern auf dem Campus und Ausbau „belastbarer“ Kontakte zu Hochschulen und deren Stakeholdern
- Events und Messen zum Gewinnen von Studierenden und Absolventen
- Kooperationen mit Hochschul-Stakeholdern, Multiplikatoren oder studentischen Organisationen, zu möglichen Kollaborationen mit geeigneten Dienstleistern und zu KPIs
- Know-how zur Zielgruppe Gen Z bzw. zu Studierenden und Absolventen
- Wissen um HR-Instrumente im Rahmen eines strategischen Hochschulmarketingansatzes in der Offline- und Online-Welt
- Vermarktung der Campus-Recruiting-Aktivitäten (z.B. über Social Media, Flyer und E-Mail-Kampagnen).
Das Buch:
- Meike Terstiege: CAMPUS-RECRUITING. Hochschulen als “Place to be“ für die Rekrutierung von Talenten. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2024.
Weiterführende Informationen:
- Werner Neumüller: Ehrlich weiter: Auf der Suche nach den Menschen. In: Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018, S. 145-158.
- Werner Neumüller: Rekrutierungsunterstützung über Personaldienstleistung und Arbeitnehmerüberlassung. Am Beispiel der Neumüller Unternehmensgruppe. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg 2021.
- Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag Springer Gabler, Heidelberg, Berlin 2018.
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