Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Circular Economy: Wie unsere Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht kommt

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Viele Menschen haben verlernt, sich vom linearen Denken zu lösen und im Einklang mit der Natur zu leben, in der alles im Kreislauf ist. 

Nur wir leben nicht so, sondern entnehmen der Natur Ressourcen, verarbeiten diese zu Produkten, nutzen diese und werfen sie wieder weg, ohne sie wieder der Natur zuzufügen. Der Mensch erscheint wie ein Konstruktionsfehler im System, denn die Natur funktioniert anders: Alles was einmal lebte oder genutzt wurde, kommt wieder in den natürlichen Kreislauf und erhält dadurch ein überlebenswichtiges Gleichgewicht. Dringlich ist auch in der Wirtschaft ein neues Wachstumsverständnis, Kreislaufdenken und Circular Economy. Vor allem die industrielle Produktion braucht einen Wandel - weg von linearen Produkten und Prozessen hin zu zirkulärem Denken und Handeln. Dafür reicht das Ziel der Klimaneutralität allerdings nicht aus. Auch müssen Klima- und Ressourcenkrise zusammen gedacht werden. Wenn heute über Kreislaufwirtschaft gesprochen wird, erweckt dies häufig den Eindruck, dass es nur um Abfallwirtschaft geht. Doch Kreisläufe beginnen nicht im Abfall, sondern zuerst mit dem Produkt.  

Die produzierende Wirtschaft ist deshalb aufgerufen, Ressourcen im Kreislauf zu führen, Produkte nach ökologischen Vorgaben zu gestalten und neue Märkte für Sekundärrohstoffe aufzubauen. In einer Kreislaufwirtschaft gibt es auch dissipative Verluste (Leckagen): Dabei handelt es sich um Produkte, Komponenten oder Materialien, die aus der Kreislaufwirtschaft in die Biosphäre entweichen und (noch) nicht zurückgewonnen werden können. Mit künftigen Methoden und Technologien kann eine Rückgewinnung jedoch möglich sein. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, so viele Ressourcen wie möglich im Kreislauf zu halten, sie so schnell und effizient wie möglich vom Zustand der Obsoleszenz in einen Zustand der Nutzung zu überführen, dabei Leckage weitgehend zu vermeiden – das ist auch ein wichtiges Anliegen des Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader aus Leinfelden-Echterdingen - und den Wiedergewinnungshorizont immer weiter zu verschieben.

Es ist deshalb auch wichtig, bereits bei der Auswahl der Ressourcen auf diesen Kreislauf achten. Zudem sollten wir Materialien nutzen, die am Lebensende dem Kreislauf wieder zugeführt werden können. Erst durch die Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette (Schließung des Materialkreislaufs, Steigerung der Produkt- und Materialeffizienz, effizientere Nutzung von Produkten sowie die Substitution von Ressourcen) kommen wir ansatzweise zum Selbstverständnis in der Natur. Das Kerngeschäft von Unternehmen muss vollständig auf zirkuläres Wirtschaften ausgerichtet werden. Es ist allerdings nur dann nachhaltig erfolgreich, wenn gleichzeitig der Treibhausgasausstoß insgesamt und kontinuierlich weiter gesenkt wird. Klimaneutralität muss für Unternehmen ein Teil des ganzheitlichen Kreislaufwirtschaft-Prinzips werden. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Debatten und Berichte im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft fast verdreifacht, obwohl die globale Kreislaufwirtschaftsquote von 9,1 % auf 7,2 % gesunken ist. Das geht aus dem CircularityGap Report 2024 hervor.

Vorteile der Kreislaufwirtschaft

  • Schaffung von 700.000 neuen Arbeitsplätzen bis 2030 in der EU
  • Verbesserte Effizienz-Technologien
  • Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks
  • Langfristige Kosteneinsparungen (vor allem hinsichtlich der Rohstoffe)
  • Verringerung der Zerstörung von Landschaften und Lebensräumen
  • Erhöhung der Kontrolle über die eigene Lieferkette
  • Erschließung neuer Marktsegmente und Umsatzpotenziale
  • Effizientere und autarke Produktion
  • Verringerung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen und sowie der Landschafts- und Lebensraumzerstörung (Quelle: Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments
  • Längere Produktlebenszyklen
  • Erhöhung der Resilienz gegenüber zukünftigen Herausforderungen (Unternehmen werden laut Studie “Kreislaufwirtschaft als Chance?” der Deutschen Industrie- und Handelskammer resilienter gegenüber Störungen der Lieferkette)
  • Verlangsamte Nutzung natürlicher Ressourcen
  • Höherer Einsatz von Sekundärrohstoffen
  • Minderung der Abhängigkeit von Rohstoffimporten durch regionale Stoffkreisläufe
  • Senkung der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen der EU
  • Verminderung von Versorgungsrisiken wie Preisschwankungen, Verfügbarkeit und Importabhängigkeit
  • Begrenzung des Verlusts der biologischen Vielfalt
  • höhere Wertschöpfung
  • Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.

Zu den ressourcenintensivsten Sektoren unserer Wirtschaft gehört die Baubranche, die für rund 40 Prozent der CO2 Emissionen der Gesamtwirtschaft verantwortlich ist - mehr als jeder andere Bereich. Um die Pariser Klimaziele erreichen zu können, kommt ihr eine entscheidende Rolle zu. Allerdings kann sie das Potenzial der Kreislaufwirtschaft derzeit noch nicht voll ausschöpfen.

Herausforderungen der Bauwirtschaft:

  • Abhängigkeit von Importen – auch aus kritischen Staaten
  • Fehlende Verfügbarkeit entsprechender Materialien sowie der auf Kreislaufwirtschaft ausgerichteten Informationen und Daten.
  • Engpässe bei der Lieferung von Rohstoffen und Baumaterialien bei gleichzeitig hoher Nachfrage entlang der gesamten Prozesskette
  • Vor allem bei Gebäuden ist die letzte Stufe der Wertschöpfungskette, die Entsorgung, auch bedingt durch die Langlebigkeit des Produktes, noch nicht ausreichend in der Planung verankert.
  • Unternehmen werden von Investoren, Kunden, Analysten und Regulatoren verstärkt dazu aufgefordert, neben den klassischen Finanzkennzahlen auch Environmental Social Governance (ESG)-Informationen transparent zu machen. Aber auch internationale Initiativen wie die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen und das Pariser Weltklimaabkommen setzen neue Rahmenbedingungen, die von der Wirtschaft neue Lösungen erfordern.
  • Die Steigerung der Ressourceneffizienz beim Einsatz digitaler Technologie wird oft nur als ein Nebeneffekt betrachtet - entsprechend fehlt es vielen an einer systematischen, kontinuierlichen Kontrolle ihrer Ressourceneinsparungen durch Industrie 4.0 (weil diese einfach nicht erfasst werden) – und damit an der Grundlage für eine wesentliche Planungsgröße: Ressourceneffizienz als Grundlage einer höheren Wettbewerbsfähigkeit.
  • Es gibt noch keine gesetzlichen Richtwerte und Vorgaben, die den Schadstoffgehalt in Baumaterialien regulieren. Die in vielen Baustoffen für Innenräume enthaltenen Schadstoffe sind eine enorme Herausforderung für die Umsetzung materialgesunder und kreislauffähiger Räume.
  • Häufig müssen für die Nutzung bereits verwendeter Materialien oder recycelter Baustoffe Sonderzulassungen beantragt werden.
  • Technische Innovationen haben dazu geführt, dass stoffliche Eigenschaften verbessert wurden, indem Baustoffe besondere Zuschlagstoffe erhalten. Dies führt dazu, dass Stoffgemische entstanden sind, die nur schwer oder nur unter hohem thermischem Aufwand wieder getrennt werden können. Auch Verbundstoffe sind so zusammengefügt, dass sie nach der Nutzung nur unter großem Aufwand wieder in sortenreine Materialfraktionen getrennt werden können.
  • Grüne Transformation
  • Wachsende Ungleichheit: Die Verknappung der Rohstoffe führt in einigen Bereichen dazu, dass Rohstoffpreise kontinuierlich steigen, zudem sichern sich einige Länder strategische Reserven, was wiederum dazu führt, dass schwächere Länder keinen Zugriff erhalten und soziale Ungleichheiten und Spannungen steigen können; Länder mit gesicherten und seltenen Rohstoffreserven bestimmen zunehmend den Preis und nutzen dies als Druckmittel.
  • Ständige Veränderung der Materialströme und Umweltauswirkungen aufgrund von Marktentwicklungen, technologischen Fortschritten und Regulierungen
  • Fügetechniken auf der Baustelle: Durch die Möglichkeiten des Verklebens entstehen ebenfalls Verbindungen, die nicht wieder getrennt werden können. Natürliche Baustoffe erhalten Beschichtungen, die eine Wiederverwendung verhindern.
  • Verständnis der komplexen Wechselwirkungen innerhalb der Wertschöpfungsketten und der damit verbundenen Ressourcenströme (Einbeziehung von Zulieferern und Partnern in den Prozess ist zeitaufwändig und erfordert Kooperation).

Weiterführende Informationen:

Wer schreibt hier?

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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