Der treueste Freund des Menschen
Heute, wo vieles unverbindlich, zerbrechlich und flüchtig ist, stellt sich in besonderer Weise die Frage nach dem „Wesen“ der Freundschaft. Das ist ganz wörtlich zu nehmen, denn „es“ findet sich im Tier, das zu reinen und zweckfreien Gefühlen fähig ist. Im Buch „Freundschaft“ von Katja Kraus gesteht der deutsche Publizist Manfred Bissinger: „Mein allerbester Freund war mein Hund. Ich vermisse ihn sehr.“ Die Literaturwissenschaftlerin Silvia Bovenschen, für die Tim und Struppi ein schönes Freundschaftspaar war, bestätigte im Gespräch mit der Autorin: „Man kann auch mit Säugetieren der höheren Art befreundet sein.“ Entscheidend sei, dass es Kommunikation gibt. Dass zwischen Menschen und höheren Tieren Beziehungen möglich sind, wird als Du-Evidenz bezeichnet. Der Begriff wurde 1922 von dem deutschen Denk- und Sprachpsychologen Karl Bühler (1879-1963) geprägt. Er versteht darunter die Fähigkeit und das Bewusstsein eines Menschen, eine andere Person als Individuum (als „Du") wahrzunehmen und zu respektieren.
Wenn die Zeiten kälter und unüberschaubarer werden, wächst das Bedürfnis nach Nähe.
Es braucht – auch und vor allem in distanzierten Corona-Zeiten - etwas zum Kuscheln und Erwärmen. Beim Hundestreicheln wird bei Mensch und Tier das so genannte Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet. Eine hohe Konzentration des Bindungshormons stärkt das menschliche Wohlbefinden und senkt das Stressniveau. Die Menschen werden gelassener und ausgeglichener. Der Bundesverband Bürohund e.V. bestätigt, dass sich ein Hund im Job auch positiv auf Mitarbeitermotivation, Leistungsfähigkeit, Kreativität und Engagement auswirkt. Auch trägt er zum Wohlbefinden der Mitarbeiter bei. In den letzten Jahren ging der Trend zum Bürohund nach oben. 2014 standen nach einer Xing-Studie bereits mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber einem Haustier am Arbeitsplatz offen gegenüber. Der deutsche Tierschutzbund initiierte 2015 den bundesweiten Tag „Kollege Hund“ in Deutschland. Er wurde ins Leben gerufen, damit Mitarbeiter nach Einverständnis ihres Arbeitgebers ihren Hund mit an den Arbeitsplatz bringen können. Auf internationaler Ebene fand hierzu der „Take your dog to work” day statt.
Bevor die NEUMÜLLER Unternehmensgruppe, die Rekrutierungsunterstützung über Personaldienstleistung in von hoher Nachfrage geprägten Premiumsegmenten leistet, 2012 die Bürotüren für die Vierbeiner öffnete, wurde eruiert, welche Aspekte zu beachten sind: Die Mitarbeiter nach ihrer Meinung gefragt, gesundheitliche Faktoren wurden berücksichtigt, artgerechte Plätze wurden konzipiert, Spazierwege erfasst und die Büroräumlichkeiten auf die Eigenschaft der Wohlfühlumgebung für Mensch und Tier überprüft. Hündin Fibsy ist hier seit 2012 „Büromitarbeiterin". Mit dieser Zuschreibung wird zugleich ausgedrückt, dass das Tier den Status eines sozialen Partners hat und die Zusammenarbeit eine Art „soziale Symbiose" ist.
Im Januar 2016 führte der Mittelständler eine Befragung unter der Belegschaft durch mit dem Ziel, Kenntnisse über die Auswirkungen des Bürohundes im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zu erhalten. Dass das Unternehmen auf den Hund gekommen ist, stimmt alle positiv: „Die Mitarbeiter sind zufrieden, der Hund ist zufrieden, und so ist auch der Chef zufrieden", sagt Geschäftsführer Werner Neumüller. Dies gründet auch auf Gefühlen des Gebrauchtwerdens und der Fürsorge, die durch das Tier ausgelöst werden und nachweislich sogar zu einer Stabilisierung des Selbstwertgefühls beim Menschen führt. Das Ergebnis sind eine gute Arbeit und eine hohe Qualität, die sich auch der Ehrfurcht vor dem Leben verdankt, die das eigene Leben und das Leben der anderen Spezies achtet.
Heute scheint sich die Welt (auch auf Instagram) in Katzen- und Hundeliebhaber aufzuteilen.
Das gilt allerdings nicht für Walter Chandoha, den größten Haustierfotografen des 20. Jahrhunderts. Er liebte beide Geschöpfe gleichermaßen wegen ihrer einzigartigen Schönheit sowie individuellen Besonderheiten. Die Fotografie faszinierte ihn bereits in den späten 1930er- Jahren, als er Schüler an der Bayonne High School in New Jersey war. Ein Jahr nach seinem Highschoolabschluss erhielt er einen Job in New York City als Lehrling bei Leon de Vos, einem der besten Werbefotografen seiner Zeit. Er erhielt zwar einen geringen Lohn, wurde aber durch die Entdeckung der Wissenschaft und Magie hinter der Beleuchtung für Porträts, Stillleben und Außenaufnahmen entschädigt. Kurze Zeit arbeitete er als Porträtfotograf in Studios in New Orleans und Newark, dann wurde er nach Pearl Harbor zur U.S. Army eingezogen. Aufgrund seines fotografischen Könnens wurde er angestellter Pressefotograf einer GI-Zeitung in Fort Dix, New Jersey. Später wurde er Kriegsfotograf bei der Fernmeldetruppe im Pazifik. „Im Krieg lernte ich schnell, wie wichtig es ist, rasch und entschlossen zu reagieren, findig zu sein und mit vorhandener Ausrüstung sowie behelfsmäßigen Werkzeugen zu improvisieren, um eine Aufnahme hinzubekommen“, schrieb Walter Chandoha kurz vor seinem Tod am 11. Januar 2019 im Alter von 98 Jahren.
In den 1950-er Jahren ging es darum, die Bedürfnisse der wachsenden Generation der Babyboomer zu erfüllen. Tiere waren ein integraler Bestandteil des Familienlebens. Deshalb integrierten Werbeschaffende die Tiere in ihre Kampagnen - und schon bald stand die Madison Avenue bei Chandoha Schlange. Seine Werke schmückten über 300 Zeitschriftencover, Hunderte Packungen Tiernahrung und Tausende Werbeanzeigen, Plakaten und T‑Shirts. Er veröffentlichte 33 Bücher (davon 14 über Katzen und andere Tiere), Glückwunschkarten, Kalender und Puzzles. Chandoha leistete auch einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der LOLcats (Cat Memes). Während der Arbeit an seinem von der Kritik gefeierten Buch Cats wählte er seine Lieblings-Hundefotos für einen möglichen Nachfolgeband aus und legte Hunderte von Kontaktbögen, Abzügen und Farbdias in sorgfältig gekennzeichneten Kartons beiseite (etliche waren zuletzt vor über 50 Jahren veröffentlicht worden, einige noch nie).
Eine Hommage an die treuen Gefährten
Im Band „Dogs“ begegnen über 60 Hunderassen - vom Terrier bis zum Collie, vom Beagle bis zum Bluthund, vom Elsässer bis zum Pudel - fotografiert in Schwarz-Weiß und Kodachrome. Untergliedert ist er in sechs Abschnitte: Das Einleitungskapitel „In the Studio“ zeigt vor allem klassische Porträts; in „Strike a Pose“ werden die Hunde in übertriebenen Posen gezeigt; „Out and About“ zeigt die Tiere meist mit Chandohas Kindern beim Spielen; für „Best in Show“, besuchte Chandoha Hundeshows aus der Mad Men-Ära; in „Tails from the City“ sind Hunde in den Straßen eines 50er-Jahre-New-Yorks zu sehen; in „Country Dogs“ geht es zurück in die Natur.
Weiterführende Informationen:
Walter Chandoha. Dogs. Photographs 1941–1991. Hg. von Reuel Golden. TASCHEN Verlag 2020.
Walter Chandoha. Cats. Photographs 1942–2018. Walter Chandoha, Susan Michals, Reuel Golden (Deutsch, Englisch, Französisch). TASCHEN Verlag, Köln 2019.
Adelbert von Chamisso: Peter Schlemihls wundersame Geschichte. Mit einem Nachwort von Dr. Alexandra Hildebrandt. Leinenbindung, Lesebändchen. Kyrene Verlag, Wien 2014.
Katja Kraus: Freundschaft. Geschichten von Nähe und Distanz. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2015.
Werner Neumüller: Rekrutierungsunterstützung über Personaldienstleistung und Arbeitnehmerüberlassung. Am Beispiel der Neumüller Unternehmensgruppe. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2017, S. 755-776.
Werner Neumüller und Kerstin Häusler: „Der Hund im Job" - Praxisbeispiel Neumüller Unternehmensgruppe. In: Corporate Health Jahrbuch. Betriebliches Gesundheitsmanagement in Deutschland 2016, S. 136-141.