Die Erfindung der digitalen Welt: Eine Zeitreise durch die Computer-Zeitalter
Mit der Digitalisierung nimmt das Tempo, in dem sich unsere Welt seit dem Beginn der Industrialisierung verändert, rasant zu. Computer wurden im Laufe der Zeit immer schneller und kleiner.
Jede neue Entwicklung (Bürorechner, Personal Computer, Spielekonsolen, Anwendungen in der Medizin oder der Musik bis zum Internet und dem Smartphone) hatte auch immer Einfluss auf unseren Alltag und unsere Kultur. „Computer sind zu einem Sinnbild für die Kluft zwischen den Generationen geworden, und sie haben die Art und Weise revolutioniert, wie wir lernen und miteinander in Kontakt treten, wie wir Geschäfte machen oder Lieferketten entwickeln, wie wir von A nach B gelangen, (...) wie das Gesundheitssystem funktioniert und vieles andere mehr“, schreibt Julius Wiedemann, der gemeinsam mit Jens Müller den Taschen-Bildband „The Computer“ herausgegeben hat. Sämtliche Entwicklungsschritte werden mit Abbildungen der entsprechenden Geräte begleitet sowie mit „Zeugnissen der Auswirkungen“: Zeitschriftencover, Werbeanzeigen, Kinoplakate, Film-Stills, Kunstwerke oder Fotografien aus Unternehmen und Büros, die Menschen bei der Arbeit am Computer zeigen. Das Buch widmet sich der Geschichte der Rechner.
Bereits 1623 stellte der deutsche Astronom Wilhelm Schickard eine Maschine mit Addier- und Subtrahierfunktion vor. Gottfried Wilhelm Leibniz beschrieb 1697 ein System zur Codierung von Zahlen: „Nun kann man wohl sagen, dass nichts in der Welt dies besser vorstelle, ja, gleichsam demonstriere, als der Ursprung der Zahlen, wie er allhier vorgestellt ist, durch deren Ausdrückung nur und allein mit Eins und Null (oder Nichts) alle Zahlen entstehen. Es wird wohl schwerlich in der Natur und Philosophie ein besseres Vorbild dieses Geheimnisses zu finden sein.“ Seine Idee nahm vorweg, was erst im 20. Jahrhundert zum bis heute gültigen Prinzip maschinenbasierter Rechenoperationen wurde: das Binärsystem (bestehend aus Einsen und Nullen).
Im 18. Jahrhundert wurde der ungarische Erfinder Wolfgang von Kempelen mit seinem Schachspielautomaten europaweit berühmt. Seinen Automaten präsentierte er an verschiedenen Königshäusern als technologische Revolution. Die mechanische Figur („Schachtürke“) wurde von einer kleinen Person gesteuert, die in der Maschine versteckt war.
1833 gelang es dem amerikanischen Erfinder Samuel Morse erstmals, Informationen über elektromagnetische Impulse zu übertragen.
1843 entwickelte der schottische Uhrmacher Alexander Bain ein Faxgerät, mit dem Abbildungen verschickt werden konnten.
Mit seiner Booleschen Algebra legte der Brite George Boole Mitte des 19. Jahrhunderts die entscheidende Grundlage für den Aufbau digitaler Elektronik.
Bereits 1924 gehörte ein Computerraum zum US-Finanzministerium. Die überwiegend weibliche Belegschaft arbeitete mit mechanischen Rechenmaschinen.
Die ersten modernen Rechner wurden in den 1930er-Jahren entwickelt.
1965 wurde der PDP-8 von der Digital Equipment Corporation eingeführt: der erste echte Desktop-Computer, der so groß wie ein Kühlschrank war und nur in kleinen und mittleren Unternehmen zum Einsatz kam. In verschiedenen Versionen wurde er bis 1979 hergestellt und gehört mit über 50000 Computern zu den erfolgreichsten Geräten seiner Klasse.
Das Zeitalter der Personal Computer (PC) begann mit den 1970er-Jahren - mit den 80ern zogen sie auch zu Hause ein (auch als Videospiel-Konsolen etc.) und durchdringen immer mehr Lebensbereiche - eng verbunden mit Unternehmen wie Microsoft, Apple und Commodore. Auf einem Foto aus den später 1970er-Jahren posiert der damals noch junge Bill Gates, Gründer des Megakonzerns Microsoft, vor klobigen Computer-Prototypen. An anderer Stelle ist Steve Jobs mit seinem "Apple One", dem Vorläufer des Apple Macintosh, zu sehen. Als Produktentwickler war er getrieben von der Sehnsucht nach Veränderung, nach anderen, besseren, besonderen Dingen. Entscheidend für den Erfolg der Marke Apple war, dass sich alle Beteiligten auch als Teil der Produkte verstanden, die sexy waren und Sinn machten. Entscheidend aber für den Erfolg der Marke war vor allem eine grundsätzliche Haltung, die Steve Jobs von Kindheit an prägte: Als kleiner Junge hat er mit seinem Adoptivvater den Gartenzaun gestrichen, und dieser soll ihm gesagt haben: „Es ist wichtig, auch die Rückseiten kunstfertig zu gestalten, selbst wenn sie nicht zu sehen sind.“ Diese Einstellung hatte er dann vermutlich sein Leben lang beibehalten. Andy Herzfeld, ein Schlüsselmitglied des ursprünglichen Mac-Designteams, hat es so formuliert: „Das Repertoire an Motivationen des Mac-Teams war kompliziert, aber die einzigartigste Zutat war eine starke Dosis künstlerischer Werte: Das Ziel war niemals, die Konkurrenz zu schlagen oder viel Geld zu verdienen. Es ging stets darum, das Großartigste zu leisten, was möglich war, wenn nicht sogar noch etwas mehr.“
Die nachfolgenden Jahre bis 1973 werden im Buch als „Mainframe Age“ (Zeit der Großrechner) bezeichnet. Ursprünglich in Militär und Forschung eingesetzt, gelangten sie allmählich auch in die Wirtschaft und den Alltag der Menschen. Die Entwicklung von Mikrochip und Mikroprozessor ermöglichte ab 1974 den Aufstieg des Personal Computers.
Der von Adam Osborne (1939-2003) entwickelte Osborne 1 war 1981 der erste tragbare Computer, der kommerziell vermarktet wurde. Das Gerät war 11 Kilogramm schwer. Der Journalist David Kline, der für die Chicago Sun- Times über den Krieg in Afghanistan berichtete, nahm den Rechner mit auf seine Reise und wurde damit zum ersten Reporter, der unterwegs einen Computer nutzte.
1983 wurde der Online-Dienst Gateway im kalifornischen Orange County getestet. Die Set-Top-Box mit Tastatur verwandelte Fernsehgeräte in interaktive Informationsportale.
Designer spielen bei der Gestaltung unserer Zukunft eine tragende Rolle, denn sie werfen einen Blick auf die Welt, wie sie ist - und denken sie weiter. Sie bieten Alternativen an, stellen gewohnte Denkmuster infrage, transformieren alte Methoden und Strukturen und entwickeln neue. So muten Rechner aus den 1980er-Jahren futuristisch an (z.B. der Sinclair ZX80 oder der IBM 5150). "Cray One" ist der Name eines Supercomputers aus den 1970ern, der anmutet wie eine Designer-Schrankwand.
Computerpionier Konrad Zuse war 1984 auf einer Broschüre der deutschen Kaufhauskette Kaufhof zu sehen, die mit ihm für die Computer-Kaufargumente warb: Spielen, Lernen und Zeitersparnis.
Marc Andreessen (Jahrgang 1971) und James H. Clark (Jahrgang 1944) gründeten 1994 Netscape Communications, eines der ersten Internet-Startups, das innerhalb weniger Jahre einen Börsenwert von mehreren Milliarden US-Dollar erreichte. Basis des Unternehmens war der Webbrowser Netscape. Fünf Jahre nach dem Gründungsjahr wurde das Unternehmen von AOL übernommen (davor hatte Netscape den Quellcode des Browsers offengelegt, aus dem der spätere Firefox-Browser entwickelt wurde).
Der vom britischen Designer Jonathan Ive entworfene iMac traf 1998 den visuellen Zeitgeist und war perfekt auf die Bedürfnisse einer neuen Zielgruppe internetaffiner Heimanwender angepasst. Das Apple-Konzept, nach dem User die Vorzüge der Computertechnik nutzen können sollten, ohne sich mit den Details auskennen zu müssen, wurde mit diesem Kult-Gerät perfektioniert. Der Rechner war sofort einsatzbereit und enthielt alle notwendigen Komponenten.
Auch dem Zeitalter des Internets und dem „All-Digital Age“, das 2006 unter anderem mit dem Start des Kurznachrichtendienstes Twitter und der Enthüllungsplattform WikiLeaks begann, wird ein Kapitel gewidmet. Im Januar 2007 präsentierte Apple das erste iPhone.
Im November 2022 wurde der Chatbot ChatGPT, der auch Texte, Gedichte, Hausarbeiten und Co. zusammenstellen kann, öffentlich zugänglich. Die Künstliche Intelligenz (KI) wurde wieder weltweit ein aktuelles Diskussionsthema. Wissenschaftler sehen zwar das enorme Potenzial, warnen auch vor Risiken. Als das Stanford Research Institute 1969 den mobilen Roboter Shakey vorstellte, der seine Fähigkeiten selbstständig verbessern konnte, war das bereits „ein früher Meilenstein in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz“, so die Autoren. Auch aktuelle Entwicklungen (z.B. Forschung an Quantencomputern, Duplex von Google, das von Mark Zuckerberg vorgestellte Konzept des Metaverse) werden im Buch vorgestellt. Auch negative Aspekte der Digitalisierung werden angesprochen (Massenüberwachung, Wahlmanipulationen mithilfe sozialer Netzwerke, Energieverbrauch, Umweltschäden).
Das Buch ist zugleich eine Öffnung in die Zukunft, die wir nicht fürchten müssen, wenn wir versuchen, sie zu verstehen, auch wenn sie noch nicht da ist. Die Geschichte des Computers ist also längst noch nicht auserzählt.
Der Autor:
Jens Müller, geboren 1982 in Koblenz, hat in Düsseldorf Grafikdesign studiert und gewann bereits zahlreiche nationale und internationale Design Awards. Er ist Professor für Corporate Design an der Fachhochschule Dortmund sowie Creative Director des Designstudios Vista. Als Autor und Herausgeber untersucht Müller die Geschichte des Grafikdesigns und die Entwicklung grafischer Unternehmenskommunikation.
Der Herausgeber:
Julius Wiedemann studierte Grafikdesign und Marketing und arbeitete in Tokio als Kunstredakteur für digitale Medien und Designmagazine. Zu seinen TASCHEN-Titeln zählen die Illustration Now!- und Plattencover-Serien sowie Sammlungen von Infografiken und Bücher über Werbung und Design.
Das Buch:
- The Computer. A History from the 17th Century to Today. Jens Müller, Julius Wiedemann (Hg.). Texte englisch, deutsch, französisch. Taschen Verlag, Köln 2023.
Weiterführende Informationen:
- CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg. 2. Auflage 2021.
- Jay Elliot, William L. Simon: Steve Jobs. iLeadership. Mit Charisma und Coolness an die Spitze. Aus dem Amerikanischen von G. Maximilian Knauer. Ariston Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH 2011.
- Jens Müller, Julius Wiedemann: Geschichte des Grafikdesigns. Band 2, 1960 bis heute. TASCHEN Verlag 2018.
- Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2018.
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