Die Giraffe im Kontext der gewaltfreien Kommunikation
Bei der Vermittlung des Konzepts von gewaltfreier Kommunikation (GFK) wird gern die Giraffensprache (oder Herzenssprache) verwendet - ein Konzept für Kinder nach dem amerikanischen Psychologen Marshall Rosenberg. Als junger Mann erlebte er verschiedene Facetten der Gewalt: 1943 konnte er aufgrund von Rassenunruhen tagelang sein Haus nicht verlassen, und es starben mehrere Nachbarn. Als Jude war er zudem regelmäßig Diskriminierung und Gewalt seitens seiner Mitschüler ausgesetzt. Dennoch erlebte er sein Zuhause als Ort der Wärme und Zuneigung. Diese frühen Erlebnisse veranlassten ihn, Psychologie zu studieren und sich der Kernfrage zu widmen:
Warum gelingt es einigen Menschen, selbst unter widrigsten Umständen, einfühlsam oder empathisch zu bleiben?
Nach seiner Grundannahme gibt es zwei Arten von Sprache: die gewaltvolle (symbolisiert durch den Wolf) und die gewaltfreie (symbolisiert durch die Giraffe). Die Giraffe ist im Gegensatz zum Wolf ruhig und besonnen. Der Name bedeutet „Die Liebliche“. Sie fungiert auch in jedem Klassenzimmer der Holzgartenschule als Symbol für einen achtsamen und einfühlsamen Umgang miteinander, bei dem Gefühle und Bedürfnisse wahrgenommen und zum Ausdruck gebracht werden. Der lange Hals des Tieres ist ein Symbol für seine Kommunikationsstärke, die durch folgende Aspekte gekennzeichnet ist:
• Gefühlswahrnehmung und -ausdruck
• Empathie als Grundvoraussetzung für konstruktives Streiten
• Beobachtung ohne Bewertung
• Im Hier und Jetzt sein
• Verantwortung für das eigene Denken, Fühlen und Handeln
• Bedürfnisse ausdrücken.
Die Giraffe gilt ebenso als Botschafter für Nachrichten (Liebe ohne Worte), um auf andere Menschen und Wesen hinzuweisen. Interpretationen und taktische Spielchen kennt sie nicht – sie bleibt immer natürlich. Mit dieser Tier-Metapher ist das Thema Resilienz verbunden. Der Begriff wurde erstmalig in den 1970er-Jahren verwendet und hat seinen Ursprung in der Kinder- und Jugendpsychologie. Er wurde hier verwendet, um die Entwicklung einiger Kinder trotz desolater Familienverhältnisse zu beschreiben. Auch die technischen Wissenschaften setzten ihn früh ein, um die Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit bzw. Elastizität von Materialien zu erfassen. Sinngehalt und Verwendung des Begriffs differieren zwar, doch im Kern ist immer die Fähigkeit eines Systems gemeint, auf Krisen und Störungen zu reagieren, sich selbst zu erneuern, ohne sich grundlegend zu verändern.
Weiterführende Informationen:
Nachhaltig, digital, resilient? Zeit für eine neue Widerstandskraft
Werner Neumüller: Das resiliente Unternehmen im Mittelstand – Am Beispiel der Neumüller Unternehmensgruppe. In: Zukunftsvision Deutschland. Innovation für Fortschritt und Wohlstand. Hg. von Marion A. Weissenberger-Eibl. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2019.