Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Die Macht der Stimme: Wie unser akustischer Fingerabdruck Stimmungen beeinflusst

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Die Persona (von lat. personare „hindurchtönen“; griech. πρόσωπον prosôpon „Maske, Rolle, Gesicht“) bezeichnete ursprünglich die im antiken griechischen Theater verwendete Maske, welche die Rollen der Schauspieler charakterisieren sollte. Das geschah auch durch den Klang der Stimme. Nur sehr gute Schauspieler können Stimmungen und Gefühle auch im Stimmklang und Sprechausdruck auf wirklich glaubwürdige Art darstellen. Denn die menschlichen Gefühlszustände und Charaktermerkmale sind im stimmlichen und sprecherischen Ausdruck schnell zu enttarnen. Selbst die Augen, die häufig als Spiegel der Seele bezeichnet werden, können die Persönlichkeit eines Menschen nicht so klar zum Ausdruck bringen wie die Stimme, die Ausdruck der Persönlichkeit ist. Zudem lassen sich Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, regionale und soziale Herkunft, der gesundheitliche sowie emotionale Zustand aus dem unverfälschten Stimmklang und der Sprechweise ableiten. Roland Barthes prägte den Begriff des „Korns der Stimme“ als das Knacken, die Atemluft, das Rauschen und Volumen, das den Körper im Klang der Sprache verfügbar macht, unseren Körper über unseren Mund hinweg nach außen verlagert. 

Echte Stimme und Identität gehören zusammen.

Schon als Ungeborenes sind wir in der Lage, Stimmen zu unterscheiden. Die Stimme ist der akustische Fingerabdruck eines Menschen, seine „Visitenkarte“: Sie kann Selbstbewusstsein ausstrahlen, aber auch Nervosität und Anspannung vermitteln. Nuscheln oder eine zittrige Stimme erschweren es den Zuhörenden, den Worten zu folgen. Deshalb ist es wichtig, bei Vorträgen oder Telefon- oder Bewerbungsgesprächen die Lage und Höhe der eigenen Stimme zu kontrollieren und zu regulieren. Mit verschiedenen Lautstärken, unterschiedlichem Tempo und abweichender Betonung von Wörtern oder Lauten können Stimmungen übertragen werden. Eine Stradivari klingt auf besondere Weise, weil sie aus einem ausgesuchten Holz und in einer bestimmten Form gefertigt ist. Ihren Klang kann ihr nur ein Meister der Musik entlocken. So ähnlich verhält es sich mit unserer Stimme: Es gibt zwar eine genetische Veranlagung, doch mit dem „Instrument“ Stimme können einige besser und andere schlechter spielen. 

Ohne Stimmung kein Erfolg!

Karl Valentin hat seine Stimme beispielsweise als Instrument genutzt: Sie hatte einen unverwechselbaren Klang, und sein Sprachduktus wurde zum Markenzeichen. Auch kannte er bereits zu seiner Zeit die Bedeutung von „Stimmungsmachern vor dem Auftritt des eigentlichen Stars einer abendlichen Vorstellung“, wie sein Biograph Alfons Schweiggert in seinem aktuellen Buch „Karl Valentin und die Musik“ schreibt. Trotz seiner Bronchitis und seines Asthmas hatte er keine „asthmatische Nichtsingerstimme“ (Hannes König) – im Gegenteil: Sie war wohlklingend und voluminös. Er traf jeden Ton und hielt den Rhythmus ein - aber er wollte nicht immer: Falsche Töne und Aus-dem-Takt-kommen gehörte ebenfalls zu seinen Programmen, die genauso abwechslungsreich sein sollten wie seine Stimme mit all ihren Abstufungen, Übergängen und Akzentuierungen. „Die Stimme als persönliches Ausdrucksmittel des Menschen nutzte er nicht nur beim Sprechen, sondern auch als musikalisches Werkzeug. Ob er langsam oder schnell sprach oder sang, ob laut oder leise, seine Stimme klang voll und satt“, so Schweiggert. Bei seinen Mono- und Dialogen „wusste er mit langsamem oder schnellem Tempo virtuos zu spielen, mit eingesetzten Pausen, einer tiefen bis hohen Modulation und mit einer emotionalen Färbung der Stimme. Er verfügt über eine breite Platte von stimmlichen Spielarten und Stimmmasken, die er ohne jede Übertreibung dezent einzusetzen verstand.“ Allein mit seinem Stimmansatz, dem Atem, seiner Dynamik und Körperspannung gelang es ihm, seinen Geistes- und Seelenzustand (Freude, Nervosität, Wut, Trauer etc.) aufs Publikum zu übertragen. Auch war er ein Meister der (kunstvollen) Pausen.

Alle Menschen haben die Möglichkeit, an ihrer Stimme und ihren sprachlichen Fähigkeiten zu arbeiten.

Wer die eigene Stimme richtig zu nutzen versteht, kann auf vielfältige Weise davon profitieren:

  • souveränes Auftreten durch gezieltes Stimmtraining und Körperhaltung
  • Stärkung der Persönlichkeit im Sinne des "Selbstbewusstseins"
  • mehr Sicherheit in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Stimme und Sprechtempo spielen auch bei Kundenpräsentationen oder Bewerbungsgesprächen eine wichtige Rolle – hier sollte sich niemand verstellen, sondern lediglich darauf achten, an Schwachstellen zu arbeiten.

Die wichtigsten Tipps:

Aufwärmen: Nur wenn die Stimmbänder vorbereitet sind, gelingt ein stimmiger Auftritt (unaufgewärmt kann die Stimme beim unkontrollierten Atmen zu hoch oder zu trocken sein

Bewusstes Atmen: Die Wohlspannung (Eutonus) der Aufrichtungsmuskulatur ist Voraussetzung für die optimale Atem- und Stimmbewegung. Es ist darauf zu achten, dass diese vier Atmungsphasen alle gleich lang sind: Einatmen, Pause, Ausatmen, Pause. Dies lässt Stimme, Gesicht und Körper entspannen. Gleichzeitig wird das Gehirn mit ausreichend Sauerstoff versorgt (Steigerung der Konzentrationsfähigkeit). Je ruhiger der Atem, desto entspannter die Stimme. https://www.managementcircle.de/blog/stimme-aufwaermen.html#:~:text=Je%20ruhiger%20der%20Atem%2C%20desto,die%20Stimme%20h%C3%BCpft%20beim%20Sprechen.

Pausen zwischen einzelnen Sätzen können diese zwar besonders betonen, führen bei einem falschen Einsatz allerdings dazu, dass der Gesprächsbeitrag einschläfernd wirken kann.

Empfehlenswert ist ein Wechsel des Sprachtempos und vor allem die Modulation der Lautstärke entsprechend der Bedeutung des Gesagten (auf eine interessante Sprachmelodie setzen).

Zu schnelles Sprechen führt dazu, dass sich die Stimme überschlägt und dass Silben oder ganze Worte „verschluckt“ werden.

Menschen mit hoher Stimme sollten sich bemühen, langsamer zu sprechen, während Menschen mit sonorer Bassstimme etwas schneller reden können. 

„Wenn jemand spricht, wird es heller“ soll angeblich ein kleiner Neffe von Siegmund Freud gesagt haben. Durch das Sprechen werden Menschen in einer anderen Weise sichtbar, als wenn sie nur körperlich präsent sind. Leider hat die Dominanz der visuellen Medien in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass der Mensch zu „augenlastig“ geworden ist und visuelle Informationen in den Fokus gerückt sind.

Die Bedeutung der inneren Stimme

Theoretisch wird davon ausgegangen, dass Wähler ihren Gefühlen folgen. Doch um mit ihnen in Kontakt treten zu können, müssen Worthülsen aus der Wahlkampfwerbung, Meinungsmache und Lärm, der von Politikern, Werbeagenturen und PR-Beratern im Wahlkampf ausgeht, ausgefiltert werden, denn die eigene authentische innere Stimme kann nur gehört werden, wenn „all dieses Getöse“ ausgeblendet wird, schreibt Yuval Noah Harari, Historiker aus Jerusalem, in seinem Buch „Homo Deus“. Das humanistische Gebot, auf sich selbst zu hören ist in unserem Zeitalter der Komplexität und Instabilität vor diesem Hintergrund nicht mehr selbstverständlich, denn ständig wird unsere innere Lautstärke im Schneller-Höher-Weiter lauter gedreht. Hinzu kommt, dass der technische Fortschritt keinen Wert auf unsere innere Stimme legt – er will sie nicht hören, sondern nur kontrollieren. 

Das ewig Laute führt nach Harari dazu, dass wir unseren Glauben an die Authentizität aufgeben, weil nicht mehr klar ersichtlich ist, „wessen Hand den Regler bedient.“ Um auf sich selbst zu hören, muss die innere Lautstärke heruntergedreht werden und achtsam sein. Voraussetzung für das Vernehmen der eigenen klaren Stimme ist allerdings ein „wahres Ich“: Ein In-dividuum hat einen einzigen inneren Wesenskern, der von vielen äußeren Schichten umhüllt ist – wer sich allerdings darum bemüht, diese „äußeren Krusten abzuziehen“, wird tief in seinem Inneren eine klare innere Stimme finden, die sein „authentisches Ich“ ist. Die meisten Entscheidungen im Leben werden von unserem „erinnernden Selbst“, das mit dem „erlebenden Selbst“ eng verbunden ist, getroffen.

Die innere Stimme (Intuition), die für den Psychologen Gerd Gigerenzer eine Form von Intelligenz ist, unterstützt uns darin, den Instinkt dafür nicht zu verlieren, was richtig ist. Allerdings braucht sie auch zusätzliche Stabilitätsfaktoren, die uns helfen, den Überblick zu behalten. Im Sammelband „Bauchgefühl im Management“ wird anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis nachgewiesen, dass das logische, systematische Denken seine Grenzen hat und das intuitive Denken mehr Informationen verarbeiten und im Unterbewusstsein speichern kann.

Vorteile nach (Neumüller/Hildebrandt):

  • ermöglicht schnelle Entscheidungen und Reaktionen
  • basiert auf Wissen und eigenen Erfahrungen
  • hilft bei spontanen Entscheidungen.

Nachteile:

  • Fehleranfälligkeit: kann zu vorschnellen Schlüssen führen (wenn sie mit anderen psychischen Inhalten vermischt wird)
  • lässt sich leicht mit anderen Gefühlen verwechseln
  • nur in Bereichen treffsicher, in denen wir über viel Erfahrung verfügen.

Am wichtigsten ist zunächst, ein Gefühl für die eigene innere Stimme zu entwickeln, denn dann kann sie auch nach außen authentisch wirken.

Isolde Schmidt-Voigt Sie unterstützt Menschen darin, die transformative Kraft ihrer Stimme zu erleben und zu lernen. Die Logopädin (B.Sc.), Dozentin an der Berufsfachschule für Logopädie IB MEDAU, professionelle Sängerin und Vocal Coach zeigt in ihren Workshops, wie die eigene Stimme in all ihren Ausprägungen besser genutzt werden und mithilfe gezielter Entspannungs-, Atem- und Wahrnehmungsübungen noch effektiver wirken kann, und was eine erfolgreiche Stimm- und Sprechtechnik ausmacht. Sie unterstützt Menschen darin, ihre natürliche Stimmlage zu finden, einen stabilen und vollen Stimmklang zu entwickeln und die Nervosität mit der richtigen Atemtechnik zu regulieren. Ihr Workshop "Dein Weg zur ausdrucksstarken Stimme" findet am 31. August von 10:00 - 17:00 Uhr im Gesundhaus i-Tüpferl in Steindorf statt (Anmeldung auf der Webseite). Gründerin und Geschäftsführerin Christine Bergmair legt Wert auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und ganzheitliche Ansätze. Gegen ihr Konzept gab es anfangs auch negative „Stimmen“. Inzwischen haben sich die therapeutischen und medizinischen Angebote jedoch gefestigt und etabliert, und „es ist ein Team zusammengewachsen, das Freude am Miteinander hat.“ Alles ist stimmig.

Weiterführende Informationen:

  • „Das Gesundhaus ist ein lebendiger Raum für zukunftsfähige Medizin und Gesundheit!“ Interview mit Christine Bergmair 
  • Roland Barthes: Die Körnung der Stimme. Interviews 1962–1980. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002.
  • Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.
  • Yuval Noah Harari: Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen. Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Wirthensohn. C.H.Beck, München 2017.
  • Alfons Schweiggert: Karl Valentin und die Musik. Allitera Verlag, München 2024.

Wer schreibt hier?

Dr. Alexandra Hildebrandt
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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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