Erfolgsfaktor Vertrauen: Dos and Don'ts beim Video-Vorstellungsgespräch
Video-Vorstellungsgespräche folgen eigenen Regeln: Wer im Interview via Zoom, MS Teams & Co. einen neuen Job erobern will, muss auch digital überzeugen. Fehlende Vorbereitung sowie unprofessionelle Aktionen hinterlassen eher Irritationen. Eine Beispiel-Szene: "Was Sie über mich wissen sollten: Ich bin teamfähig, belastbar, flexibel. Übrigens sorry, aber mein Mikrofon hat ständig einen Wackelkontakt. Sie fragen nach meiner Bewerbung? Sekunde, ich suche... also dieses Anschreiben war für Firma XY und jetzt habe ich die Unterlagen, die ich für Ihre Stellenausschreibung verwendet habe..."
Ob Bewerber:innen sich mit solchen Sätzen vertrauenswürdig im Video-Vorstellungsgespräch präsentieren? Wird man ihnen den Job zutrauen? Ehrlich gesagt, Schneefall im Sommer ist wahrscheinlicher! Doch wie kann eine glaubwürdige digitale Selbstdarstellung gelingen? Welche Fehler sind zu vermeiden? Schauen wir uns nachfolgend konkrete Erfolgsstrategien an.
Medienkompetenz beweisen
Mit der in Australien arbeitenden Tochter locker per Zoom plaudern? Dem besten Freund via Handy-Videotelefonat die neuen Sportgeräte zeigen? Klappt alles unkompliziert? Dann sollte auch das Video-Vorstellungsgespräch ein Kinderspiel sein!? Nun, der Teufel steckt im Detail. Vertrauenswürdig erscheinen Bewerber:innen beispielsweise dann, wenn die Angaben in den Bewerbungsunterlagen zum Verhalten im Video-Vorstellungsgespräch passen.
Ein Beispiel: Wer eindrucksvolle IT-Skills im Lebenslauf benennt, aber am Ende die Videofunktion im Gespräch nicht aktivieren kann, hat schlechte Karten. Fehler oder Probleme sind natürlich nie ausgeschlossen. Es kommt deshalb auch auf die Einstellung an: "Nun ja, mit neuer Technik stehe ich eh immer auf Kriegsfuß..." Ein Statement dieser Art wird wenig Beifall finden, insbesondere wenn der Arbeitgeber gerade den Schritt zum Industrie-4.0-Zeitalter gehen will.
Wer sich bei Adidas bewirbt, sollte keine Sportsachen von Nike oder Puma im Bildhintergrund zeigen
Sich vertrauenswürdig in Szene setzen
"Also, bei mir im Bildhintergrund mag es etwas unaufgeräumt wirken, aber da sollten Sie erstmal meine Küche sehen..." Nun ja, Humor ist wichtig im Leben, aber die Vorbereitung der Szenerie vom Video-Vorstellungsgespräch ebenfalls. Hierzu gehört: Marken bzw. Produkte aus dem Sichtfeld entfernen, die im Wettbewerb zum zukünftigen Arbeitgeber stehen. Für passendes Licht sorgen, das unsere Schokoladenseite zeigt. Ideal ist, direkt vor dem Fenster im nicht blendenden Sonnenlicht zu sitzen/stehen. Lichtquellen im Hintergrund sind wegen der Schattenwirkung weniger ratsam. Bitte vorab das Umfeld in der Wohnung informieren, um nicht gestört zu werden. Sollte trotzdem unerwartet die Tür aufgehen und der Teenager-Sohn nach seiner Spielkonsole fragen, dann bloß keinen hysterischen Wutausbruch vor laufender Kamera präsentieren. Das wirkt alles andere als vertrauenswürdig.
Professioneller Umgang mit Schwächen
"Um Excel mache ich stets einen großen Bogen, da bekomme ich ansonsten direkt Hautausschlag" ist vielleicht eine authentische Formulierung, aber nicht unbedingt überzeugend. Wenn im Video-Vorstellungsgespräch die Frage zu Misserfolgen, Fehlern bzw. Schwächen kommt, dann gilt es vorbereitet zu sein. Aber wie? Das Zauberwort lautet Struktur! Eine vertrauenswürdige Vorstellung einer beruflichen Schwäche verwendet eine überzeugende Erzählstruktur.
Empfehlenswerter ist dann folgende Variante: "Früher war Excel sicherlich eine Herausforderung für mich. Ich habe aber verstanden, dass es für bestimmte Aufgaben nützlich sein kann und deshalb eine Online-Weiterbildung dazu gebucht. Und nach Kurs-Abschluss möchte ich bei meinem Ehrenamt konkrete Projekt-Aufgaben mit Excel umsetzen..." Die vertrauenswürdige Erzählstruktur hat drei Worte: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.
Zusatzaufgaben kompetent bearbeiten
Nicht reden, machen! Vertrauenswürdig ist man im Video-Vorstellungsgespräch nicht nur durch überzeugende Formulierungen, sondern auch durch beindruckende Aktivitäten. Ein Beispiel: Personaler:innen wissen natürlich, dass man sich durch kluge Internet-Seiten oder Berater:innen intensiv vorbereiten kann. Aber wie gut der Bewerber bzw. die Bewerberin wirklich ist, das zeigt sich oft bei einer praxisorientierten Zusatzaufgabe. Und deshalb kann es durchaus passieren, dass in der Mitte vom digitalen Job-Interview die Formulierung kommt: "Gerne möchten wir Ihnen eine kleine Aufgabe stellen, die ideal zum Arbeitsalltag der ausgeschriebenen Position passt. Sie hätten ca. fünf Minuten Zeit zur Vorbereitung der Antwort." Hier kann man nun wirklich Flexibilität beweisen; im Gegensatz zur bloßen Erwähnung dieses Worts.
Und vor allem kann man bei dieser Aufgabe vielleicht kurz (wenn es die Zeitvorgabe erlaubt) die Medienkompetenz vertrauenswürdig belegen: Das erarbeitete Ergebnis nicht einfach nur nennen, sondern idealerweise mit einer übersichtlichen PowerPoint-Folie oder kleinen Excel-Tabelle präsentieren - das wirkt überzeugend!
Das Lächeln, das du aussendest, kehrt zu dir zurück.Indisches Sprichwort
Unser Körper: Spiegelbild der Seele
"Die wollen mich doch eh nicht. Und eigentlich ist die Stelle auch gar nichts für mich." Wer mit dieser Einstellung ins Video-Vorstellungsgespräch geht, wird vorhandene Zweifel auch mit der Körpersprache zeigen. Deshalb bitte als ersten Schritt mit sich selbst klären: Warum motiviert mich diese Stellenausschreibung? Was fasziniert mich an dieser Firma? Welche Kompetenzen kann ich im Job einsetzen? Worauf freue ich mich bei dieser Herausforderung?
Wer auf diesem Wege die innere Überzeugung im Sinne von "Yes, I can!" findet, wird auch die Gesprächspartner begeistern - verbal sowie nonverbal. Zur vertrauenswürdigen Körpersprache gehört beispielsweise: In die Kamera (nicht auf den Bildschirm) schauen und Augenkontakt herstellen, Schultern parallel halten, aufrecht stehen/sitzen sowie die Hände zur Unterstützung der Rede nutzen. Aber Vorsicht: Vertrauenswürdige Körpersprache erscheint nicht vorab einstudiert, sondern passt sich situativ an die Körpersprache des Gegenübers an. Spiegeln ist hierbei keine Kopie des Gesprächspartners, zeigt aber gewisse Ähnlichkeiten.
Dranbleiben
Das Gespräch ist zu Ende? Dranbleiben lautet jetzt das Motto. Nicht einfach erleichtert das Notebook zuklappen, sondern sich Gedanken machen: Wie kann man weiter im Austausch bleiben? Ein Beispiel: Eine E-Mail oder Xing-Nachricht formulieren und relevante Gesprächs-Inhalte nochmals hervorheben und durch neue, weitere Gedanken ergänzen. Im Sinne von: "Diese Frage hat mich auch im Nachhinein beschäftigt und mich an Konzept YZ erinnert, was sicherlich auch zu Ihrer innovativen Firmenstrategie passt..." Es gilt, menschlich motiviert sowie fachlich engagiert zu erscheinen. Gleichzeitig sollte man natürlich auch nicht zu aufdringlich wirken. Jeden Tag eine solche Nachfass-Mail zu versenden - dies ist alles andere als vertrauenswürdig.
Fazit: Schrittweise Vertrauen aufbauen
Vertrauen kann im Video-Vorstellungsgespräch in unterschiedlicher Weise aufgebaut werden. Das fängt beim Umgang mit der Technik und der Auswahl der Szenerie an. Die strukturierte Darstellung des eigenen Profils spielt ebenfalls eine Rolle. Die überzeugende Präsentation - beispielsweise bei Zusatzaufgaben - ist ebenfalls von Bedeutung. Und nicht zu unterschätzen sind Körpersprache sowie das Dranbleiben auf weiteren Kanälen, ob nun per E-Mail, Xing-Message oder Telefon. Vertrauen wird schrittweise aufgebaut und diese Stufen gilt es sorgfältig anzugehen.
Doch wie seht Ihr es? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht? Ich freue mich auf einen interessanten Austausch.