Es gibt keinen neuen Bewerbermarkt!
Hört auf, Bewerbern diesen Käse zu erzählen – ihr schürt nur toxische Arroganz!
Immer wieder lese ich Beiträge über den Arbeitnehmermarkt oder Bewerbermarkt**.** Er erzeugt bei so vielen (jungen) Menschen eine komplett falsche Erwartungshaltung.
Es stimmt: Es gibt Fachkräfte und Spezialisten, die händeringend gesucht werden. Das betrifft aber vielleicht gerade mal 20% der Beschäftigten. Hochspezialisierte, rare Leistungsträger und Top-Talente.
Für den großen Rest gilt weiterhin: Du suchst den Job – nicht der Job dich!
Wer sich noch immer bewerben muss, ist nicht im „Bewerbermarkt“
Sicher, das bedeutet nicht, dass nicht auch Arbeitgeber umdenken müssen. Schließlich wollen sie ihre Belegschaft halten, Leistungen und Motivation verbessern.
Aber das ist ein anderes Thema. Es ist das Thema „Zukunft der Arbeit“: Wie wollen wir künftig arbeiten? Was sind moderne, zeitgemäße Organisationsstrukturen? Wie sieht Führung von morgen aus?
Aber „Arbeitnehmermarkt“ oder „Bewerbermarkt“ suggeriert der Mehrheit, ihnen müsse permanent ein roter Teppich ausgerollt werden …
Das ist toxisch. Die Menschen werden besoffen von einer imaginierten Macht, die sie nicht haben. Das Ergebnis ist Überheblichkeit, die Bewerber auf der anderen Seite vom Pferd kippen lässt.
Trefft euch endlich wieder auf Augenhöhe
Ich sage es ganz klar: Bist du „Bewerber“ im Wortsinn, willst du etwas von einem anderen: nämlich einen Job (und ein Einkommen). In dem Fall fragst du nach, was andere anbieten. Bewirbt sich das Unternehmen nicht bei dir (durch Active Sourcing, Headhunter etc.), bleibt es ein Anbietermarkt – oder hier: Arbeitgebermarkt!
Nicht falsch verstehen: Ich bin komplett für Gespräche auf Augenhöhe. Auch ArbeitNEHMER haben etwas zu bieten und sind keine Bittsteller! Auf der Karrierebibel finden sich zig Artikel dazu, die die Position von Beschäftigten stärken. Ich schreibe seit 25 Jahren, dass Bewerber keine Bittsteller sind (schon während meiner Zeit bei der „Wiwo“ – und viele haben das übernommen).
Aber Bewerberarroganz ist keine Antwort**,** sondern eine Pervertierung. Das, was Bewerber bei vielen Arbeitgebern (zu Recht) anprangern, machen sie nun selbst. Und das kann nicht funktionieren.
Hört auf mit diesem Nonsens
Arbeitnehmer sollten sich auf Ihre Stärken, Erfahrungen, Alleinstellungsmerkmale fokussieren und dadurch locker selbstbewusst verkaufen (oder bewerben) können.
Arbeitgeber wiederum sollten Leistungen angemessen und fair bezahlen, Engagement und Ideen wertschätzen und die persönliche Entwicklung fördern.
Beide wollen etwas voneinander, beide haben einander so viel zu bieten. Sie treffen sich auf Augenhöhe, verhandeln und schaffen so einen Mehrwert, der größer ist als die Summe der Einzelteile.
Aber das Gefasel von irgendwelchen Märkten entzweit nur, schafft Barrieren, Missstimmung und Feindbilder, die weder gesund noch zielführend sind.