Dr. Alexandra Hildebrandt

Dr. Alexandra Hildebrandt

für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Gedankenreich, aber entscheidungsarm: Wie wir mit Kopf und Hand wieder ins Tun kommen

Nicole Simon
Musée Rodin, Paris

Um in der in der Lage zu sein, unsere Zeit zu verstehen und durch das eigene Handeln zu verändern, ist es dringlich, unabhängig und kritisch zu denken. 

Erst dann werden wir richtig entscheiden und handeln können - als Menschen der sachlichen Urteile und nicht der Vor-Urteile. Es geht heute um Kompetenz, Können und Meisterschaft, die dazu beitragen, die Herausforderungen unserer Zeit zu lösen. Hände vollziehen Handlungen, die auf die Welt zugreifen. Ihr erstes Merkmal ist ihre Offenheit gegenüber der Welt. Augen lassen sich täuschen - Hände nicht. Sie machen das Können sichtbar. Das Muster eines solchen Künstlers war für den Dichter Rainer Maria Rilke der französische Bildhauer Auguste Rodin, dessen Kunst sich "nicht auf eine große Idee aufbaut, sondern auf eine kleine gewissenhafte Verwirklichung, auf das Erreichbare, auf ein Können". Er sah in ihm den ernsten, gesammelten Arbeiter, der "tief wie ein Knecht" seinen Weg geht und sein tägliches Handwerk ausübt. Sein „Denker“ führt uns vor Augen, dass es eigentlich nicht ums Denken geht, sondern um den Wunsch und Willen, unbedingt zur Tat zu schreiten. 

Es geht auch heute um das pragmatische Anpacken im Hier und Jetzt und das richtige Entscheiden.

Leider können wir uns als Gesellschaft insgesamt immer seltener zu Entscheidungen durchringen. Psychologen sprechen gar von einer Entscheidungsparalyse (englisch analysis paralysis), die das übermäßige Analysieren einer Situation beschreibt, wodurch das Treffen einer Entscheidung herausgezögert oder verhindert wird. Vielleicht liegt es daran, dass Kopf und Bauch, Logik und Irrationales nicht mehr als Verbindung gesehen wird, die dafür sorgt, unsere Urteilsfähigkeit zu schärfen, um klare Entscheidungen zu treffen: Ist der Verstand eingeschaltet, zeigt sich, ob die vom Bauch ausgesendeten Signale gut und richtig sind. Wie wichtig die nachhaltige Verbindung von Emotionalität und Rationalität beim richtigen Entscheiden ist, zeigt sich auch beim Thema Spenden, Stiften oder bei sozialen Investitionen: Es wird häufig davon ausgegangen, dass sie vorwiegend von emotionalen Impulsen geprägt sind. Als Beweggründe für solches Handeln beschreiben Studien unter anderem die Bereitschaft, anderen zu helfen, die Absicht, mit großzügigem Verhalten die eigene Reputation zu verbessern, oder die Fähigkeit, die moralischen und materiellen Konsequenzen möglicher Handlungen zu berücksichtigen. 

Doch für rationalere philanthropische Entscheidungen (Nachweis von Effizienz, Effektivität und Relevanz der Arbeit der Organisation anhand von Prüfsiegeln) braucht es auch entsprechende Entscheidungsmodelle und gut aufbereitete Informationen. Hier zeigt sich, dass das Bauchgefühl auch eine rationale Angelegenheit ist, wenn es mit Klugheit, Informationen und Erfahrungswissen verbunden ist. In vielen Entscheidungssituationen kann das Bauchgefühl weiterhelfen. Befragungen des Herausgeberbandes „Bauchgefühl im Management“ ergaben, dass es Sinn macht, Entscheidungen erst einmal zu überschlafen. Denn während des Schlafes ist das Gehirn sehr aktiv und kombiniert die Informationen und Erlebnisse des Tages. Viele gute Lösungen hätte es im Wachzustand nicht gegeben. Bauchentscheidungen sind auch ein Forschungsgegenstand des Psychologen Gerd Gigerenzer. Er trainierte Menschen darin, richtige Entscheidungen zu treffen und stellte fest, dass es Managern häufig schwerfällt, vor anderen Menschen zuzugeben, dass sie ein Bauchgefühl haben. Er bestätigt auch, dass gerade bei komplexen Sachverhalten unsere Bauchentscheidungen deutlich besser als rationale Entscheidungen sind. Sie lassen sich sogar „trainieren", indem damit begonnen wird, mehr auf die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu achten.

Weiterführende Informationen:

  • Nicole Simon: Fotografieren mit Herz und Verstand: „Wer denken will, muss fühlen“. In: Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.
  • Alexandra Hildebrandt und Alfons Schweiggert: Tun statt reden! Warum wir eine Kultur des Machens brauchen. Kindle Ausgabe 2022.

Wer schreibt hier?

Dr. Alexandra Hildebrandt
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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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