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Durch Zufall einen neuen Job bekommen? Dieser Erfolgsfaktor lässt sich kultivieren - © Hinterhaus Productions/Getty Images

Glück als Strategie: Warum Zufälle manchmal besser sind als ein perfekter Plan

Unser Leben ist oft voller unerwarteter Ereignisse, die unseren sozialen Alltag erweitern und neue berufliche Möglichkeiten schaffen können. Wie erfolgreiche Menschen den Zufall für ihren Karriereweg nutzen, zeigen die folgenden drei Erkenntnisse.

Als Shaa Wasmund während ihres Studiums einen Wettbewerb des Magazins „Cosmopolitan“ gewann, bei dem sie als Preis ein Interview mit dem britischen Boxweltmeister Chris Eubank führen durfte, wusste sie noch nicht, dass dieser Wettbewerb zu einer Karriere als führende PR-Beraterin und einem „Orden des Britischen Weltreiches“ (MBE) führen sollte.

Während des Interviews verstanden sich Wasmund und Eubank so gut, dass er ihr unerwarteterweise anbot, seine Öffentlichkeitsarbeit zu leiten. Sie nahm das Angebot an und machte im Laufe der Jahre eine äußerst erfolgreiche Karriere in der Box-PR – und das, obwohl sie zu Beginn keine Erfahrung in diesem Bereich hatte. Später gründete sie ihre eigene PR-Firma in London. Alles purer Zufall? Mitnichten.

Denn unsere Forschung an der London School of Economics (LSE) und der New York University (NYU) zeigt, dass „Serendipität“, also das unerwartete Glück, das sich aus ungeplanten Momenten ergibt, oft entscheidend für den Karriereerfolg ist. Viele der erfolgreichsten Menschen sind, bewusst oder unbewusst, in der Lage, den Zufall aktiv für ihre Ziele zu nutzen.

Was machen diese Menschen anders? Und wie können wir selbst Serendipität für unsere Karriere nutzen? Die Antwort auf diese Fragen lieferte der französische Wissenschaftler Louis Pasteur schon im 19. Jahrhundert: „Der Zufall trifft nur den vorbereiten Geist.“ Hier sind deshalb drei Erkenntnisse, wie wir alle den Erfolgsfaktor Zufall kultivieren können.

Erkenntnis 1: Schaffe Serendipitätsauslöser

Eine einfache Möglichkeit, um die Kunst des glücklichen Zufalls zu kultivieren, sind Serendipitätshaken**.** Diese Haken helfen, zufällige Überschneidungen mit anderen Menschen zu finden. Wenn beispielsweise Oli Barrett, ein in London ansässiger Unternehmer, gefragt wird: „Was machen Sie beruflich?“, sagt er in etwa: „Ich liebe es, Menschen zu verbinden, bin im Bildungssektor tätig und habe vor Kurzem angefangen, über Philosophie nachzudenken. Aber was mir wirklich Spaß macht, ist das Klavierspielen.“ Diese Antwort enthält vier Haken: eine Leidenschaft (Menschen zu verbinden), eine Berufung (Bildung), ein Interesse (Philosophie) und ein Hobby (Klavierspielen).

Würde er lediglich antworten: „Ich bin im Bildungswesen tätig“, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass zufällige Überschneidungen entstehen, recht gering. Indem er jedoch mehrere potenzielle Serendipitätsauslöser anbietet, erhöht er die Wahrscheinlichkeit, dass das Gegenüber mit etwas wie: „Was für ein Zufall! Ich habe gerade darüber nachgedacht, eine Community zu gründen, die Menschen miteinander verbindet. Lassen Sie uns reden!“, antwortet.

Es ist natürlich einfacher, Haken zu setzen, wenn wir uns im Klaren darüber sind, was uns zurzeit wichtig ist – beispielsweise eine Leidenschaft, eine Neugierde, oder eine Idee, die für uns und andere relevant sein könnte. Das Gute an dieser Methode: Sie funktioniert beinahe überall – in Meetings, auf großen Veranstaltungen, auf Konferenzen oder im Privaten.

Erkenntnis 2: Zeige Deine Verwundbarkeit

Vier Jahre arbeitete die ecuadorianische Erzieherin Michele Cantos in New York im gemeinnützigen Sektor und unterstützte aufstrebende Studierende aus einkommensschwachen Verhältnissen. Dann beschloss sie, ein paar Monate in ihr Heimatland zu reisen und sich Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Nach ihrer Rückkehr schickte sie eine E-Mail an etwa hundert Bekannte, in der sie neben ihrer Rückkehr verkündete, dass sie auf der Suche nach neuen Karrierewegen sei.

Die meisten wünschten Michele schlicht alles Gute, doch eine Bekannte reagierte anders. Sie hatte gerade einen Bewerbungsmarathon bei einem Technologieunternehmen hinter sich und sich schließlich für einen anderen Job entschieden. Allerdings hatte sie bei dem Unternehmen einen so guten Eindruck hinterlassen, dass das Recruiting-Team sie fragte, ob sie jemanden kenne, der für die Stelle infrage käme.

Ihr war sofort klar, dass Michele die perfekte Besetzung wäre – und wusste auch, dass Michele selbst alte Pfade verlassen wollte. Das Empfehlungsmarketing der Freundin in Kombination mit Micheles Enthusiasmus überzeugten das Recruiting-Team, und so wurde ihr die Stelle angeboten. Ohne Erfahrung in der Technologiebranche hätte sich Michele wahrscheinlich nie auf diese Stelle beworben. Die Aufgabe schien so komplett anders zu sein als alles, woran sie vorher gearbeitet hatte – allerdings hatte eine andere Person für sie „gesehen“, dass ihr Skillset auch in einem anderen Kontext angewandt werden könnte. So unerwartet wie zunächst vermutet, war das Angebot also doch nicht.

Erkenntnis 3: Vertraue Deinem inneren Kompass

Wer hat nicht schon einmal seinen Lebenslauf so präsentiert, als sei das Leben ein kohärenter, rational organisierter Plan? Unsere Umwelt suggeriert uns, dass wir stets „alles unter Kontrolle haben“ müssen – obwohl wir wissen, dass das faktisch kaum möglich ist. Erst wenn wir uns von dieser Illusion verabschieden, wird Serendipität möglich. Untersuchungen zeigen, dass inspirierende Führungskräfte oft ein Gleichgewicht zwischen Orientierungssinn und Wertschätzung des Unerwarteten herstellen können.

Der ehemalige CEO von Unilever, Paul Polman, widmet sich beispielsweise einer Vielzahl von Projekten, die ihm unerwartet begegnen. Aber er wählt diese Projekte immer mit Blick auf seinen persönlichen Purpos****e aus: Menschen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können. Unsere Forschung zeigt, dass ein guter Kompass, ein Gefühl für die richtige Richtung – seien es Werte, einen Nordstern oder unumstößliche Prinzipien – sehr effektiv sein kann, um positive Zufälle anzuziehen und entsprechend zu filtern.

Ein Beispiel ist Waqas Baggia. Er arbeitete im Einzelhandel und hatte sich bei verschiedenen Unternehmen beworben und ein halbes Dutzend Vorstellungsgespräche absolviert, wobei er es nie in die Endauswahl geschafft hatte. Seine Freunde fragten ihn immer wieder, warum er so hart arbeitete. Sein Prinzip sei, antwortete er, dass er alles, was er tat, mit ganzem Herzen tat.

Eines Tages half er wie üblich einem Kunden mit großem Enthusiasmus. Beeindruckt erkundigte sich der Kunde nach seinem Werdegang, und Waqas erzählte ihm, dass er diesen Job nur ausübe, bis er eine Stelle im Verkauf von Luxusautos gefunden habe. Zufälligerweise hatte Waqas den Geschäftsführer eines Autohauses vor sich – und der bot Waqas sofort ein Vorstellungsgespräch an. Waqas wurde daraufhin der erste Verkaufsberater ohne Erfahrung im Kfz-Verkauf, den das Autohaus einstellte.

Blindes Glück versus aktives Glück?

In allen von mir geschilderten Fällen geht es nicht um „blindes Glück“ (wie beispielsweise in eine gute Familie hineingeboren zu werden – darauf basiert sehr viel soziale Ungerechtigkeit!). Es geht um das „aktive Glück“, den Erfolgsfaktor Zufall, der das Leben sinnstiftend machen und das Unerwartete von einer potenziellen Bedrohung in eine Quelle von Möglichkeiten verwandeln kann.

Jeder verpasste Flug oder Spaziergang im Park wird zu einer Chance – für ein Treffen mit einem Investor, eine Freundschaft, ein neues Interesse, einen neuen Job. Sobald wir das realisieren, könnte die Antwort auf die Frage „Was mache ich mit meinem Leben und meiner Karriere?“ in etwa lauten: „Ich richte mich auf den Zufall ein!“

Mehr dazu erfährst du in dem Buch „Erfolgsfaktor Zufall: Wie wir Ungewissheit und unerwartete Ereignisse für uns nutzen können" (Murmann Publishers, 2023).

Quellen

  • Busch, C. 2023. Erfolgsfaktor Zufall: Wie wir Unsicherheit und unerwartete Ereignisse für uns nutzen können. Hamburg: Murmann Verlag.

  • Busch, C. 2022. Towards a theory of serendipity. Journal of Management Studies, in press.

  • Busch, C. 2020. How to create your own career luck. Harvard Business Review.

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Ich freue mich auf Deine Serendipity-Geschichte!

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Prof. Dr. Christian Busch schreibt über Job & Karriere, Wirtschaft & Management, Serendipity & Glück, Lebenswertes

Prof. Dr. Christian Busch ist der Autor des Manager Magazin Bestsellers 'Erfolgsfaktor Zufall' ("lebensverändernd"; Arianna Huffington). Er lehrt an der University of Southern California und der LSE, ist Mitgründer von Leaders on Purpose und Sandbox Network und ein Mitglied des WEF Expertenforums.

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