Im Netzwerk der Kommunikation: Was uns Pflanzen zu sagen haben
Das Wurzel Wide Web
Durch Kommunikation entsteht Verbindung miteinander - das gilt nicht nur für Menschen und Tiere, sondern auch für Pflanzen, die sich über ihre miteinander vernetzten Wurzeln in der Erde sowie über chemische Duftstoffe in der Luft austauschen. Über ihre Wurzeln und den damit verbundenen Fäden des Pilzgeflechts sind sie in einem großen Netzwerk miteinander verbunden. Der amerikanische Mykologe Paul Stamet sieht darin ein natürliches Internet. Andere bezeichnen das Pilzgeflecht, das Bäume vernetzt, als Wood Wide Web.
Doch nicht nur Bäume vernetzen sich mit Pilzen, sondern auch Blumen, Gräser, Kräuter und andere Pflanzen. Die Diplom-Biologin Bärbel Oftring bezeichnet dies eher als Wurzel Wide Web, in dem verschiedene chemische Substanzen „kursieren“, die wie eine E-Mail bestimmte Informationen enthält. „Wird es trockener oder heißer, so warnen abgegebene Stress-Botenstoffe davor, fallen Krankheitserreger oder Schädlinge ein, so erfahren das über bestimmte Botenstoffe auch die anderen Pflanzen. Über das Pilz-Wurzelnetzwerk warnen sich die Pflanzen durch chemische Substanzen und elektrische Wellen gegenseitig vor Schädlingen und Krankheiten. Über chemische Kommunikation weiß jede Pflanze ganz genau, was in ihrer Umgebung los ist“, schreibt sie in ihrem Buch „Im Garten ist es niemals still“. Die wichtigste Kernaussage lautet: Wer die Sprache der Pflanzen versteht, kann auch besser für sie sorgen.
Eine Grundvoraussetzung für Kommunikation ist Feinfühligkeit.
Während ihres Biologiestudiums verband Oftring Pflanzen mit Auswendiglernen von komplexen Bestimmungstabellen oder Stoffwechselzyklen von Fotosynthese und Co. Heute hat sie einen anderen Blick darauf und betrachtet Pflanzen als feinfühlig wahrnehmende Lebewesen, die auch dazu beitragen, unsere Empathie zu fördern, indem wir in Kontakt mit ihnen treten. Viele Menschen lernen die grünen Oasen wieder mehr in der Corona-Krise zu schätzen: Der Aufenthalt in der Natur ist entspannend und stärkt das Immunsystem. Da das Reisen nicht möglich ist, wird in den eigenen Garten investiert. Aber auch auf Terrasse und Balkon wird fleißig gegärtnert – vor allem nachhaltig. Besonders beliebt sind deshalb
Bio-Pflanzsets. So besteht das Pflanzentöpfchen für die Bio-Zwergsonnenblume zu 70 % aus Reishülsen. Die Blume kann deshalb samt Topf ins Erdreich umgetopft werden, wo sich dieser auflöst. Das Bio-Blumensaatgut entsteht ohne Einsatz von Kunstdünger, Pflanzenschutzmitteln oder Gentechnik (Quelle: memolife).
Der bengalische Philosoph und Nobelpreisträger Rabindranath Tagore (1861-1941) prägte den vielzitierten Satz: „Dumme rennen, Kluge warten, Weise gehen in den Garten.“
Menschen mit einem grünen Daumen berühren ihre Pflanzen regelmäßig, sie streifen über die Blätter oder sehen sich auch deren Unterseite genau an. Durch diese Berührungen werden auch die Abwehrkräfte der Pflanzen gegen Insekten und Pilzkrankheiten gestärkt, sagt Bärbel Oftring. Das Faszinierende an Pflanzen ist für sie die Tatsache, dass sie Licht wahrnehmen ohne Augen, dass sie Gerüche ohne Nase und Geschmacksstoffe ohne Zunge erkennen, dass sie vernehmen Schallwellen ohne Ohren erkennen und ohne Finger tasten können. Pflanzen messen den Feuchtigkeitsgehalt im Boden und sind so zuverlässig wie Messgeräte. Sie nehmen elektrische Felder und die Schwerkraft wahr und wissen genau, wo oben und wo unten ist.
Ein neues Bodenbewusstsein ist notwendig und überfällig.
Pflanzen haben auch ein im Boden befindliches Immunsystem und können viele verschiedene Krankheitserreger erkennen. Fruchtbare Böden sind deshalb lebenswichtig. Ohne ihren Schutz ist es nicht möglich, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten sowie den Verlust der Biodiversität zu stoppen. Ihr Schutz der Böden ist eine globale Aufgabe. Allerdings kann auch jeder Einzelne etwas tun (z. B. organische Düngung mit Kompost, Gründüngung, Hornspänen und ähnlichen organischen Substanzen, Verzicht auf den Einsatz von Herbiziden und Insektiziden). Auch auf den richtigen Dünger sollte geachtet werden. Der in Deutschland hergestellte KleePura Bio-Dünger ist weltweit der erste mit Naturland-Zertifizierung. Der Dünger aus Bio-Klee ist für alle Pflanzenarten, Obst, Gemüse, Kräuter und Blumen geeignet. Der Bio-Dünger ist frei von Schlachtabfällen und Reststoffen der konventionellen Lebensmittelindustrie (Quelle: memolife).
Für Blumenbeete, Gemüsegärten oder Kräuterspiralen sollte möglichst auf hochwertige torffreie Erde in Bio-Qualität zurückgegriffen werden. Im Gegensatz zu herkömmlicher Erde, die zu 80 bis 90 Prozent aus dem wertvollen Rohstoff besteht, wird kein Torf benötigt. Es müssen keine Moore trockengelegt werden, und wichtige Ökosysteme und Lebensräume seltener Tiere und Pflanzen werden nicht zerstört. Schädlich ist der Torfabbau auch für das Klima, denn dabei wird das in den Mooren gespeicherte Klimagas CO2 in großen Mengen freigesetzt. „Ohne einen lebendigen Boden können wir nicht existieren, geschweige denn überleben. Wem dies klar ist, der bringt dem Boden mehr Achtung entgegen“, schreibt Bärbel Oftring, die sich in ihrem Buch mit globalen Herausforderungen, unserem Überleben in Gegenwart und Zukunft sowie den damit verbundenen Lösungen befasst. Um sie zu finden, müssen wir zuerst lernen, die Welt der Pflanzen zu verstehen.
Weiterführende Informationen:
Bäume als Gesundmacher: Das geheime Netzwerk der Natur
Unsere Wurzeln: Warum wir zusammenhängende Stoffgeschichten brauchen
Samen der Vergangenheit und Früchte der Zukunft: Grundlagen unserer Ernährungssouveränität
Bärbel Oftring: Im Garten ist es niemals still. Franck-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, Stuttgart 2020.
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gartenzeit: Wie wir Natur und Kultur wieder in Gleichklang bringen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. SpringerGabler Verlag. Heidelberg, Berlin 2020.