Judith Williams über nachhaltiges Management und Unternehmertum
Viele Jahre „wurde Emotionalität aus dem Management retuschiert“, sagt die Unternehmerin Judith Williams. Es durften keine Gefühle gezeigt werden. „Pokerface und Manipulation herrschten vor, Authentizität war zu verstecken.“ Die Einsicht, dass die Wirtschaft nicht allein von den klassischen Produktionsfaktoren lebt, ist in den letzten Jahren gewachsen. Inzwischen werden auch die wahren Emotionen der Mitarbeiter gebraucht. Etwas zu scheinen, das frau nicht ist, ist Judith Williams zu anstrengend. Deshalb sollte Eitelkeit im Beruf nur wenig Raum einnehmen. Gerade im Geschäftsleben gilt es, beherzt anzupacken und auch einmal über sich selbst lachen zu können. Eine wichtige Eigenschaft ist es auch, authentisch statt doppelzüngig zu sein, denn dies verleiht Glaubwürdigkeit.
Nur wer verantwortungsvoll und authentisch ist, schafft Vertrauen.
Auch wenn harte Verhandlungen anstehen, so hat es sich Judith Williams zur Regel gemacht, mit ihrer Haltung, dem Ton und der Art und Weise des Miteinanders das Treffen so angenehm und wertschätzend wie möglich zu gestalten: „Wir haben alle nur eine bestimmte Zeit auf dieser Welt, die kann ich angenehm verbringen oder eben nicht.“ Für sie ist es außerdem vorbei mit dem typischen Manager-Motto: „Hau den Leuten auf den Kopf.“ Ihre Erfahrung ist, dass Menschen mit Wertschätzung wesentlich besser motiviert werden können als mit Geld.“ Ihren Erfolg hat sie auch der eigenen Selbstreflexion zu verdanken. Immer wieder fragt sie sich: Wo stehe ich? Wer bin ich? Wie kann ich mich selbst wertschätzen?
Judith Williams wurde am 18. September 1971 in München als Tochter eines Opernsängers geboren. Bereits im Alter von vier Jahren stand sie mit ihm gemeinsam auf der Bühne. Später studierte sie klassischen Gesang in Köln und Ballett in London, hatte zahlreiche Auftritte und Rollen in Musicals und Opernstücken (u. a. in “West Side Story” und “Die Zauberflöte”). 1995/96 wurde sie als festes Ensemblemitglied am Theater Hagen engagiert. Mitte der neunziger Jahre wurde sie wegen einer Tumorerkrankung mit Hormonen behandelt, was ihre Stimme stark beeinträchtigte, und sie ihre Karriere als professionelle Sopranistin beenden musste. Beim Teleshopping Kanal QVC übernahm sie als Verkaufs-Moderatorin die “Morning Show”. Als Geschäftsführerin der Judith Williams GmbH und Mehrheitseigentümerin der CURA Marketing GmbH in Innsbruck beschäftigt sie mittlerweile rund 160 Mitarbeiter, davon 80 Prozent Frauen. Judith William ist auch Schirmherrin für „Unternehmerinnen der Zukunft“.
Bekannt ist sie vor allem als Investorin aus der VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“, wo Startups und Erfinder ihre Produkt- und Geschäftsideen einer prominenten Jury (den Löwen) in der Hoffnung auf einen lukrativen Deal vorstellen. 2013 erschien ihre Autobiografie “Stolpersteine ins Glück: Die Queen des Teleshoppings und ihr Weg an die Spitze”, 2018 folgte die Biografie “Wenn Träume fliegen lernen”. Sie ist verheiratet mit dem Medienmanager und Schauspieler Alexander-Klaus Stecher und Mutter zweier Töchter.
Nachhaltig wirksame Führungskräfte wie Judith Williams scheuen sich in der Regel auch nicht davor, zuzugeben, dass sie sie aufgrund der zunehmenden Komplexität und Ungewissheit vor allem auf ihr Bauchgefühl besinnen, das in kritischen Situationen und bei der Entscheidungsfindung wesentlich ist.
Das Bauchgefühl ist allerdings auch umstritten.
"Wollen Sie mit einem Verdauungsorgan über Millionendeals entscheiden?", spottete Matthias Raith im manager magazin. Auch wenn die Frage überzogen ist – eine Garantie, dass man mit seinem Bauchgefühl immer richtig liegt, gibt es nicht, weil es sehr emotionsgeladen ist und deshalb fehleranfällig sein kann. Wer Experte in Gebiete eindringt, in denen er kein Fachmann ist, kann es geschehen, dass sich fachliche Unerfahrenheit, Selbstüberschätzung und Begeisterung negativ auswirken. Treffsicher ist ein Mensch vor allem in den Bereichen, in denen er über viel Erfahrung verfügt. Diese Erfahrung musste auch Judith Williams machen: Anfang 2019 nahm sie als Kandidatin beim Promi Special der RTL-Quizshow “Wer wird Millionär?” teil und schlug sich bis zur 500.000 Euro Frage durch. Bis dahin hatte sie stets die richtigen Entscheidungen getroffen. Deshalb wollte sie sich auch diesmal auf ihr Bauchgefühl verlassen – doch sie scheiterte, und der Gewinn schmälerte sich von einer halben Million Euro auf 500 Euro. Dieser Moment war für sie furchtbar, denn das Geld sollte an einen guten Zweck gespendet werden. Sie übernahm Verantwortung und versprach, ihren persönlichen Gewinn aus ihrem Buch „Wie Träume fliegen lernen“ an den RTL-Spendenmarathon zu spenden.
Emotionalisierung der Nachhaltigkeit
Für ihr soziales Engagement ist die Unternehmerin bekannt, deshalb war es ihr auch wichtig, kürzlich bei einem Besuch in Rödinghausen beim Küchenmöbelhersteller Häcker über verschiedene Projekte zu sprechen, für die sich das Unternehmen seit Jahren einsetzt - von der Schule in Sierra Leone bis zum regionalen Insektenschutz. Gegründet wurde das Unternehmen von Herman Häcker im Jahre 1898. Derzeit werden über 60 Länder auf allen Kontinenten mit Häcker Küchen beliefert. Wie ihre Gesprächspartner war auch Judith Williams der Meinung, dass das Thema Nachhaltigkeit heute auf die Prioritätenliste aller Unternehmen gehört. Dies fördert nicht nur Werte, sondern auch ihre Wertschöpfung. Voraussetzung ist allerdings eine transparente und nachvollziehbare Kommunikation. Dabei geht es um eine glaubwürdige und ehrliche Vermittlung konkreten und verantwortlichen Handelns.
Die Münchnerin war in Rödinghausen, um für sich für das eigene Haus eine neue Küche auszusuchen. Im Rahmen eines Ausstellungsbesuchs wurden ihr Küchentrends und technische Innovationen erläutert sowie konkrete Planungsideen besprochen. Beeindruckt war sie von der besonderen Inszenierung der Häcker Küchenausstellung, denn „jede Küche erzählt eine eigene Geschichte. Hier möchte man sofort einziehen und loslegen“. Auch das Thema Nachhaltigkeit wird hier emotionalisiert, indem beispielsweise eigene Räume dafür geschaffen werden auf der Hausmesse. Auch im Werben um die besten Mitarbeiter und externen Partner werden Unternehmen wie das von Judith Williams und dieser Familienbetrieb, deren Kerngeschäft als nachhaltig gilt, künftig eine Vorreiterposition einnehmen.
Weiterführende Informationen:
Laura Kutsch: Die Stimme aus dem Inneren
Gisela Rehm: Nachhaltigkeit braucht Markenkraft. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020, S. 223-235.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.