Keine Angst vor Lücken im Lebenslauf
Ein großer Mythos bei Bewerbungen lautet: Der Bewerber darf keine Lücken im Beschäftigungsverlauf haben und die einzelnen Stationen müssen akribisch mit Angabe von Start- und Enddatum aufgelistet werden. Zeiten ohne Anstellung oder sehr kurze Stationen gelten sonst als Makel.
Wer wie ich tagein tagaus mit Führungskräften der obersten Ebenen zu tun hat, weiß, dass „Lücken“ ganz normal sind. Ein Geschäftsführer, der kurzfristig freigestellt wird und in einem Markt mit geringem Angebot eine adäquate Führungsposition sucht, bekommt in den wenigsten Fällen eine direkte Anschlussbeschäftigung. Denn passende Führungspositionen sind eher rar gesät.
Und mal abgesehen vom geringen Angebot: Viele Top-Manager brauchen erst einmal zeitlichen Abstand von der vorherigen Aufgabe, von der Enttäuschung, von einen auf den anderen Tag freigesetzt worden zu sein. Oftmals sind Frust und Erschöpfung so groß, dass die Energie fehlt, um direkt was Neues zu suchen. Zumal die meisten vollkommen aus der Übung sind, sich zu bewerben. Dementsprechend treffen viele Job-Suchende in ihren Vorstellungsgesprächen auf „Seelenverwandte“: ihr Gegenüber kennt diese Krisensituation, in der man sich nach einem Rausschmiss oder einer Freistellung befindet.
Lassen Sie sich also nicht einreden, eine Lücke im Lebenslauf sei ein K.O.-Kriterium. Und lassen Sie sich nicht beirren, wenn der Personalleiter oder Personalberater provokativ kommentiert: „Warum haben Sie denn sechs Monate nach ihrer Freistellung immer noch nichts gefunden? Da entsteht aber eine ganz ungünstige Lücke in Ihrem Lebenslauf!“
Aus meiner Sicht sind das Wichtigste am Lebenslauf Ihre Aussagen zu Ihren Ihren Verantwortungen sowie vor allem Ihren erzielten Erfolgen. Daher sollte ein Lebenslauf zu jeder Station - ganz egal wann und wie lange sie war - die Fragen beantworten: Was für ein Unternehmen war der Arbeitgeber (Branche, Umsatz, Mitarbeiter, Marktanteile)? Welche Funktion hat der Bewerber dort erfüllt? Welche primären Aufgaben hatte er? Mit welcher Umsatz-, Budget- und Mitarbeiterverantwortung? Und insbesondere welche Erfolge hat er in genau dieser Funktion für das Unternehmen erreicht? Die Einführung eines neuen Produktionssystems ist nicht per se ein Erfolg, wenn danach die Liefertermine außer Kontrolle geraten sind. Das Outsourcing der Buchhaltung nach Indien kann zwar Kosten sparen, aber zu gefährlichen Risiken führen. Nachgewiesene Erfolge – nicht lückenlose Beschäftigungsdokumentation - stellen Nutzen für zukünftige Arbeitgeber dar. Mit diesen Aussagen bekommt der Adressat – also das Unternehmen – genau die Informationen, die für eine Einladung zum Gespräch relevant sind. Denn ein Unternehmen will mit der Einstellung eines neuen Mitarbeiters zusätzlichen Erfolg realisieren. Und dafür sind bereits erzielte Erfolge des Bewerbers die beste Referenz.
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