Eher tabu als ein Thema: Wie Unternehmen mit den Wechseljahren umgehen
Jahrzehntelang wurde über das Thema Wechseljahre geschwiegen – der Verlust der Fruchtbarkeit ist schambehaftet. Mittlerweile äußern sich immer mehr Frauen in Büchern, TV-Beiträgen und auf Social Media offen zu ihren Erfahrungen in der Lebensmitte.
Worüber nicht mehr geschwiegen wird: Die meisten Frauen sind im Laufe ihres Lebens von Wechseljahresbeschwerden betroffen. Zu den körperlichen Symptomen wie Haarausfall, Hautrötungen, Herzrasen oder Hitzewallungen, die den hormonellen Wandel begleiten, kommen oft noch weitere Veränderungen hinzu: Die Kinder gehen aus dem Haus, jüngere Frauen verdrängen ältere bei der Arbeit – der Mann sucht sich eine jüngere Partnerin.
Leider ignorieren, unterschätzen oder tabuisieren viele Arbeitgeber das Problem noch immer – mit negativen Folgen für die betroffenen Frauen. In einer gemeinsamen Umfrage für die Arbeitgeber-Vergleichsplattform kununu und das gemeinwohlorientierte Unternehmen the-change.org hat das Marktforschungsinstitut Bilendi 1.035 Personen mit Personalverantwortung befragt. (Die Untersuchung wurde wissenschaftlich begleitet von Dr. Jennifer Chan de Avila von der HTW Berlin, Mitautorin des Buches „Wechseljahre am Arbeitsplatz“, das 2025 erscheint.) Die Studie zeigt, wo Handlungsbedarf besteht und wie die verschiedenen Perspektiven für den gesellschaftlichen Dialog über Wechseljahre aktiviert werden können.
Die zentralen Ergebnisse
- Für 58% der Befragten ist es „sehr wichtig“, Frauen im Alter zwischen 40 und 55 zu halten und zu fördern, für weitere 29% „eher wichtig“.
- 59% halten es für eine Führungsaufgabe, sich „gezielt“ um Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren zu kümmern. Als Haupthindernis für die Einführung von entsprechenden Maßnahmen identifizieren 49% die Wahrnehmung des Themas als „Privatangelegenheit“. 42% geben ein „mangelndes Bewusstsein im Unternehmen“ und 32% ein „fehlendes Wissen zur Umsetzung“ an.
- Ein großer Teil berichtet, dass ihr Unternehmen im Hinblick auf Frauen im Alter zwischen 40 und 55 Jahren vor Herausforderungen steht – vor allem bei den Themen Stundenreduzierung (32%), erhöhter Bedarf an flexiblen Arbeitsregelungen (25%) sowie schwankende Gesundheit (22%) und längere Abwesenheitszeiten – etwa durch Burn-out (21%).
- 32% der befragten Personalverantwortlichen betrachten das Thema Wechseljahre in ihrem Unternehmen als „tabuisiert“ – auch im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM).
- In 74% der befragten Unternehmen gibt es aktuell keine Maßnahmen, um Frauen in den Wechseljahren zu unterstützen. Nur 7% tun nach eigener Auskunft „viel“, um Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
- Auch fürs Recruiting könnte diese demografische Gruppe künftig wichtiger werden: Menschen im Alter zwischen 40 und 59 Jahren stellen die größte Bevölkerungsgruppe in Deutschland dar. Unter ihnen sind etwa 11,2 Millionen Frauen.
- Mit Mitarbeiterinnen zwischen 40 und 55 verbinden die Befragten besondere Stärken wie „Reife und Professionalität“ (50%), „Erfahrung“ (50%) oder „Loyalität und Beständigkeit“ (49%).
- 43 % der Befragten geben an, dass es wenig bis gar kein Wissen im Unternehmen zu den mit den Wechseljahren verbundenen Herausforderungen gibt.
Was Unternehmen tun können
- Förderung von Age-Diversity
- Schaffung einer unterstützende Arbeitsumgebung für betroffene Frauen
- Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit zu den Wechseljahren
- Aufnahme in das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM)
- Entwicklung von Unterstützungsstrategien für Frauen
Die Wechseljahre sind ein gesamtgesellschaftlich relevantes Thema
Es betrifft nicht nur Frauen, sondern auch ihr gesamtes persönliches und berufliches Umfeld - und damit die Gesellschaft. Und darum ist es nicht die alleinige Aufgabe der Politik, die Aufklärung über die Menopause voranzutreiben. Ärzte, Krankenkassen und vor allem Arbeitgeber sind genauso gefordert.Die Wechseljahre sollten auch als Teil von Transformationsprozessen betrachtet werden, in denen sich Unternehmen befinden.
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