Klimaziele: In welchen Stadien der Energiewende befinden sich die EU-Länder?
Der Klimazielplan 2030 der EU sieht vor, die Treibhausgasemissionen (THG) bis 2030 um mindestens 55 % unter das Niveau von 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu sein. Wichtige Säulen der Energiewende in der EU sind die Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe und die Förderung erneuerbarer Energiequellen.
Die Klimaziele könnten wesentlich schneller erreicht werden, wenn …
- sich die Mitgliedstaaten auch im Bereich Energietechnologien besser austauschen würden.
- alle dafür nötigen politischen Maßnahmen und Rechtsvorschriften durch die EU (z. B. vereinfachter Zugang zu Fördermitteln für grenzüberschreitende Projekte) eingeführt werden
- die politische Debatte über CO2-Emissionen und Energiequellen durch Fakten statt von Ideologien geprägt ist
- empirische Daten für Kosten-Nutzen-Analysen einzelner Energieträger vor politischen Entscheidungen systematisch gesammelt werden.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Energy structure and carbon emission: Analysis against the background of the current energy crisis in the EU‟ der WHU – Otto Beisheim School of Management und der China University of Geosciences. Prof. Dr. Mei Wang, Inhaberin des Lehrstuhls für Behavioral Finance an der WHU und Co-Autorin der Studie, sieht in einem solchen Austausch enormes Potenzial für einen schnelleren Weg zu effektivem Klimaschutz: „Da es im Binnenmarkt keine Handelsgrenzen zwischen den Mitgliedsstaaten gibt, kann der Transfer von Energietechnologien, technischem Personal und finanziellen Ressourcen effizient beschleunigt werden.“ Hersteller effizienter Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energien könnten ihre Anlagen leichter Nachbarländern zugänglich machen, in denen sich ähnliche geographische Bedingungen finden. Auch könnte technisches Personal im Ausland geschult werden, oder Fachkräfte unterstützen in benachbarten Regionen innerhalb der EU dabei, moderne und klimafreundliche Anlagen aufzubauen. So könnten erneuerbare Energien in vielen Regionen fossile Brennstoffe als Energieträger ablösen (schneller als bislang angenommen).
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
Die 27 EU-Mitgliedsstaaten verfolgen zwar dieselben Klimaschutzziele, doch zeigen sich im Status quo große energiepolitische Unterschiede zwischen den Ländern: Länder in Westeuropa verfügen im Allgemeinen über stärker diversifizierte Energiestrukturen und fördern seit langem die Produktion erneuerbarer und sauberer Energie.
Darüber hinaus haben diese Länder ihre Energieimportabhängigkeit bereits verbessert. Während der Anteil der Kohle in der Energiestruktur zurückgegangen ist, ist der Anteil des Erdgases in diesen Ländern in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. So decken Schweden, Finnland und Lettland beispielsweise den Großteil ihres Energiebedarfs bereits durch erneuerbare Energien ab - die osteuropäischen Länder setzen dagegen weiterhin hauptsächlich auf fossile Brennstoffe.
In benachbarten Regionen innerhalb der EU kommt es zu starken „Spillover-Effekten“ (Methoden der Energiegewinnung eines bestimmten Landes übertragen sich auch grenzüberschreitend auf angrenzende Regionen): So wird in einzelnen Ländern, in denen bislang vorwiegend fossile Brennstoffe die bevorzugten Energieträger waren, beispielsweise der Ausbau regenerativer Energien gefördert, wenn das in benachbarten Regionen bereits funktioniert.
Weiterführende Informationen:
- Liu, Y./Xie, X./Wang, M. (2023): Energy structure and carbon emission: Analysis against the background of the current energy crisis in the EU, in: Energy, Vol. 280, 2023. DOI: https://doi.org/10.1016/j.energy.2023.128129
- Net Zero Industry Act: Ist die EU für den Übergang zu sauberer Energie gut gerüstet?
- CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2019.
- Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
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