Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Kreislaufwirtschaft in der EU: Zur Bedeutung des Rechts auf Reparatur

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Um von dem verschwenderischen “take-make-use-dispose”-Wirtschaftsmodell zu einem System zu gelangen, in dem nachhaltigere Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zur neuen Norm werden, hat sich die EU auf ein entsprechendes “Recht auf Reparatur”  verständigt. Es erfüllt den dringenden Bedarf an einem politischen Rahmen, der den verschwenderischen Verbrauch und die eingebaute Obsoleszenz vieler Produkte verhindert. Das Recht auf Reparatur soll helfen, die Kreislaufwirtschaft in der EU voranzubringen. 

Die neuen Regeln im Überblick:

  • Verkäufer und Händler sollen während der Reparatur ein Ersatzgerät verleihen oder ein überholtes Exemplar anbieten.
  • Es sollen kompatible und wiederverwendete Ersatzteile eingesetzt werden.
  • Die EU-Gesetzgeber einigten sich auch auf eine neue EU-Verordnung über Ökodesign für nachhaltige Produkte (ESPR): So müssen für biologische oder technische Kreisläufe designt werden, denn nur so ist gewährleistet, dass sie biologisch abgebaut oder in hoher Qualität wiederverwendet werden können.
  • Hersteller werden verpflichtet, darauf zu achten, dass die Produkte reparaturfreundlich sind, auch müssen sie künftig Ersatzteile und Anleitungen für die erwartete Lebensdauer des Produkts bereithalten.
  • Auch nachdem die Gewährleistung abgelaufen ist, sollen Verbraucher, dort wo es möglich ist, eine einfache und kostengünstige Reparatur vornehmen können; für bereits reparierte Produkte darf eine neue Reparatur künftig nicht mehr verweigert werden.
  • Eine europäische Reparaturplattform soll den Verbraucherinnen und Verbrauchern den schnellsten Weg zu Reparaturwerkstätten aufzeigen.

Auf Druck der Reparaturbewegung ist es gelungen, energieverbrauchsrelevante Produkte, IKT-Produkte und andere Elektronikprodukte als prioritäre Produktgruppen festzusetzen (schwere Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Geschirrspüler sowie Smartphones, Tablets oder Fahrräder). Die Liste kann in den nächsten Jahren noch verlängert werden. Mit der Verabschiedung des Gesetzes verpasst die EU allerdings auch die Chance, einen wirklich fairen Reparaturmarkt in Europa zu schaffen und erschwingliche Reparaturlösungen für die Mehrheit der Produkte auf dem europäischen Markt zu gewährleisten. Durch den engen Anwendungsbereich sind nur wenige Produkte betroffen (begrenzter Geltungsbereich), zudem gibt es etliche Schlupflöcher. Die EU-Staaten haben zwei Jahre Zeit, um das Recht auf Reparatur in ihre nationalen Gesetze zu übertragen. Dadurch haben sie auch die Möglichkeit, das abgeschwächte europäische Recht auf Reparatur nachhaltig so auszugestalten, dass sich die Reparatur-Infrastruktur vor Ort verbessert und eine breite Auswahl an guten Reparaturmöglichkeiten genutzt werden kann.

Vertreter der Reparaturbewegung fordern deshalb:

  • Einführung nationaler finanzieller Anreize für Reparaturen durch die EU-Mitgliedstaaten und in Deutschland Einführung eines Reparaturbonus (wie in Frankreich und Österreich), um Reparaturen erschwinglicher und zugänglicher zu machen (Finanzierung idealerweise durch Gebühren der erweiterten Herstellerverantwortung)
  • eine rasche Umsetzung dieser Vorschriften
  • Leitlinien der EU-Kommission für eine klare Definition "angemessener" Preise für Ersatzteile
  • Entwicklung weiterer Reparaturanforderungen für weitere Produktkategorien, um den Anwendungsbereich der neuen Reparaturvorschriften rasch zu erweitern
  • Weeine solide Umsetzung des Verbots reparaturfeindlicher Praktiken. 

Weiterführende Informationen:

Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.

Wer schreibt hier?

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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