Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Nachhaltige Bauwende: Warum der nachwachsende Rohstoff Holz gefragter denn je ist

Pixabay

Bäume haben bis heute nur deshalb überlebt, weil sie eine enorme Widerstandskraft bzw. Resilienz und genetische Vielfalt innerhalb einer Art aufweisen. 

Wo sie sich wieder erneuern, erleben sich auch die Menschen als selbst regulierendes Prinzip. Sie bezeugen nicht nur das Wunder der Evolution, sondern demonstrieren auch, dass alles in dieser Welt miteinander verbunden ist. Fast überall hängt das Leben von Bäumen ab. Zusammen schaffen sie ein Ökosystem, das Hitze- und Kälteextreme abfedert, Wasser speichert und sehr feuchte Luft erzeugt. "Ohne radikale Bauwende wird das Pariser Klimaabkommen scheitern“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Director Emeritus des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK, der zu einer neuen, nachhaltigen Bauhausbewegung aufgerufen hat und an das historische Vorbild anknüpfen soll. Der ganzheitliche Ansatz will ebenfalls einen breiten gesellschaftlichen Diskurs anstoßen, der eine neue Vision der gebauten Umwelt hervorbringt. 

Um die Erderwärmung zu begrenzen, müssen fossile Energieträger wie Erdgas, Erdöl und Kohle durch erneuerbare Energien möglichst vollständig ersetzt werden. Dies allein genügt allerdings nicht. Es ist dringlich, dass auch das bereits ausgestoßenes Kohlendioxid aus der Luft herausgeholt und gebunden wird. Durch verstärktes Bauen mit Holz könnte das gelingen. Die von Schellnhuber mitgegründete Initiative „Bauhaus der Erde“ fordert die Substitution von Stahlbeton durch organische Baustoffe und präsentierte Strategien für eine nachhaltige Siedlungswirtschaft: „Wenn wir Stahlbeton durch organische Materialien wie Holz oder Bambus ersetzen, können wir erhebliche Mengen an klimaschädlichen Emissionen vermeiden. Mit regenerativer Architektur könnten wir uns quasi aus der Klimakrise herausbauen.“ Seine Berechnungen zeigen: Ein Einfamilienhaus aus Massivholz kompensiert allein schon den CO2 Ausstoß von 100 Hin- und Rückflügen zwischen Berlin und New York. Damit würde das Bauen von einer Quelle für CO2 zu einer mächtigen Senke

„Bauhaus Erde“ soll vier Bereiche vereinen.

  1. werden in einem Labor in Marienfelde und auch im Potsdamer Standort Materialien entwickelt und getestet. Holz und Bambus, aber auch Lehm oder Gräser.
  2. beschäftigt sich eine Denkfabrik mit Zukunftsthemen wie dem Waldumbau oder neuen Konzepten für die bebaute Umwelt.
  3. soll ein Netzwerk ikonischer Bauten aufgebaut werden.
  4. soll perspektivisch eine neue Bauhaus-Akademie entstehen.

Die Auseinandersetzung mit Holz ist ein Grundelement der menschlichen Körpergeschichte sowie der Geschichte menschlicher Kunstfertigkeit. Sein eigenes Unternehmen gründete Erwin Thoma im Alter von 27 Jahren. Damals hatte er schon eine Karriere als Förster im österreichischen Staatswald hinter sich. Nach etwa fünf Jahren als Revierförster im Karwendelgebirge und einer kurzen Zeit im Holzhandel wollte er vom über 80-jährigen Großvater seiner Frau lernen, wie sich aus reinem Holz wirklich gesunde Häuser bauen lassen. Der Großvater überzeugte ihn davon, dass Bäume, die im Winter (zur Saftruhe) und bei abnehmendem Mond geerntet werden, wesentlich widerstandsfähigeres Holz gegen Insekten- und Pilzbefall liefern: „Der Vorteil lag auf der Hand. Das damals noch überall übliche hochgiftige Streichen aller Bauhölzer konnte so vermieden und Holzhäuser mit einer Lebensdauer von mehreren Jahrhunderten auf natürliche Weise gebaut werden. Der Opa war ein Zimmermann der alten Schule, für den das Achten auf die natürliche Lebensrhythmik der zu verarbeitenden Bäume eine Selbstverständlichkeit darstellte. Und ich war der staunende Lehrling.“

Es folgten wirtschaftlich schwierige, aber dennoch lehrreiche Jahre. Neben den Erfahrungen mit Mondholz, für die der wissenschaftliche Nachweis Jahre später an der ETH Zürich erbracht wurde, waren es vor allem technischen Entwicklungen, die das junge Unternehmen prägten und voranbrachten. Acht Jahre später gab es die ersten Patenterteilungen. Sein Unternehmen etablierte sich immer mehr als Pionier des leimfreien Massivholzbaus. Das erste energieautarke Haus ohne zusätzliche Heiz- und Kühltechnik wurde gemeinsam mit dem Architekten Sascha Schär und der Bautechnikerin Regula Trachsel im Simmental umgesetzt. Eine Reihe energieautonomer Gebäude, die ganzjährig nur von der auftreffenden Sonne geheizt und gekühlt werden, folgten. Jährlich kommen immer mehr und größere gewerbliche Bauprojekte dazu, Hotels, mehrgeschossige Wohnungsüberbauungen bis hin zu einem großen Krankenhausprojekt in moderner Vollholzbauweise.

Auch das folgende Beispiel zeigt, dass das mit dem multiplen Werkstoff Holz verbundene Know-how zu einem anthropologischen Urbestand der Menschheit und zum guten Leben gehört. 

Auf das Naturmaterial Holz setzt auch die junge Unternehmerin Christine Bergmair, die 2019 mit der Planung und Umsetzung des Projekts „i-Tüpferl“ startete, das auf einem großen Areal den Neubau dreier Gebäude (Gesundhaus, Gasthaus, Feinkosthaus) mit dem Entwickeln eines vielfältigen Veranstaltungskonzepts beinhaltet. Seit 2022 arbeitet sie aktiv an der Umsetzung des Gesundhaus i-Tüpferl, in dem Gesundheit und Prävention ganzheitlich und zukunftsfähig gelebt werden soll. Das Zentrum für Gesundheit, wo altbewährte Behandlungsmethoden, moderne Schulmedizin, Naturheilverfahren, Ernährung und Bewegung in drei Häusern gelebt werden, befindet sich mitten in der Natur. Das Gebäude selbst ist ein moderner Holzneubau mit Naturbaustoffen, der auch technisch auf modernstem Stand ist. Ökologisches Bauen sowie regionale Bauunternehmen und langlebige Baustoffe waren der Unternehmerin besonders wichtig. Am Projekt waren zahlreiche regionalen Baufirmen beteiligt.

Es wurde auf einen Holzrahmenbau mit Außenputzsystem zum nachhaltigen Schutz der Fassade gesetzt. Die Holzelemente, die auch als dekorative Elemente eingesetzt werden, sind mit UV-Öl natürlich behandelt für ein langlebiges Erscheinungsbild und zum Schutz vor Witterung. „Die massive Vollholzdecke im Erdgeschoss sowie Brettschichtholzdecken im Obergeschoss sorgen für ein Wohlfühl-Ambiente in den Aufenthaltsräumen. Sie lassen die Besucher weiterhin am Holzbau durch Optik und natürlichen Geruch teilhaben“, sagt die Unternehmerin. Interessenten finden hier eine bezugsfertige Praxis und Büroräume vor. „Große lichtdurchflutete Räume, Sichtholzdecken und ein Blick in eine traumhafte Landschaft runden das einzigartige Konzept ab. Praxis-Sharing und Gemeinschaftsräume sind wesentlicher Bestandteil des Konzepts, denn auch die Außenanlage wird für Kurse in der Natur genutzt“, so Bergmair. Entschieden hat sie sich zudem für Holz-Alu Fenster mit Wärmeschutzverglasung, die nach wie vor zu den Fenstern gehören, die am meisten recyclebar sind. Durch die Wärmeschutzverglasung werden die Wärmeverluste im Winter minimiert, im Sommer bieten sie Schutz vor solarer Erwärmung des Gebäudes. Die hochwertige Dämmung aus Holzfaserstoffen ist ein weiterer Bestandteil der ökologischen Bauweise.

Christine Bergmair hat ihre Berufung genauso gefunden wie die Dagmar Fritz-Kramer, Geschäftsführerin des Allgäuer Familienbetriebs Bau-Fritz GmbH & Co. KG. 

Bereits sehr früh wurde sie mit den Themen konfrontiert, die sie bis heute ausmachen: ein starkes Umweltbewusstsein und ein sorgfältiger Umgang mit der Natur. Ihre Mutter ist in den 1970er-Jahren an Krebs erkrankt. Diese Erkrankung ließ sich auch auf das Wohnumfeld zurückführen. Der gesamte Lebensstil wurde umgestellt: Ökohaus, Klärteich, Kompost-Toilette, Öko-Gemüsegarten etc. „Wir waren damit echte Exoten, nicht nur in unserer Nachbarschaft. Parallel dazu hat mein Vater auch unsere Firma komplett neu aufgestellt, nämlich auf den Bau von wohngesunden und schadstofffreien Öko-Häusern.“ Damals hat sie auch zum ersten Mal den Pioniergeist gespürt, der sich mit dem Engagement für die Umwelt wie ein roter Faden durch ihre gesamte Familienhistorie zieht. Eine konsequent ökologische „Gesundheitsarchitektur“ ist heute ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensphilosophie des Unternehmens Baufritz, das wohngesunde Fertighaus-Holzhäuser realisiert. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) zeichnet Dagmar Fritz-Kramer am 29. Oktober 2023 mit dem Deutschen Umweltpreis aus, einem der höchstdotierten Umweltpreisen Europas.

Der nachwachsende Rohstoff Holz ist gefragter denn je, denn er überzeugt durch vielfältige Einsatzmöglichkeiten, ein breites Anwendungsspektrum und hat eine im Vergleich zu anderen Werkstoffen überzeugende Umweltbilanz. Die nachhaltige Forstwirtschaft wird deshalb in den kommenden Jahren nicht mehr ausreichen, den enormen Bedarf zu decken. Eine Lösung für dieses Problem ist beispielsweise die Kaskadennutzung. Das bedeutet, dass Holz über mehrere Stufen hinweg von der Ernte bis hin zum Recycling und zur energetischen Nutzung mehrfach eingesetzt wird.

Vorteile nachhaltiger Kaskadennutzung

  • Sie unterstützt durch die mehrfache Verarbeitung von Holz primär dabei, die nachhaltige Forstwirtschaft zu entlasten und Ressourcen zu schonen.
  • Holz ist ein sehr effizienter CO2-Speicher - deshalb bleibt pro Kubikmeter Holz etwa eine Tonne CO2 auch über die verlängerte Nutzungsdauer des Wertstoffes gebunden.
  • Sie sichert Arbeitsplätze und inspiriert auch technologische Innovationen und Neuerungen in den Produktionsabläufen.

Weiterführende Informationen:

Wer schreibt hier?

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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