Neue Arbeitswelten: Was eine zeitgemäße Bürogestaltung ausmacht
Die Neuerfindung des Büros
Der Arbeitsplatz, wie ihn die meisten von uns kennen, wird in Zukunft nur noch eine blasse Erinnerung sein. Worauf es heute ankommt, ist, sie mit unserer Vorstellung von morgen in Einklang zu bringen. Dazu gehört auch, neue Büroräume so zu planen, dass der gesellschaftliche Wandel und der Einfluss digitaler Technologien auf die Arbeitswelt angemessen berücksichtigt wird. Die Attraktivität und Qualität von Bürogebäuden und des Arbeitsplatzes sind zudem ein wesentlicher Entscheidungsfaktor für Bewerber geworden.
Die Büroform der Zukunft ist multifunktional und zeichnet sich durch Offenheit (vor allem der Kommunikationszonen) und Standards wie Zugang zur Natur, ergonomisches Mobiliar und eine angenehme Raumakustik aus. Aber auch die richtige Beleuchtung und Klimatisierung, Casual Design, die Integration von Rückzugsorten für konzentriertes Arbeiten oder vertrauliche Gespräche sind dabei von entscheidender Bedeutung. Dass Räume und ihre Gestaltung auch eine Firmenkultur verändern, die Gemeinschaft stärken sowie Gedanken, Gefühle und die Kreativität beeinflussen kann, zeigt das Beispiel des Druckluftspezialisten Mader in Leinfelden-Echterdingen.
Neue Räume, neue Perspektiven
Im Sommer 2018 bezog der Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader sein neues Firmengebäude. Bei der Gestaltung der Räumlichkeiten setzten die beiden Eigentümer Peter Maier und Werner Landhäußer bewusst auf andere Formen der Zusammenarbeit und „neue Blickwinkel“. „Das ‚Experiment‘ ist geglückt“, sagt Werner Landhäußer mit Blick auf den neuen Besprechungsraum „Offenheit und Ehrlichkeit“. Dabei war es nicht klar, wie der Raum angenommen werden würde. Als „Sauna“ oder „Arena“ wurde er in der Planungsphase mit skeptischem Blick bezeichnet. „Heute gehört er zu den Lieblingsräumen für kreative Runden, für Infoveranstaltungen, aber auch für kritische Gespräche“, sagt Peter Maier. „Dass da keine Tische zwischen den Menschen mehr stehen und die Teilnehmer sprichwörtlich auf Augenhöhe mit den Moderatoren sitzen, war erst einmal für viele gewöhnungsbedürftig“, beschreibt Maier die ersten Besprechungen in dem neuen Raum.
Die Veränderung, die der Raum mit sich bringt, wird seiner Ansicht besonders bei den Informationsveranstaltungen sichtbar. In der monatlichen Firmenveranstaltung informiert die Geschäftsleitung über die aktuellen Unternehmenszahlen und gegenwärtige Themen, die die Belegschaft betreffen. „Früher war es oft zäh, Fragen oder Beiträge kamen selten. Heute melden sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Wort, die man sonst nie gehört hat. Es ist eine ganz andere Dynamik zu spüren“, so der Unternehmer.
Auch sonst haben sich die Eigentümer bei der Gestaltung und Einrichtung der Räume, die den produktiven Austausch fördern und Kollegen zusammenbringen soll, an einer neuen Arbeitskultur orientiert. Dazu gehören Werte wie Selbständigkeit, Freiheit und Freiräume für Kreativität und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung zu Beginn des Projekts äußerten viele den Wunsch nach verschiedenen Räumlichkeiten, die man z. B. zur kurzen Abstimmung, zum konzentrierten Arbeiten oder für kreative Meetings nutzen kann. Diesen Wünschen wurde Rechnung getragen. In allen Stockwerken stehen „Stand-up“-Meetingplätze zur Verfügung, die Caféteria mit dem langen Tresen wird oft für ungezwungene Besprechungen genutzt und mit dem Raum „Begeisterung und Optimismus“ steht in Kürze ein neuer Kreativraum mit beschreibbaren Wänden zur Verfügung. Der Raum „Gelassenheit und Ruhe“ kann zur „Stillarbeit“ genutzt werden.
Die Befragung zu Beginn des Bauprojekts war nur der Auftakt für die Beteiligung der Mitarbeiter. Der Gebäudeplanungsprozess wurde durchgehend von einem Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begleitet, das wichtige Impulse für die Gestaltung und Einrichtung der Räume gab. „Natürlich ist es anstrengender mit vielen Beteiligten zu diskutieren als kurz und knapp Entscheidungen zu treffen“, gibt Landhäußer zu, „aber mittelfristig zahlt es sich aus. Wenn wir wollen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen, müssen wir ihnen auch sprichwörtlich den Raum dafür geben.“
Ich danke Ulrike Böhm für die Mader-Unternehmensinformationen.
Weiterführende Informationen:
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg 2017.