Neue Klimabeiträge erforderlich: Zur historischen Aufgabe und Verantwortung der europäischen Staaten
Vom richtigen Weg abgekommen
Um die globale Erwärmung unter zwei Grad und möglichst bei 1,5 Grad über vorindustriellem Niveau zu begrenzen, wurden bei der Weltklimakonferenz 2015 in Paris entsprechende Ziele festgelegt, die immer mehr in weite Ferne rücken. Der Impuls bei der COP war für die Weltgemeinschaft wegweisend. Auf ihr lagen viele Hoffnungen, verbindlichere Klimaziele zu erhalten und nachhaltige Wege zu deren Realisierung zu finden. Bereits vor der Weltklimakonferenz, die vom 11. bis 24. November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku stattfinden soll, verweisen zwei UN-Berichte - die von der Weltwetterorganisation (WMO) in Genf und dem UN-Klimasekretariat (UN Climate Change) in Bonn stammen - darauf, dass die Konzentration klimaschädlicher Treibhausgase in der Atmosphäre im Jahr 2023 Höchstwerte erreicht hat, und die Emissionen endlich gesenkt werden müssen. Die geplanten nationalen Klimamaßnahmen reichen nicht aus. Jeder Bruchteil eines Grads sei dringlich. Die weitere Erderwärmung sei schon jetzt auf Jahrzehnte hinaus programmiert.
Die zentralen Ergebnisse:
- Die Konzentration des weitaus häufigsten Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) stieg in der Atmosphäre vergangenes Jahr um 2,3 auf 420 ppm (parts per million - Teilchen pro Millionen Teilchen). Das entspreche 151 Prozent des Niveaus vor der Industrialisierung (um das Jahr 1750). Auch der Gehalt von Treibhausgasen wie Methan und Lachgas (Distickstoffoxid) ist weiter gestiegen.
- Nach WMO-Angaben haben neben einem hohen menschengemachten CO2-Ausstoß auch Wald- und Buschbrände zu dem Anstieg beigetragen. Möglich sei auch, dass die CO2-Aufnahmefähigkeit der Wälder gesunken sei.
- Mit den jetzigen nationalen Plänen würden die Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 immer noch 51,5 Gigatonnen CO2 entsprechen. Sie lägen damit nur 2,6 Prozent unter denen von 2019 (Quelle: UN-Klimasekretariat).
- Damit die Welt bis zum Jahr 2050 emissionsneutral wird, sollte der globale Treibhausgasausstoß nach Einschätzung des Weltklimarates (IPCC) 2030 um 43 Prozent unter dem von 2019 liegen.
- Von allen CO2-Emissionen bleibt nach Angaben der WMO etwa die Hälfte in der Atmosphäre. Ca. ein Viertel wird von den Ozeanen aufgenommen, der Rest von anderen Ökosystemen.
- Nach 1.000 Jahren sind bei CO2 noch etwa 15 bis 40 Prozent in der Atmosphäre (Quelle: Bundesumweltamt). Seit Beginn der Menschengeschichte sei die Konzentration der Gase noch nie so schnell so stark gestiegen wie in den vergangenen 20 Jahren, berichtet die WMO. Seit 2004 waren es etwa 11,4 Prozent.
Die Umweltstiftung WWF erwartet von den europäischen Staaten mit ihrer historischen Verantwortung einen wegweisenden neuen Klimabeitrag. Investitionen in die Zukunft dürfen nicht vertagt werden. Es ist dringlich, dass viele Staaten ihre nationalen Klimaschutzmaßnahmen verschärfen, denn nur unter dieser Voraussetzung können die Klimaziele noch in Sichtweite bleiben. Unternehmen sind dabei ein wesentlicher Teil der Lösung. Auch für engagierte Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die das Fundament der deutschen Wirtschaft bilden, ist die Weltklimakonferenz ein wichtiger Verstärker. Scheitert sie, werden ihre nachhaltigen Aktivitäten auf dem Weg zur Klimaneutralität kaum wirksam sein können.
Weiterführende Informationen:
- Unternehmen und Klimaschutz: Nachlassendes Tempo auf dem Dekarbonisierungspfad
- Ulrike Böhm, Stefanie Kästle, Julia Sulzberger: Ein Mittelständler auf dem Weg zur Klimaneutralität. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
- Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
- Helen Landhäußer: Klimaneutralität durch Digitalisierung – von der Transformation analoger Technologien und GreenTech Unicorns. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
- Stefanie Kästle und Werner Landhäußer: Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH & Co. KG. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.
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