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© Tima Miroshnichenko/Pexels

Secondhand-Stress: „Ist dein Stress mein Stress?“ – 8 Tipps zum Selbstschutz

Stress ist ansteckend. Und zwar nicht nur, wenn wir im direkten Kontakt mit anderen Menschen sind, wie zum Beispiel im Büro. Studien zeigen, dass Stress sogar dann ansteckend ist, wenn man die gestressten Menschen nur über einen Monitor beobachtet, etwa in einer Videokonferenz. Und es kommt noch schlimmer: Chronischer Stress sorgt für mehr Bauchfett. Mit anderen Worten: Dein Stress ist auch mein Stress – und er macht mich fett … nun ja, etwas überspitzt formuliert jedenfalls.

Wie also kann man sich schützen und abgrenzen gegen den Stress von außen? Dies ist übrigens als Frage von Teilnehmern meiner Trainings für Stressmanagement und Resilienz ein Klassiker.

Das Stresshormon Cortisol wird mit unserem Schweiß über die Haut abgesondert.
Neurowissenschaftlerin und Ärztin Dr. Tara Swart

Wer gestresst ist, schüttet verstärkt das Hormon Cortisol aus, das über die Haut abgesondert wird. Dieses Cortisol wird in einem Radius von mehreren Zentimetern um uns herum verteilt und von anderen Menschen aufgenommen, erklärt die Ärztin und Neurowissenschaftlerin Dr. Tara Swart. Darüber hinaus nehmen wir Stress bei anderen Menschen über deren Mimik und Gestik und gesamtes Verhalten wahr. Und wir imitieren es unbewusst, lassen uns also von dem stressbedingten Verhalten anstecken, ein Mechanismus, der als „emotionale Ansteckung“ („emotional contagion“) bezeichnet wird.

Wenn Führungskräfte ihren Stress unterdrücken, hat dies Auswirkungen auf das Unternehmen.
Dr. Tara Swart

Für die Auswahl von Führungskräften ist deren Umgang mit Stress zentral. „Insbesondere wenn Führungskräfte dazu neigen, ihren eigenen Stress zu unterdrücken, wird dies Auswirkungen für das Unternehmen haben“, sagt Swart im Videocast. Das Unterdrücken verstärke die Cortisolausschüttung.

Letztlich machen unterdrückte Gefühle krank. Ein gesunder Umgang mit Stress bedeutet hingegen, sich damit auseinanderzusetzen und ein entsprechendes Stressmanagement zu entwickeln. Dabei hat die Führungskraft eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeiter.

Chronischer Stress: Hinter dem Bauchfett steckt die Evolution

Doch weshalb hängen Stress und verstärktes Bauchfett zusammen? Dahinter steckt ein evolutionärer Überlebensmechanismus. Das Stresshormon Cortisol verändert unter anderem den Metabolismus unseres Körpers. Bei erhöhter Cortisol-Ausschüttung sorgt unser Körper quasi für Hungerzeiten vor.

Dass Stress auch dann ansteckend ist, wenn man gar nicht im selben Raum mit den gestressten Kollegen ist, zeigt unter anderem eine Studie der University of Chicago/Ilinois, USA. Dafür sollten Teilnehmer verschiedene Videos mit gestressten Personen sehen. Bei beiden Gruppen – Sprechern und Zuschauern – wurde die Herzaktivität gemessen. Abhängig davon, ob in dem Video leicht, mittel oder stark gestresste Menschen zu sehen waren, passte sich die Herztätigkeit der Zuschauer der Herztätigkeit der Personen an, die in den Videos zu sehen waren.

20 Prozent der Bevölkerung: Empathische Menschen lassen sich leichter anstecken

Dabei zeigte sich auch, dass sich sehr empathische Menschen stärker vom Stress anderer anstecken ließen. In etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind die Hirnregionen aktiver (Spiegelneuronen), die mit Empathie in Verbindung stehen, so die „Harvard Business Review“.

Wie ähnlich die Stressreaktion von Akteuren und Beobachtern ist, zeigt auch eine aktuelle Studie der Universität Konstanz. Darin ließ sich nachweisen, dass auch bei den Beobachtern die Herzaktivität, der Cortisolstatus im Speichel und weitere Parameter ähnlich wie bei den gestressten Akteuren aussahen, sie waren aber abgeschwächt.

Tipps zum Selbstschutz und zur Abgrenzung

  • Es funktioniert auch umgekehrt, positive Gefühle stecken genauso an; strahlen Sie Ruhe aus, mit ruhiger Stimme, entspannter Körperhaltung – vor allem als Führungskraft.

  • Schildern Sie Ihren Eindruck und fragen Sie, insbesondere als Führungskraft, ob Sie etwas tun können, um die Situation zu erleichtern (ohne Helfersyndrom!).

  • Verbringen Sie nach stressigen Kommunikationsmomenten bewusst Zeit mit Kollegen oder Freunden, die eher ruhig und entspannt sind.

  • Visualisieren Sie Ihre emotionale Grenze; stellen Sie sich dafür zum Beispiel vor, zwischen Ihnen und der gestressten Person sei eine Scheibe, empfiehlt die „Harvard Business Review“.

... und was gegen chronischen Stress hilft:

  • ausreichend Schlaf, Studien zeigen, dass 8 Std. 15 Min. ideal sind, berichtet Dr. Tara Swart; diese Dauer gilt nicht für jeden, aber für die meisten Menschen

  • Bewegung, Sport: Auch Bewegung führt zu einem kurzen Cortisolanstieg, insgesamt aber verbessert Sport die Stressregulation. Sport wirkt auch präventiv gegen Stress; wöchentlich mindestens 150 Minuten moderate oder 70 Minuten intensive Bewegung empfiehlt die WHO,

  • das Aufschreiben von Sorgen hilft, beispielsweise in einem Tagebuch,

  • das Aussprechen von Dingen, die uns belasten, hilft ebenfalls, etwa mit vertrauenswürdigen Freunden, Kollegen oder dem Partner.

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Quellen:

  • „Stress leaks through skin, is cantagious, gives you belly fat“ und „Stress is making you fat and sick“, Dr. Tara Swart

  • Studie „Physiological dynamics of stress contagion“, 2017, Department of Psychology, University of Chicago, Ilinois, USA

  • Studie „Is your stress my stress? A standardized, randomized-controlled paradigm to study physiological stress contagion based on direct stress observation“, 2024, Universität Konstanz

  • „Harvard Business Review“, Okt. 2021

Kommentare

Dr. Kai Kaufmann schreibt über Stressmanagement, Resilienz, New Work, Gesundheit & Soziales

Dr. Kai Kaufmann war 15 Jahre als Führungskraft für Verlage tätig. Nach einem Burnout stellte er die Weichen für sein Leben neu. Heute unterstützt er als Trainer für Stressmanagement und Resilienz Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Als Medical Writer publiziert er bis zu 30 Fachartikel jährlich.

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