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Eukalyptusbaum - Lynn Greylink/Pixabay

Textilien, die schmecken: Nachhaltige Alternativen zu Baumwolle, Polyester & Co.

Öko wurde schon vor Jahren im Textilsektor zu einem Trend – und wegen der Verbindung von Lifestyle und Moral zu einem Modethema.

Leider haben viele Textilien durch den hohen Wasserverbrauch bei der Produktion oft eine schlechte Ökobilanz. So wird bei der Produktion von einem Kilo Baumwolle etwa 11.000 Liter Wasser benötigt. Außerdem werden Pestizide, Chemikalien und gentechnisch verändertes Saatgut häufig in Herstellungsprozessen eingesetzt. Fast alle großen Pestizidfirmen verkaufen heute Saatgut wie Mais, Raps, Baumwolle und Soja-, das gegen Herbizide der jeweiligen Firma gentechnisch resistent gemacht wurde. Viele Maßnahmen zielen darauf ab, bäuerliche Saatgutsysteme überflüssig zu machen und durch industrielle Saatgutsysteme zu ersetzen. Damit verbunden ist eine Vereinheitlichung der Landwirtschaft sowie der weltweite Verlust der Kulturpflanzenvielfalt.

Aufgrund neuer und alter Technologien können heute nachhaltige Alternativen zu Baumwolle, Polyester und Co. hergestellt werden, die umweltschonend und im Trend sind. Neben Algen, Bananen, Hefe, grünem Tee und Zucker eignen sich für die Produktion von nachhaltiger Mode folgende Alternativen:

Der spanischen Designerin Dr. Carmen Hijosa ist aufgefallen, dass bei der Ananas-Ernte erhebliche Mengen Blätter übrig blieben. So erfand sie einen Prozess, durch den sie daraus einen lederartigen Stoff herstellen konnte und gründete das Unternehmen Piñatex. Bei der Entstehung von Ananas-Kleidung werden aus den Ananasblättern die Fasern herausgezogen und zu einem gewebten Vliesgewebe zusammengeführt, das die Grundlage des Piñatex bildet und dann später in verschiedene Farbtöne und Stärken verwandelt werden kann. Für einen Quadratmeter werden etwa 480 Ananasblätter benötigt. Das Nebenprodukt, das aus dem Herstellungsprozess abfällt, besteht aus Biomasse, die in Biodünger oder Biogas umgewandelt und von den Landwirtschaftsgemeinschaften genutzt werden kann. Damit ist der Produktionskreislauf komplett geschlossen. Zudem wird mit diesem Geschäftsansatz eine Einnahmequelle für die Bauern auf den Philippinen geschaffen. Ananas-Leder ist vegan, biologisch abbaubar und in der Herstellung günstiger als das tierische Pendant. Derzeit werden hauptsächlich Schuhe und Taschen aus Piñatex hergestellt.

Zu den Zellulosefasern zählt Lyocell (Tencel), ein Stoff, der aus Eukalyptus- oder Buchenholz hergestellt wird. „Tencel ist ein antibakterielles, atmungsaktives Material, das sich weich und kühlend auf der Haut anfühlt. Es ist sehr widerstandsfähig, sodass Kleidung eine langlebige Qualität erhält. Das Material eignet sich für sensible Haut.“ (Quelle: memolife) Bei der Herstellung wird im Vergleich zu Baumwolle weniger Wasser verbraucht. Zudem handelt es sich um einen geschlossenen Wasserkreislauf. Die Eukalyptuspflanze erhält keine künstliche Bewässerung oder Düngung. Der Anbau ist frei von Herbiziden und Pestiziden.

Eukalyptusbäume wachsen schnell, weshalb der Ertrag höher ist als bei Baumwolle. Die Faser ist außergewöhnlich glatt, seidig, wärmt wie Schurwolle und ist sehr langlebig. Die Cellulose-Regeneratfaser ist biologisch abbaubar. Große Modehäuser wie H&M (Conscious) nutzen den Stoff für viele ihrer Produkte.

Die Pflanze begleitet Menschen seit tausenden Jahren. Im 19. Jahrhundert wurde sie allerdings tabuisiert - bis zum vollständigen Verbot. Durch weltweite Forschung, Aufklärung und ein verstärktes Umweltbewusstsein ist Hanf inzwischen wieder „gesellschaftsfähig“ geworden. Hanffasern wurden schon vor mehreren Tausend Jahren aus den Stängeln der Pflanze gewonnen und daraus langlebige Stoffe hergestellt.

„Hanf ist von Natur aus resistent gegen Mikroorganismen wie Bakterien, Schimmel und Pilze. Die antistatischen Eigenschaften machen ihn zusätzlich staubabweisend, saugfähig, luftdurchlässig und langlebig.“ (Quelle: memolife) Die Kulturpflanze wächst schnell, benötigt keine Pestizide und braucht nur wenig Wasser. Stoffe aus Hanf fühlen sich kühlend auf der Haut an. Das atmungsaktive Material ist besonders für Allergiker geeignet. Chemikalien werden nicht verwendet. Die Leinenfaser wird aus den Stängeln der Flachspflanze gewonnen. Hanf benötigt weniger Wasser als Baumwolle.

Recyclebare Material aus Kork ist heute ebenfalls angesagt. Kork ist natürlichen Ursprungs und bei der Herstellung ist keine Abholzung nötig. Auch Chemie ist bei der Produktion kaum notwendig. Positive Eigenschaften sind außerdem die wasserabweisende Oberfläche, antibakterielle Aspekte und die Langlebigkeit der besonderen Baumrinde.

Bei der herkömmlichen Seidenherstellung werden Kokons von Seidenraupen, die die Fasern für Seide liefern, ausgekocht. Für viele Menschen ist dies ein Argument gegen das weiche Material. Inzwischen ist eine vegane Alternative erhältlich: Soja-Seide. Als Nebenprodukt der Tofu-Produktion entstehen Sojafasern, die zu Seide verarbeitet werden können. Die Seide ist weich, kühlend, widerstandfähig, luftig und biologisch abbaubar.

Bei der neuen Faser aus Milch wird bei der Herstellung auf chemische Zusätze verzichtet. Die Fasern beugen zusätzlich der Alterung der Haut vor, regen die Blutzirkulation an und unterstützen das Zellwachstum. Dafür ist ein Milch-Anteil von 20 Prozent nach Angaben der der Erfinderin von QMILK im Stoff bereits ausreichend. Für die Faserherstellung wird keine Milch verwendet, die für Lebensmittel geeignet wäre, sondern zum Beispiel bei der Käseproduktion übrigbleibt. Das Casein, dass aus saurer Milch gewonnen wird, wird getrocknet durch ein Sieb zu haarfeinen Fasern gepresst, die dann zu Kleidung verarbeitet werden können.

Pilz-Leder wird aus Myzel hergestellt, dem unterirdisch wachsenden Wurzelgeflecht von Pilzen. Durch Zugabe von Abfallprodukten wie Maisschalen oder Sägespänen kann auf diese Weise ein lederartiges Material produziert werden. Das vegane Leder lässt sich bedrucken und mit verschiedenen Farben und Mustern versehen. Pilz-Leder ist reißfest, wasserabweisend und umweltfreundlich.

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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