Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Warum die Generation 55 plus von Unternehmen mehr wertgeschätzt werden sollte

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Bis Ende des Jahrzehnts wird es weltweit – vor allem in Ländern mit hohem Einkommen – etwa 150 Millionen mehr Beschäftigte als heute geben, die 55 Jahre und älter sind. Auch in Deutschland nimmt die Zahl der älteren Mitarbeitenden seit Jahren zu. 

Bis 2031 werden hierzulande rund 27 Prozent aller Beschäftigten auf die Generation 55 plus entfallen. In Japan werden bis 2031 voraussichtlich fast 40 Prozent aller Arbeitnehmer:innen 55 Jahre und älter sein. In Italien dürften es 32 Prozent, in den USA 25 Prozent und in Großbritannien 23 Prozent sein. In den G7-Staaten wird sich die Arbeitnehmerschaft ab 55 aufwärts auf ca. ein Viertel der Erwerbstätigen belaufen.

Faktoren für diesen weltweiten Trend:

  • Steigende Lebenserwartung
  • Niedrige Geburtenraten
  • Weniger junge Menschen treten in den Arbeitsprozess ein
  • Zunahme des durchschnittlichen Eintrittsalter in den Beruf aufgrund des höheren Ausbildungsgrads

Weltweit erwarten immer mehr Erwerbstätige, länger arbeiten zu müssen

Angesichts des demografischen Wandels gibt es zahlreiche Debatten hinsichtlich des gesetzlichen Pensionsantrittsalters: Deutschland führte 2006 die „Rente mit 67“ ein, Frankreich hat das gesetzliche Pensionsantrittsalter von 62 auf 64 Jahre erhöht, in Großbritannien erfolgte 2017 eine Erhöhung auf 66 Jahre, von bis dahin 60 Jahren bei Frauen beziehungsweise 65 Jahren bei Männern. 

Allerdings bleibt das Potenzial älterer Mitarbeitender in Unternehmen häufig noch ungenutzt. Das hat die Studie „Better with Age: The Rising Importance of Older Workers“ der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company ergeben. Sie basiert auf regelmäßigen Befragungen von rund 40.000 Beschäftigten aller Altersklassen in 19 Ländern.

An einer längeren Lebensarbeitszeit wird künftig kein Weg vorbeiführen. Es genügt allerdings nicht, nur das Rentenalter heraufzusetzen, Unternehmen rund um den Globus stehen nun vor der Aufgabe, diesem Megatrend gerecht zu werden und für sich zu nutzen. Noch werden allerdings nur selten Programme angeboten, mithilfe derer die ältere Mitarbeitende in den eigenen Talentsystemen berücksichtigt werden. 

Ältere haben die Fähigkeit, Kräfte zu ordnen und Energien zu konzentrieren, sie gehen häufig besser mit ihren Ressourcen um (sie überlegen mehr, ob sich der Einsatz für das angestrebte Ziel auch lohnt) und können auch andere dazu bewegen, das Beste aus ihren Potenzialen zu machen. Jüngere agieren oft unökonomisch, was daraus resultiert, dass sie häufiger rivalisieren. 

Es ist dringlich, nicht nur politisch gegenzusteuern – auch Führungskräfte und Personalabteilungen sollten jetzt einen Kurswechsel vornehmen. Dazu gehört es auch, sich verstärkt um die berufliche Entwicklung und Motivation der über 50-Jährigen zu kümmern und sich nachhaltig mit ihnen auseinanderzusetzen.

Im Einzelnen heißt das

Verstehen der Motivationslage

Ältere Beschäftigte setzen andere Prioritäten. Langjährige Untersuchungen von Bain ergaben, dass die Phase rund um das 60. Lebensjahr häufig ein Tipping-Point ist. Spielt in jüngeren Jahren die Vergütung eine wesentliche Rolle, stehen bei den ab 62-Jährigen vor allem interessante Aufgaben, Arbeitsplatzsicherheit, flexibles Arbeiten und Autonomie im Vordergrund. Auch sind ältere Mitarbeitende loyaler. Weltweit geben 71 Prozent der Befragten im Alter von über 62 Jahren eine starke Verbundenheit zu ihrem eigenen Unternehmen an. Damit erzielen sie den Spitzenwert unter allen Altersgruppen (jüngste Bain-Studie).

Gewährleistung systematischer Weiterbildung

Ältere Erwerbstätige benötigen häufig gezielte Schulungen, um mit der modernen Arbeitswelt Schritt halten zu können. In der aktuellen Bain-Studie geben weltweit etwa 20 Prozent der Beschäftigten zwischen 55 und 64 Jahren an, bessere Tech-Kenntnisse haben zu müssen. Für diese und andere Anforderungen sollten Unternehmen spezielle Trainingsprogramme entwickeln.

Erkennen von Stärken und Schaffung von Freiraum

Die 55-plus-Generation verfügt über ein hohes Maß an beruflicher und persönlicher Kompetenz. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen darauf achten, dass ältere Beschäftigte mit den richtigen Aufgaben betraut sind und die Möglichkeit erhalten, Jüngere in ihrer beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Gelingt es, die über viele Jahre erworbenen Fähigkeiten zu nutzen, wirkt sich dies auch positiv auf die Unternehmenskultur aus.

Das Potenzial der älteren Belegschaft

In der Vergangenheit lag der Fokus der Unternehmen darauf, Talente zu finden und zu binden sowie geeignete Maßnahmen gegen den Fach- und Führungskräftemangel in jüngeren Altersklassen zu treffen – heute rückt verstärkt die ältere Belegschaft in den Mittelpunkt. Ihr Potenzial wird mittlerweile mehr wertgeschätzt als noch vor einigen Jahren. Wie sich Unternehmen gegenüber ihren Beschäftigten ab 55 aufwärts positionieren können, zeigt das Beispiel der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe. Der Partner der Industrie im Umfeld der Personal- und Ingenieurdienstleistung ist spezialisiert auf das Research und die Rekrutierung von anspruchsvollen Qualifikationen über den Weg der Personaldienstleistung und/oder Arbeitnehmerüberlassung. 

Schon immer wurde hier auf einen Kompetenzmix jüngerer und älterer Mitarbeitender gesetzt. Die Senior Consultants vertreten den Geschäftsführer beispielsweise bei Gesprächen und sind auch eine gute Begleitung bei Kundengesprächen. Sie verfügen über eine gelassene Distanz zu Herausforderungen, äußeren Zwängen und Abhängigkeiten, die für jüngere Führungskräfte noch bestimmend sind. Alle Generationen werden hier im Team gleichgestellt und mit ähnlichen Positionen versehen. Auch können gereifte Personen als Ratgeber ihre Lebenserfahrungen und ihr Wissen an Jüngere weitergeben. 

Nachhaltig erfolgreich kann nur sein, wer Rahmenbedingungen dafür schafft, dass sich auch ältere Mitarbeitende respektiert fühlen. Sie danken es mit noch mehr Loyalität und Engagement

Weiterführende Informationen

  • Warum Age Diversity für Unternehmen immer wichtiger wird 
  • Warum Altersdiskriminierung vor allem Frauen betrifft 
  • Alexandra Hildebrandt: Von Generation Alpha bis Generation Z. Amazon. Kindle Edition 2017/2022.
  • Martha Nussbaum und Saul Levmore: Älter werden. Über die Liebe, das Leben und das Loslassen. Aus dem Englischen übersetzt von Manfred Weltecke. wbg Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2018.
  • Wolfgang Schmidbauer: Die großen Fragen des Alterns. Seelisch im Gleichgewicht bleiben. Dem Leben spielerisch begegnen. Das Glück im Tun finden. Ecowin Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München 2022.
  • Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Wer schreibt hier?

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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