Warum jedes Team Werte braucht – und wie man die richtigen findet
„Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel anders setzen.“
Mit diesem Zitat habe ich kürzlich einen Workshop mit meinen Mitarbeitern eingeleitet. Für einen halben Tag habe ich alle zusammengetrommelt, um mit ihnen über ein Thema zu sprechen, das mir als Führungskraft sehr am Herzen liegt: ein gemeinsamen Wertesystem, das wir intern und extern in unsere Arbeit integrieren und leben. Warum ich das für so wichtig halte? Weil es Identität stiftet. Und Mitarbeiter, die sich über gemeinsame Werte mit ihren Kollegen und ihrer Firma verbunden fühlen, für gewöhnlich länger im Unternehmen bleiben, mehr Eigenverantwortung für den Kunden übernehmen und darüber hinaus auch noch gerne zur Arbeit kommen.
Da wir in den letzten Jahren als Unternehmen stark gewachsen sind, war es mir wichtig, das ganze Team neu abzuholen und gemeinsam mit jedem Mitarbeiter eine neue Unternehmenskultur zu erarbeiten, also eine große Frage zu beantworten: Wie wollen wir sein?
Wie finden wir unsere Werte?
Der Workshop begann mit einer einfachen Aufgabe: Jeder Einzelne sollte einen Wert aufschreiben, der ihm oder ihr am Allerwichtigsten in unserer Zusammenarbeit ist. Frei von der Position im Unternehmen und irgendwelchen Hierarchien hat hier jeder das gleiche Mitspracherecht, denn letztendlich machen ja genau die vielen Persönlichkeiten und Meinungen unser Team aus.
Wobei ich überrascht feststellen durfte, dass viele von uns schon in die gleiche Richtung denken und wir schnell merkten, dass vor allem eines bei uns im Mittelpunkt stehen soll: die familiäre Gemeinschaft. Flankiert wird diese von den Begriffen Respekt, Vertrauen und zukunftsorientiert. Wir haben ganz intensiv darüber gesprochen, was diese Wörter wirklich für uns bedeuten und sie noch einmal stärker für uns definiert, damit wir, wenn wir sie im Alltag benutzen, auch wirklich alle von der gleichen Sache sprechen. An diesen Begrifflichkeiten, die wir in den nächsten Wochen vielleicht noch ein bisschen anpassen werden, möchten wir uns in Zukunft „messen“. Zunächst im gemeinsamen Miteinander, dann aber natürlich auch im Umgang mit den Kunden. Das sollte im besten Fall Hand in Hand gehen. Unser „Werte-Rad“ haben alle Mitarbeiter am Ende des Workshops unterschrieben, was dem Ganzen auch eine gewisse Verbindlichkeit gibt.
Werte dienen als Kompass
Was mir besonders gut daran gefällt, dass wir jetzt klare Werte definiert haben, die uns Guidelines bieten. Sie bringen gleichzeitig die Chance mit sich, auch in der Kommunikation offener zu werden. Wenn ein Mitarbeiter mir zum Beispiel versprochen hat, ein Angebot an den Kunden rauszuschicken und das vergisst, dann kann ich ihn an unseren Wert „Vertrauen“ und die damit verbundene Verlässlichkeit erinnern. Genauso dürfen – und sollen – mich meine Mitarbeiter „zurechtweisen“ und etwa an einen respektvollen, freundlichen Umgang erinnern, wenn mein Ton mal zu harsch war. Im Mitarbeitergespräch können wir uns auch wunderbar an genau diesen Begrifflichkeiten orientieren.
Wie wir jetzt weiter mit unseren neu erarbeiteten Werten umgehen? Sie sollen natürlich auch optisch bei uns im Arbeitsalltag Einzug halten. Sowohl in der Wandgestaltung, wo wir sie für alle gut sichtbar darstellen werden, als auch in Form von kleinen Tischkarten. Wir haben uns außerdem überlegt, einen Kalender mit unseren zwölf Kernbotschaften zu gestalten und so jeden Monat den Fokus besonders stark auf ein Thema zu legen. So kann das neue Wertesystem langsam in Fleisch und Blut übergehen.
Veränderung geht nicht von heut auf morgen
Denn eines darf man bei diesem Projekt nicht vergessen: Veränderung braucht immer Zeit und bei manch einem Mitarbeiter dauert es vielleicht ein bisschen länger, sich an den Kulturwandel zu gewöhnen. Es sind ja nicht nur die Werte, ganze Unternehmensstrukturen und Führungstile verändern sich – auch bei uns. Das klassische Silo-Denken wird aufgebrochen, die stark ausgeprägten Hierarchien, die früher total normal waren, werden abgeschafft. Die typische Pyramide von damals, wo der Chef von oben herab dirigiert hat, dreht sich heute um. Ganz oben stehen neben dem Kunden, der immer im Fokus ist, vor allem die Angestellten in der Basis. Die Führungskraft sollte im besten Fall von ganz unten als Dienstleiter und nicht als Befehlshaber fungieren.
Und genau darum ist es auch so wichtig, Unternehmenswerte gemeinsam mit dem Team zu erarbeiteten und sie ihnen nicht einfach als beschlossene Sache vorzusetzen, denn am Ende sind es vor allem die Mitarbeiter, die die Werte leben und nach außen an den Kunden herantragen– und so zeigen, wofür unsere Firma steht.