Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Welche Bedeutung hat der Glaube in einer Zeit, die von Krisen und Unsicherheit geprägt ist?

Dr. . Alexandra Hildebrandt

Annäherung an Gott in einer entgötterten Welt

Spielt der Glaube überhaupt noch eine Rolle in einer Zeit, in der Kirchen ihre Relevanz und Überzeugungskraft verloren haben? Die Kirchenaustritte sind auf Rekordhöhe, zugleich gewinnt die Sinnsuche immer mehr an Bedeutung. Der Publizist Sebastian Kleinschmidt, Jahrgang 1948, sucht in seinem Buch "Kleine Theologie des Als-ob" nach einem dritten Weg neben Atheismus und Gottesglaube. Der Mensch könne sich auf Gott beziehen

  • im Zustand des Glaubens
  • im Zustand des Unglaubens
  • im Status der Annahme.

Letzteres ist das titelgebende "Als ob". Bei jedem Gebet stelle sich die Frage, ob es erhört werde. Dem Betenden reiche allerdings ein Als-ob: "Er betet, als ob sein Gebet erhört wird." Kleinschmidt versucht in seinem Buch, einen Weg zu Gott und zur Religion oder Religiosität zu öffnen - vor allem auch für skeptische und ungläubige Menschen. Sie betreten hier ein Terrain, das sie sonst nicht betreten würden und erhalten „nachhaltige“ Impulse und Inspirationen. Der Autor hat einen sehr weiten Begriff von Religiosität – er reicht vom Monotheismus bis zum Pantheismus und zum Animismus. Religion wird seiner Meinung nach immer wichtiger. Sie werde „eine neue Funktion von Orientierung und Sinnstiftung“ übernehmen, denn wir leben heute in einer Welt der Wissensexplosionen. Je mehr dieser Kosmos expandiert und das Wissen fragmentiert, desto stärker wird im selben Maße der Grad der Unbildung und damit der Orientierungslosigkeit. Menschen sehnen sich nach Verlässlichkeit und Stabilität, nach etwas, das ihnen die Kraft gibt, Halt zu finden in einer haltlosen Welt. Die Herausforderungen der aktuellen Krisen werden uns noch mehr Stehfestigkeit abverlangen. Der Hebräerbrief definiert den Glauben als „Feststehen in dem, was man erhofft“ (Heb 11,1), ohne sich täglich nach dem Wind zu drehen. Beim Propheten Jesaja sind Glaube und Stehen eine Einheit: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht, so habt ihr kein Stehvermögen.“ (Jes 7,9) Vor allem in Krisenzeiten sind Menschen auf der Suche nach Verlässlichkeit und Orientierung, nach etwas, das ihnen die Kraft gibt, sich immer wieder aufzurichten, und das ihnen hilft, ihr eigenes Kreuz zu tragen.

Es ist die Sehnsucht nach etwas Höherem, das über das eigene Leben hinausreicht.

Voraussetzung dafür ist allerdings die Empfänglichkeit und das Bewusstsein, dass das eigene Leben ohne Bezug auf etwas Größeres unvollständig ist. So fragt Kleinschmidt beispielsweise, was wäre, wenn wir uns so verhalten würden, als wenn es Gott gäbe – und dieser uns auch noch lieben würde? Wissenschaft und Philosophie allein machen geistig nicht „satt“, weil ihnen häufig das Geheimnisvolle und Wundersame der Religion fehlt. Unter dem schützenden Mantel eines Als-obs muss alles Rationale und Skeptische nur über Bord geworfen werden. Und auch das Spirituelle, das sich oft dem Verdacht der Weltfremdheit stellen muss, hat Raum. Das Als-ob dient Kleinschmidt als Leitfaden seiner persönliche Glaubensgeschichte: Sein Vater war Domprediger in Schwerin und in der DDR ein prominenter, religiöser Sozialist. Sebastian Kleinschmidt war Marxist. Dennoch interessierten ihn von den marxistischen Autoren auch diejenigen besonders, die sich eine gewisse Offenheit gegenüber der Religion sich bewahrt hatten: Ernst Bloch oder Walter Benjamin. Hier haben ihn besonders die Verbindungen von Materialismus und theologischer Betrachtungsweise interessiert. Kleinschmidt las Marx' Religionskritik und die Bücher von Feuerbach, Lukrez, Nietzsche und Freud. Irgendwann hatte er allerdings den Verdacht, dass hier etwas abgewiesen werde, das noch nicht begriffen ist. 

Mit 25 Jahren las er schließlich Luther, dessen Bibel die Weltgeschichte nachhaltig veränderte. Der Reformator Martin Luther übersetzte sie in eine theologisch mutige Sprache. Er war ein Mensch des neuen Weges, der sich bemühte, „rein und klar zu dolmetschen“, rang um den geeigneten Ausdruck, um den Sinn des Urtextes vollständig zu erfassen und übertrug in mehreren Monaten oft nur wenige Zeilen. Dem Text sah man dann später die „Wackersteine und Klötze“ nicht mehr an, die zuvor im Wege lagen: „Es ist gut pflügen, wenn der Acker bereinigt ist.“ Kleinschmidt studierte später Philosophie, Geschichte, Ästhetik und war von 1991 bis 2013 Chefredakteur der Zeitschrift „Sinn und Form“. Heute ist er als Essayist und Herausgeber tätig und hat diverse Buch- und Zeitschriftenaufsätze über Literatur, Philosophie, Theologie sowie bildende Kunst veröffentlicht.

Das Buch:

  • Sebastian Kleinschmidt: Kleine Theologie des Als ob. Claudius Verlag, München 2023.

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Wer schreibt hier?

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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