Wie dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegengewirkt werden kann
In Zeiten der Globalisierung, Digitalisierung, zunehmender Krisen und Komplexität ist das Bedürfnis nach Heimat und Geborgenheit in überschaubaren Strukturen besonders ausgeprägt. Befriedigt wird es vor allem durch Fernsehserien wie „Unser Landarzt“ „Die Landärztin“, „Der Landarzt“ oder „Der Bergdoktor“. Allen gemeinsam ist, dass die Ärzte – frei von ökonomischen Zwängen - durch ihre Region wandern und sich für ihre Patienten Zeit nehmen. Die Realität (der Sekundenmedizin) wird verklärt und verzerrt – und genau das macht die Produktionen so erfolgreich, weil sie Träume erfüllen. Das Comeback der ländlichen Regionen und die Kultur der Nähe hat auch demografische, nachhaltige und technologische Gründe: Identität braucht Begrenzung, Verankerung in einer lokalen Gemeinschaft, Geborgenheit und eine Konstante im Leben. Das Thema „Landarzt“ steht zugleich symbolisch dafür. 2018 wurde in einigen Bundesländern die Landarztquote eingeführt. Sie ermöglicht Menschen (unabhängig von den allgemeinen Zulassungsbeschränkungen), Medizin zu studieren, wenn sie sich verpflichten, mindestens zehn Jahre nach dem Studium in ländlichen Regionen zu arbeiten.
Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, denn er setzt Anreize und zeigt, wie umfassend und spannend dieser Beruf sein kann.
Auch die junge Unternehmerin Christine Bergmair baut darauf auf: Auf dem Land hat sie einen Ort der Gesundheit geschaffen, der auch für Landärzte attraktiv ist: Hier sollen Generationen zusammenkommen und sich aufgehoben fühlen - ob als Patient oder Therapeut. Im Mittelpunkt stehen eine ganzheitliche Betrachtung und Behandlung des Menschen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist selbstverständlich, zudem werden ständig praxisübergreifende Angebote entwickelt. Parkplätze und Fahrradstellplätze befinden sich direkt vor dem Gesundhaus i-Tüpferl in Steindorf, das zwischen Augsburg, München und dem Ammersee gut erreichbar ist. Das Gebäude, das mitten der schönen Natur liegt, ist barrierefrei und für alle gut zugänglich. „Es ist Wahnsinn, was sich in einem Jahr entwickelt hat: von einem Acker zu einem modernen Gebäude in einem kleinen Naturpark, das sich so wunderbar in die traumhafte Landschaft einfügt“, sagt die Gesundheitsexpertin. Leider macht sie auch die Beobachtung, dass viele junge Ärzte die Niederlassung scheuen, weil sie nicht richtig darauf vorbereitet werden. „Gleichzeitig sind die Abrechnungsmodalitäten und gesetzlichen Bedingungen eine immer größer werdende Herausforderung.“
Dennoch setzt sich Christine Bergmair weiter dafür ein, möglichst niederschwellige Angebote zu schaffen, die helfen, sich selbständig zu machen. „Raum-Sharing, das aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten interessant ist, ein zukunftsfähiges Gemeinschaftskonzept, zusammen an ganzheitlicher Medizin zu arbeiten und ein nachhaltiges Marketing mit gemeinsamem Auftritt im Internet und Social Media sind wertvolle Anreize.“ Landärzte haben zudem den Vorteil, dass diese Region stark unterversorgt ist und eine Niederlassung sogar gefördert wird. Es wird auf innovative Ansätze gesetzt, um angehende Ärzte für eine Tätigkeit auf dem Land zu gewinnen und langfristig in der Region zu halten. Auch die Etablierung vielfältiger Netzwerke trägt hier dazu bei, die medizinische Versorgung für die Zukunft zu sichern.
Weiterführende Informationen:
- Interdisziplinäre Medizin, Land + Innovation geht nicht? Geht doch!
- Dem demographischen Wandel entgegenwirken: Interview mit Christine Bergmair
- Magdalena Marszałek, Werner Nell, Marc Weiland (Hg.): Über Land. Aktuelle literatur- und kulturwissenschaftliche Perspektiven auf Dorf und Ländlichkeit. Transcript Verlag, Bielefeld 2018.
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