Wie die Dekarbonisierung der Automobilindustrie gelingen kann
Im Vorfeld der UN Klimakonferenz 2021 hat die BMW Group als erster deutscher Automobilhersteller die „Business Ambition for 1.5°C“ der gemeinnützigen Initiative Science Based Targets (SBTi) unterzeichnet und bekennt sich zu dem Ziel einer vollständigen Klimaneutralität über die gesamte Wertschöpfungskette bis spätestens 2050.
Ziel der von den Vereinten Nationen (UN) unterstützten Initiative von CDP, UN Global Compact, World Resources Institute und dem WWF ist es, unternehmerische Klimaziele in Einklang mit den Erkenntnissen der Klimawissenschaft zu bringen. Der Net-Zero Standard, der am 28. Oktober 2021 von der SBTi vorgestellt wurde, ist die weltweit erste wissenschaftlich fundierte Zertifizierung der Netto-Null-Ziele von Unternehmen im Einklang mit dem Ziel des Pariser Abkommens.
Die BMW Group hat sich bereits 2020 ambitionierte wissenschaftsbasierte Ziele für alle drei Scopes bis zum Jahr 2030 (Basisjahr 2019) vorgegeben. Bis dahin soll über die gesamte Wertschöpfungskette die CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge um mindestens 40 Prozent sinken.
Die Dekarbonisierung beginnt bereits vor dem eigentlichen Fahrzeug bei der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung.
Um diese vorgelagerten Emissionen gezielt zu reduzieren, ist es wichtig, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, der sämtliche Bereiche der Lieferkette umfasst. „Die Zukunft der BMW Group ist elektrisch, digital und zirkulär“, kündigte Aufsichtsratschef Norbert Reithofer im Geschäftsbericht 2022 an. 2024 verfügt die BMW Group über ein Angebot an vollelektrischen Fahrzeugen in praktisch jedem ihrer wesentlichen Segmente. Bis 2030 soll jedes zweite Fahrzeug der Marken BMW, MINI und Rolls-Royce rein elektrisch unterwegs sein. Die effektiven Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen können auch für andere Unternehmen aus der Automobilbranche eine Richtschnur für nachhaltiges Handeln sein. Dazu gehören:
- Erarbeitung einer Dekarbonisierungs-Strategie
- Digitalisierung und Künstliche Intelligenz: Nachverfolgung und gemeinsame Nutzung der umfangreichen Datenströme aus der Lieferkette (Transparenz und Kohärenz bei der Berechnung von CO2-Emissionen), ein vielversprechender Ansatz ist Catena-X, eine Initiative der Automobilindustrie zur Digitalisierung der Wertschöpfungskette
- Überprüfung in allen Bereichen, wie Emissionen am stärksten reduziert können
- Engagement außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette, um zusätzliche Beiträge zur CO2-Vermeidung zu leisten (die BMW Group unterstützt seit 2021 Initiativen wie First Climate und atmosfair freiwillig, ohne dass diese auf die CO2-Minderungsziele der BMW Group angerechnet werden, Förderung von Biodiversität an den Standorten durch ökologische Lebensräume)
- Forschung und Entwicklung (F&E) mit klarem Fokus auf Nachhaltigkeit
- Konsequente Investitionen in Energieeffizienz
- Zusammenarbeit mit Lieferanten: Integration von CO2-mindernde Maßnahmen in die Lieferverträge (verbindlich für die Zulieferer)
- Nutzung des Ansatzes „local for local“: Stärkung der Zusammenarbeit mit regionalen Zulieferern, Bezug von Materialien möglichst aus der Nähe, kürzere Transportwege
- Arbeit an der Klimafreundlichkeit der emissionsintensiven Materialien (z.B. Stahl und Aluminium)
- Kontinuierliche Optimierung von Prozessen
- Erhöhung der Flexibilität und Widerstandsfähigkeit des gesamten Produktionsnetzwerks (Resilienz durch Regionalität)
- Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen.
Kreislaufwirtschaft als Schlüssel zur Ressourcenschonung und CO2-Reduktion
Circular Economy gehört bei der BMW Group inzwischen zum Kerngeschäft: So werden bei der Fahrzeugfertigung verschiedene Anteile aus recycelten und wiederverwendeten Materialien eingesetzt, Altfahrzeuge werden in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt, aber auch die Fahrzeugarchitektur wird an Recyclingprozesse und -design angepasst, zudem wird Wert auf eine verbesserte Wiederverwertbarkeit und Second Life für Batterien gelegt.
Susanne Klatten, die Tochter des Industriellen Herbert Quandt und seiner dritten Ehefrau Johanna Quandt, erbte gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Stefan das Vermögen ihres Vaters, darunter Anteile an der BMW AG. Sie ist Gründerin des Entrepreneur-Zentrums UnternehmerTUM. Der Forschungsverbund CirculaTUM widmet sich ebenfalls dem Wandel zu einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft.
Der TUM School of Engineering and Design (ED), die sich mit ihrer Gründung im Oktober 2021 der Maxime des Kreislaufwirtschaftens und der Nachhaltigkeit verschrieben hat, kommt dabei eine bedeutende Rolle zu. CIRCULAR REPUBLIC ist die Initiative für Kreislaufwirtschaft von UnternehmerTUM. In diesem lokalen Ökosystem können zukunftsfähige Start-ups gegründet werden und nachhaltig wachsen. Um daran teilzuhaben, müssen Start-ups mindestens einen der folgenden Aspekte im Geschäftsmodell verankert haben:
- Beitrag zur Verlängerung der Lebenszeit eines Produkts
- Produkte aus nachwachsenden oder recycelten Materialien zur Verfügung stellen
- „Product-as-a-Service”
- Rückgewinnung von Materialien aus Produkten am Ende ihrer Lebenszeit
- Sharing-Plattform für Nutzerinnen und Nutzern als Sharing-Plattform
- Unterstützung von Unternehmen, zirkuläre Wertschöpfungsketten zu etablieren.
Weiterführende Informationen:
- Warum Unternehmen ihre Dekarbonisierungsbemühungen jetzt beschleunigen müssen
- Ambitioniert, aber machbar: Wie Unternehmen Klimaneutralität erreichen wollen
- Wie Science Based Targets Initiative (SBTi) Unternehmen beim Erreichen ihrer Klimaziele unterstützt
- CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg 2021.
- Rüdiger Jungbluth: Die Quandts. Ihr Aufstieg, ihre Schuld, ihr Reichtum. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Campus Verlag. Frankfurt, New York 2024.
- Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
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