Wie Yoga zur Stärkung der Resilienz beiträgt
„Alle Stärke wird nur durch Hindernisse erkannt, die sie überwältigen kann.“ Immanuel Kant
Resilienz als Schlüsselkompetenz der Zukunft
Resilienz (lat. resilire – zurückspringen, abprallen) ist ursprünglich ein Begriff aus der Materialwirtschaft: Er beschreibt die Fähigkeit eines Körpers, sich unter Druck zu verformen und anschließend wieder in die Ursprungsform zurückzukehren. Der Begriff Resilienz wird seit 1950 verwendet. Die meisten Autoren beziehen sich auf eine Langzeitstudie von Emmy Werner, eine amerikanische Entwicklungspsychologin, die darunter die psychische Robustheit verstand, welche aktiv im Umgang mit Anforderungen oder Belastungen von einem Kind erworben wurde. Sie erlaubt dem Individuum auch später, Krisen zu meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Resilienz ist jedem Menschen angeboren, sonst wäre niemand in der Lage, schwierige Situationen zu meistern und in einen ursprünglichen störungsfreien Zustand „zurückzuspringen“. Der Begriff beinhaltet demnach Persönlichkeitseigenschaften („Traits“), vor allem aber Kompetenzen und veränderbare innere Zustände („States“) mit Denk- und Verhaltensmustern (trainierbar), die präventiv und insbesondere in herausfordernden, stressigen Situationen für die Stabilisierung, Gesunderhaltung und Produktivität von Menschen hilfreich sind. Eine gelungene Stressantwort ist Coping (engl. To cope with = bewältigen, überwinden), eine Stressregulation durch das Einüben von Emotionsregulation. Bewährte Methoden dazu sind im Yoga zu finden.
Resilienzfaktoren und ihre Bedeutung
Achtsamkeit
Achtsamkeit bedeutet eine bewusste und nicht wertende Wahrnehmung dessen, was im Hier und Jetzt geschieht. Es geht darum, dem Moment mehr Aufmerksamkeit zu schenken, auch Langsamkeit und Langeweile zulassen, alle Sinne zu benutzen. Zudem geht es darum, aus Multitasking One-Tasking zu machen. In diesen Kontext gehört auch die Slow-Philosophie, die sich als Kulturrevolution gegen die Vorstellung versteht, dass schneller immer auch besser ist. Achtsamkeitsübungen wirken sich nachweislich positiv auf die psychische Gesundheit aus. Durch Jon Kabat-Zinn wurde die Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) bekannt. Eine Grundübung lautet: „Gedanken beobachten“.
Die Vier Grundlagen der Achtsamkeit:
- Beobachtung der Körperempfindungen
- Beobachtung der Gefühle und Emotionen
- Beobachtung der Gedanken
- Beobachtung des Geisteszustandes.
Achtsamkeit ist die Basis, auf dem Yoga gedeiht.
Die alte Technik hat ihren Ursprung in Indien gefunden, um in Balance mit sich selbst, seinem Körper und dem Geist zu leben. Das Wort leitet sich aus dem Sanskrit von yuj ab (anjochen und verbinden). In der Wortbedeutung von Yoga = Anjochung ist auch die Vorstellung des unsteten Geistes enthalten, der nie ganz zum Stillstand kommt. Es ist deshalb wichtig, diesen Geist „an den Zügel zu nehmen“, damit er nicht immer wieder abschweift. Yoga wird als ein System der Selbstregulierung verstanden, das uns darin unterstützt, sämtliche Phänomene des Körper-Geist-Umwelt-Systems miteinander in Einklang zu bringen. Je bewusster und achtsamer wir denken und handeln, desto mehr kehren wir zum eigenen Wesenskern (was uns im Inneren ausmacht) zurück, der unverletzlich ist. Im Stress wird allerdings der Kontakt zu dieser inneren Ressource verloren. Es kann keine neue Energie entstehen, weil keine Energie mehr vorhanden ist und durch Energiefresser vollständig verbraucht wurde. Gestaltend auf das eigene Erleben einzuwirken, bedeutet zugleich das Ende des Stresses. Die moderne Psychologie bestätigt die Wirkung von Yoga auf die Stärkung der Resilienz. Meditieren und Yoga sind heute längst nicht mehr in Spiritualitätsecke zu finden, sondern auch in Großunternehmen, die Achtsamkeitskurse für ihre Mitarbeitenden anbieten.
Auch die Unternehmerin Christine Bergmair, Gründerin, Geschäftsführerin der Bergmair‘s i-Tüpferl GmbH & Co. KG und Osteopathin, bietet diese neben verschiedenen Behandlungsansätze an. Im Gesundhaus i-Tüpferl in Steindorf - einer schwäbische Gemeinde mit knapp 1.000 Einwohnern, im Einzugsgebiet der Metropole München sowie der Großstadt Augsburg - sind Gesundheit und Prävention zu einem ganzheitlichen Konzept unter einem Dach vereint. Ärzte, Therapeuten und Gesundheitsberufe unterschiedlicher Heilkunden sowie Berufe und Unternehmen aus Gesundheit und Soziales arbeiten interdisziplinär zusammen. Es ist ihr ein wichtiges Anliegen, „die Weiterentwicklung der modernen Medizin, das Umdenken im Gesundheitswesen sowie die professionelle Begleitung von Menschen im täglichen Austausch aktiv zu leben.“ Auch die Idee des Yoga findet sich hier verstärkt: In entspannter Atmosphäre sollen die Menschen „die Seele baumeln lassen: Atemübungen, Fantasiereisen und Stretching oder kleine Theorie-Einheiten für ‚Pause-Inseln‘ im Alltag werden angeboten. Viele Kurse geben Anregungen, wie Yoga mühelos in den Alltag integriert werden kann.
Vorteile von Yoga:
- Verbesserung der Beweglichkeit
- Lösung mentaler Blockaden
- Senkung des Bluthochdrucks
- Verringerung der Cholesterinwerte
- Förderung Teamgeist, Kreativität und Produktivität
- Veränderung der Gehirnstruktur - speziell in den Regionen, die für Gedächtnis, Selbstwahrnehmung, Empathie und Stress zuständig sind (neuronale Plastizität)
- Unterstützt den Kampf gegen den Krebs (Reduzierung der Fatigue und Entzündungen im Körper)
- Kultivierung und Stabilisierung von Körper und Geist
- Stärkung des Mitgefühls für andere und Empathie für die Umwelt
- Stärkung der Muskulatur
- Reduzierung des Nüchternblutzuckerwerts bei Menschen mit Typ-2-Diabetes
- Schmerzlinderung (Kopfschmerzen und Migräne sowie Rückenschmerzen)
- Befähigung zu mehr Selbstverantwortung
- Verwirklichung von mehr Selbstwirksamkeit
- Stärkung der Koordinationsfähigkeit, Flexibilität, Kraft und Ausdauer
- Lösen von Verspannungen
- Reduzierung von Vorhofflimmern
- Schärfung des Blicks fürs Wesentliche
- Förderung des Wohlbefindens.
Wichtig ist, den Grundgedanken von Yoga zu verstehen: dass Yoga nicht auf der Matte beginnt und nach dem Ausführen der Asanas wieder endet, sondern auch in den Lebens- und Arbeitsalltag integriert werden sollte, indem jede Aufgabe und Tat achtsam wahrgenommen und ausgeführt wird.
Akzeptanz
Vergangenheit, Unveränderbares und Unvermeidbares werden angenommen – zur Akzeptanz gehört aber auch, sich selbst mit den eigenen Stärken und Schwächen wertzuschätzen.
Hoffnung
Das alte „Prinzip“ ist vor allem im Zusammenhang mit Krisen und Belastungssituationen relevant. Allerdings geht es nicht darum, passiv abzuwarten, dass sich alles zum Guten ändert, sondern konkret zu handeln. Drei Elemente sind nach Charles R. Snyder (Vertreter der Positiven Psychologie) relevant für das Hoffnungskonzept:
- die Fähigkeit, Ziele zu definieren und Wege zum Ziel finden zu können
- Zuversicht, diese Ziele erreichen zu können
- die Motivation, alles für die Zielerreichung tun zu wollen.
Optimismus
Nachweislich ist Optimismus zu einem großen Teil das Ergebnis positiver Erfahrungen im Leben. Der Schlüssel zu einem realistischen Optimismus beinhaltet keine rosarote Weltsicht, sondern die Überzeugung, dass schwierige Situationen auch wieder besser werden - und dass es gut ist, die Dinge anzupacken. Wer positive Ergebnisse erwartet, hat in der Regel auch eine größere Handlungs- und Durchhaltebereitschaft.
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeitserwartung ist ein Konzept aus der sozial-kognitiven Theorie von Bernhard Bandura und beinhaltet die subjektive Erwartung, Anforderungssituationen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Selbstvertrauen, ein stabiler Selbstwert und Selbstverantwortung stärken das Gefühl von Selbstwirksamkeit.
Verbundenheit
Der Wunsch, von anderen akzeptiert zu werden, heißt der Psychologie „Anschlussmotiv”, im Yoga beschreibt der Begriff „Kula” das Konzept der Gemeinschaft. Wer ein stabiles soziales Netzwerk hat, erlebt weniger Stress und bleibt gesünder.
Urvertrauen
Ohne Urvertrauen könne der Mensch nämlich morgens sein Bett nicht verlassen, sagte der Soziologe Niklas Luhmann: Es wird auf etwas vertraut, ohne zu wissen, welche Erfahrungen folgen werden. Das ist oft verlässlicher als der mühsame Versuch, dem Leben die eigenen Bedingungen aufzudrücken.
Weiterführende Informationen:
- Nachhaltige Stressantwort: Yoga
- Nachhaltigkeit und Selbstverantwortung: Zum richtigen Umgang mit der eigenen Lebensenergie
- Interdisziplinäre Medizin, Land + Innovation geht nicht? Geht doch! Interview mit Christine Bergmair
- Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag, Berlin, Heidelberg 2021.
- Inga Heckmann: Von der Kunst Yoga & Achtsamkeit im Alltag zu leben Irisiana Verlag, München 2015.
- Werner Neumüller: Das resiliente Unternehmen im Mittelstand. Am Beispiel der Neumüller Unternehmensgruppe. In: Zukunftsvision Deutschland. Innovation für Fortschritt und Wohlstand. Hg. Marion A. Weissenberger-Eibl. SpringerGabler Verlag, Berlin Heidelberg 2019.
- Anna Trökes: Anti-Stress Yoga. Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015.
- Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg.
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