Wir haben mit 50+ einen Job gefunden – in Corona Zeiten. Und wie das ging? Ganz einfach so!
Corona lässt uns nicht mehr los, schon wieder hat die Regierung neue harte Maßnahmen beschlossen um dem Virus Herr zu werden. Ob sie sinnvoll sind und fruchten? Wir werden sehen. Einschränken tun sie uns allemal und den klassischen Bewerbungsprozess gibt es aktuell nicht. Er hat sich verändert, ist anders geworden. Oft spreche ich mit Menschen, die das Gefühl haben, nie wieder etwas zu finden. Und doch gibt es Erfolgsstory’s und einige davon möchte ich Ihnen mit auf Ihren persönlichen Berufs- und Bewerbungsweg geben.
Vor ein paar Tagen wollte ich wissen, wie viele meiner Kontakte hier auf XING und LinkedIn, in der Corona Zeit erfolgreich einen neuen Job gefunden haben. Also recherchierte ich und hatte in kurzer Zeit 20 Personen zusammen, die vor ein-zwei-drei Monaten, trotz Corona, Ihre neue Arbeitsstelle antraten.
Mir war es wichtig zu erfahren, wie sie dies geschafft hatten, wie sie vorgegangen sind, wie sie sich vorbereitet und aufgestellt haben. Also habe ich mit ihnen Kontakt aufgenommen. Als leidenschaftlicher Netzwerker sollte man ja stets seine Kontakte pflegen. Übrigens kann man durch solch eine Aktion wunderbar erkennen, wer wirklich ein verlässlicher Kontakt ist und wer nicht, aber dies nur am Rande. 😉
Erfolgsgeschichten: der Weg zum neuen Job
Hier also die ersten Erfolgsrezepte für Sie. In diesem Zusammenhang meinen herzlichen Dank an all die Kontakte, die mir geantwortet haben, ich weiss dies wohl zu schätzen und bin, getreu nach dem Win-Win-Gedanken gerne ebenso für sie da.
Account Manager (Hessen/Generation 50+/männlich)
„Aus meiner Erfahrung ist es die größte Herausforderung, den ersten Einstieg zu bekommen.
Was habe ich getan, um tatsächlich einen Termin zu bekommen? Wie will ich das Interesse meines potenziellen Gegenübers wecken, der vermutlich nicht mal annähernd über den gleichen Erfahrungsschatz verfügt? Aber, und dessen war ich mir von Anfang an bewusst, der vermutlich trotzdem eine klare Vorstellung davon hat, was er will.
Ich bin davon überzeugt, dass man als erstes eine realistische Selbstanalyse durchführen muss. Also stellte ich mir die Frage, der Fragen. Wofür stehe ich? Oder anders gesagt, was macht mich besonders? Das kann manchmal auch das Eingestehen von Schwächen sein. Wer macht das schon gerne? Wer stellt für sich selbst fest, dass man Dinge nicht gut kann, dass man Schwächen hat? Was also tun, um dies zu beantworten? Ich habe mir Hilfe dabei gesucht. Man kann sich auch an Profis wenden oder fragen Sie gute Freunde. Fragen Sie gute Arbeitskollegen, die Ihnen vertrauen und denen Sie vertrauen. Am Ende sollte die Antwort auf die Eingangs gestellte Frage stehen - Wofür stehe ich?
Nachdem ich diesen Schritt gegangen bin, wusste ich – dafür stehe ich, das macht mich besonders.
Ich habe den Arbeitsmarkt sondiert und Bewerbungen geschrieben. Mir war es wichtig in meinen Bewerbungen genau auf diesen Punkt hinzuweisen. Egal, ob ich Anschreiben nutzen konnte oder ob nur ein Lebenslauf gefordert war. Ich habe dies stets als Einleitung dieses verwendet. (siehe Anlage dazu).
Am Ende waren es 27 Bewerbungen, 12 x Absagen, 9 x keine Antwort, 3 x zu einem Gespräch eingeladen und anschließender Absage, 1 x Gespräch und danach keine weitere Kommunikation, 1 x erstes und zweites Gespräch und anschließende Absage und final 4 Gesprächsrunden und Zusage.
Bei jeder Bewerbung, wo ich die Chance hatte jemanden anzurufen zwecks der Bewerbung, kam es auch zu einem Gespräch. Alle Gespräche fanden online per Videocall aus dem HO statt. Dazu habe ich immer versucht als Einstieg die Coronasituation zu nutzen, um Gemeinsamkeiten herzustellen. Denn meine Interviewpartner saßen natürlich auch im HO.
Fazit: Gerade in einer Situation, in der es nicht möglich ist sich persönlich zu treffen, ist es noch wichtiger sich gut zu präsentieren. Machen Sie sich bewusst, wofür Sie stehen, denn dadurch unterscheiden Sie sich von den anderen Bewerbern. Suchen Sie nach einer Gemeinsamkeit, irgendetwas, was Sie mit dem Gesprächspartner verbindet. Bei mir war es das Arbeiten aus dem HO, was noch nicht die Normalität ist. Ganz wichtig ist auch, gerade bei Videointerviews, gut auszusehen, also gerade sitzen, ordentliche Kleidung, vernünftiger Hintergrund etc. Damit drücke ich auch Wertschätzung aus.
Und dann gilt es, im Gespräch zu überzeugen.“
Projekt- und Prozessmanager (Niedersachsen/Generation 50+/männlich)
„Das entscheidende war wohl, dass ich mich stets weitergebildet habe und besonders in Sachen Hygiene die entscheidende Bedeutung schon früh erkannte. So habe ich mich dahingehend spezialisiert und auch die Gesetzes- und Verordnungslage zu meinem Wissensstand hinzugefügt. Dieses spezialisierte Wissen haben 80% der von mir betreuten Betriebe nicht. So konnte ich hier Bedarf wecken und durch mich als Person erfüllen.“
Prüfingenieur (Nordrhein-Westfalen/Generation 50+/männlich)
„Ehrlich gesagt, habe ich keine ernsthaften Hindernisse bei meiner Jobsuche durch Corona wahrgenommen. Dass alle Erst-Interviews per Telefon, Skype, Zoom etc. stattgefunden haben, war für mich eher angenehm. Vielleicht liegen die Gründe in meinem Profil. Meine Branche profitiert ja sogar teilweise von der Pandemie. Und der Bereich Entwicklung basiert ohnehin auf einer eher langfristigen Perspektive, so dass da nicht sofort Stellen gestrichen werden, wenn der Absatz einmal vorübergehend einbricht. Dennoch gab es einige Bewerbungsprozesse, die abgebrochen oder auf unbestimmte Zeit eingefroren wurden. Das waren aber weniger als 10 %. Ich arbeite fast ausschließlich mit einer Reihe von Vermittlern, die eigentlich durchgehend Vorschläge für mich hatten.
Vielleicht hilft Ihnen auch diese Rückmeldung, das Bild abzurunden.“
Chief Operation Officer (Nordrhein-Westfalen/45+/weiblich)
„Tja, mein Jobwechsel war mehr ein Zufall, denn ich wurde angesprochen. Jemand, dem ich vor mehr als 10 Jahren in einer Mitbewerbssituation begegnet bin, hat mich für die Position vorgeschlagen. Ich habe das Unternehmen seit seiner Gründung aus der Ferne beobachtet und mir immer gedacht, dass das ein richtig cooles Konzept ist. Und nun plötzlich ging eine Tür auf, die ich genommen habe.
Nun muss man aber auch dazu sagen, dass die aktuelle Situation keine normale ökonomische Krise ist, in der Learning & Development extrem leidet, wie es sonst in wirtschaftlichen Krisen war. Digitales Lernen hat einen enormen Schub erhalten, der hoffentlich anhält und ausgebaut wird. Empowerment of people ist endlich auch in den Unternehmen angekommen. Von daher war es halt auch "Glück", dass dieser Job verfügbar war und ich meine Erfahrung nun einbringen kann.“
Fachbereichsleiter IT (Baden-Württemberg/Generation 50+/männlich)
„Was habe ich gemacht:
Zentraler Startpunkt war mein XING Profil, das wir ja initial zusammen aufgebaut hatten. Das hat sich im Laufe der Zeit zwar etwas verändert, ist aber vom Ansatz her immer noch gleich.
Hilfreich ist auch die Premium-Mitgliedschaft, da ich hier auch meinen Lebenslauf für Personalberater einstellen kann. Das Profil zeigt sowohl im Text als auch in den Premium-Einstellungen die Wechselbereitschaft an. Ich habe in diesem Fall nicht aktiv (Anrufe etc.) gesucht, sondern eher nebenbei auf Reaktionen gewartet.
Es melden sich in der Tat regelmäßig Personalberater mit Anfragen, basierend auf LL und den "Ich suche/ich biete" Einstellungen sowie den Branchenkenntnissen. Auf dieser Basis wurde ich von einem Berater mit definiertem Auftrag angesprochen, der mich dann vorgestellt hat.
Gute Vorbereitung auf das erste Gespräch, meine Persönlichkeit, meine Ziele und wofür ich stehe (einen 90 sekündigen Spot ... ich hasse das Ding, aber es hilft) dargestellt und einige wichtige Fach- Themen angesprochen.
Meinen Schwachpunkt geringfügiger SAP Kenntnisse habe ich offen angesprochen, immerhin beinhaltet die neue Position die komplette Verantwortung für ein sehr umfangreiches SAP System.
Wie ich mittlerweile aus Gesprächen hier weiß war ich nicht unumstritten. Die Personalabteilung wollte wohl nicht, weil man jemand mit ALLEN ausgeschriebenen Kenntnissen suchte, da war SAP ein Manko.
Der kommissarische CIO sowie sein Stellvertreter haben sich aber durchgesetzt. Das wohl auf der Basis das man lieber jemand hatte der Struktur reinbringt, Themen beim Vorstand durchbringt und Projektkenntnisse hat. Sich in die SAP Position rein zu finden traut man mir zu.
Et voilà, da bin ich nun. Zwar kein eigenständiger Gesamt-IT-Leiter für ein kleines Unternehmen mit 6 Mitarbeitern mehr, aber einer von 4 Fachbereichsleitern mit über 30 kompetenten Spezialisten die auch große Projekte umsetzen können.
So nebenbei muss ich in den nächsten Jahren eine komplette SAP Migration hinbekommen. Danach dürfte sich das Thema "Es fehlen SAP Kenntnisse" erledigt haben. 😉“
Chief Operation Officer (Nordrhein-Westfalen/45+/weiblich)
„Zunächst habe ich round about 60 Bewerbungen innerhalb von 3 Monaten versandt - anfangs kamen sehr schnell Absagen ohne jegliche Gespräche mit Hinweis auf Covid 19 herein.
Dann hat sich meine Branche aus verschiedenen Ecken gemeldet, in welcher ich seit 22 Jahren unterwegs bin und wofür ich mich entsprechend entschieden habe.
Das 2., kleinere, Mandat im Consulting Bereich ist durch eine XING Gruppe entstanden. Ein Mitglied hat ein Gesuch eingestellt und ich habe mich gemeldet, wenn ich auch nicht auf die Skills, jedoch auf den Mindset gepasst habe. Und: Jetzt darf ich auch dort unterstützen.“
Der Erfolg der andere motiviert
Ich habe bewusst nichts an den mir freundlicherweise übersandten Statements gekürzt oder verändert, da es mir persönlich wichtig war, das echte Feedback wiederzugeben und zwar genau so, wie es mich erreicht hat, authentisch und ehrlich.
Nun hoffe ich, Sie können etwas für sich mitnehmen und nutzen. Genau das war mein Gedanke, als ich meine Verbindungen kontaktierte.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg.
Bitte bleiben Sie gesund.
Herzlichst
Michael H. Hahl