Frauen in Führungspositionen: Chancen und Herausforderungen

Es gibt deutlich mehr Männer als Frauen in Führungspositionen. Um die Situation zu ändern, müssen Arbeitgebende und Arbeitnehmende die vielfältigen Ursachen identifizieren und beseitigen. Auf welche Herausforderungen treffen Frauen in der Führung und wie gelingt Dir der Sprung in eine Führungsposition? Hier bekommst Du Antworten.

Nur rund ein Drittel der deutschen Führungsetagen ist durch Frauen besetzt. Damit ist die Frauenquote geringer als in vielen anderen europäischen Ländern und eine Verbesserung lässt sich nur schleichend beobachten, trotz gesetzlicher Frauenquote. Dasselbe gilt beim Gender Pay Gap. Allerdings gibt es Unterschiede je nach Branche und Unternehmen. So sind die Frauenquoten beispielsweise in akademischen Berufen höher, was sich unter Ärzten oder Juristen beobachten lässt. Pauschale Aussagen zum Thema sind daher schwierig. Doch unbestritten ist, dass Frauen in einer Führungskarriere auf besondere Herausforderungen treffen.

Frauen und Karriere: Aktuelle Zahlen zum Gender Pay Gap

Als wichtige Kennzahl für die Benachteiligung von Frauen wird neben der Frauenquote oftmals auch der Gender Pay Gap angeführt. Denn Frauen erfahren im Berufsleben einen Einkommensnachteil gegenüber Männern. Das bedeutet, dass sie für eine vergleichbare Position und Tätigkeit ein geringeres Gehalt beziehen. Der unbereinigte Gender Pay Gap lag im Jahr 2021 bei 18 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt). Der bereinigte Gender Pay Gap betrug in der jüngsten Erhebung aus dem Jahr 2018 immerhin noch sechs Prozent. Der Einkommensnachteil von Frauen verringert sich somit nur schleichend, was die Frage aufwirft, wie erfolgreich die Frauenquote ist. Was es mit dem Gender Pay Gap auf sich hat und wie dieser entsteht, erfährst Du im Artikel „Einfach erklärt: Wie ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen entsteht - und was dagegen getan werden kann“.

Was ist die Frauenquote und wie erfolgreich ist sie?

Gender Pay Gap und zu wenige Frauen in Führungspositionen – diese Probleme haben dazu geführt, dass der deutsche Gesetzgeber aktiv wurde. Er hat im Jahr 2015 das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ eingeführt. Ziel ist, mehr Frauen in Führungspositionen zu heben und insbesondere eine höhere Frauenquote im Vorstand zu erreichen. Demnach müssen in börsennotierten und gleichzeitig paritätisch mitbestimmten Unternehmen mindestens 30 Prozent Frauen im Aufsichtsrat sitzen. Selbstbestimmte Zielgrößen gelten für den Vorstand beziehungsweise die Geschäftsführung, für die obersten beiden Führungsebenen unter dem Vorstand sowie in börsennotierten oder mitbestimmungspflichtigen Unternehmen. Bei einem Frauenanteil unter 30 Prozent müssen die betreffenden Unternehmen nach strengen Vorgaben berichten. Der Begriff der Frauenquote hat in den vergangenen Jahren für viel Verwirrung gesorgt, aber auch für neue Bewegung. Einen spannenden Blick auf die Thematik findest Du unter: „Es gibt viel mehr Quotenmänner als Quotenfrauen“. Die Frage, ob die Frauenquote erfolgreich war, lässt sich mit einem „Jein“ beantworten. Durchaus ist der Anteil an Frauen in Führungspositionen seit ihrer Einführung im Jahr 2015 leicht gestiegen. Von echter Gleichberechtigung, also Werten um die 50 Prozent, kann allerdings nur in wenigen Branchen die Rede sein. Noch herrscht also keine Chancengleichheit für Frauen, und zwar nicht nur in der Führung, sondern im Allgemeinen. Das untermauert auch der Gender Pay Gap, weshalb gerne von einem regelrechten Gender Career Gap gesprochen wird.

Erklärungsansätze für die wenigen Frauen in Führungspositionen

Frauen und Führung ist somit ein Thema, dem in den vergangenen Jahren viel Beachtung geschenkt wurde. Denn nur, wer die Unterschiede und Besonderheiten versteht, kann faire Voraussetzungen für Männer sowie Frauen in Führungspositionen schaffen. Daher ist dieses Thema auch für Arbeitgeber von besonderem Interesse, nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels. Häufig wird die Schuld für die Benachteiligung von Frauen bei den Männern gesucht. Doch so einfach ist die Antwort nicht. Denn es gibt mehrere Gründe, weshalb Frauen und Führung so ein schwieriges Thema ist. Verschiedene Erklärungsansätze sehen zum Beispiel wie folgt aus:

  • Kind und Karriere lassen sich für Frauen nach wie vor schwieriger vereinbaren als für Männer. Somit genießen sie zwar Entscheidungsfreiheit, welchen Weg sie einschlagen möchten – müssen aber dennoch Nachteile für ihre Karriere in Kauf nehmen, wenn sie einen Kinderwunsch haben. Es sind nämlich oft die Frauen, die der Kinder wegen eine längere Auszeit vom Beruf nehmen und anschließend nur in Teilzeit zurückkehren. Führung in Teilzeit ist jedoch in vielen Unternehmen noch eher eine Ausnahme als die Regel.
  • Die „Ellenbogenmentalität“, die in zahlreichen Führungsetagen herrscht, schreckt Frauen oftmals ab. Somit fällt es ihnen schwerer, sich bei Beförderungsentscheidungen gegen die männliche Konkurrenz durchzusetzen. Erschwert wird dies auch durch ihre privaten Verpflichtungen, beispielsweise für Kinder, für die Pflege von Angehörigen & Co, die häufiger von Frauen als von Männern wahrgenommen werden. Dadurch sind weniger Überstunden möglich, es bleibt weniger Energie für die Karriere und es wird umso schwieriger, sich im Job durchzusetzen.
  • Selbstzweifel sind ebenfalls ein wichtiges Thema. Einige Frauen trauen es sich schlichtweg nicht zu, sich gegen Männer zu behaupten oder Auseinandersetzungen im Job für sich zu entscheiden. Es fehlt ihnen am Mut oder am Selbstbewusstsein, um eine steile Karriere anzustreben, offen darüber zu sprechen und einzufordern, was ihnen zusteht. Das gilt auch beim Thema Gehalt. Stichwort: Gender Pay Gap.
  • Andere Prioritäten, denn manchen Frauen ist die Karriere schlichtweg nicht so wichtig. Nicht jede Frau wünscht sich ein hohes Gehalt oder einen hierarchischen Aufstieg. Tendenziell neigen Männer eher dazu, nach Macht oder anderen Dingen zu streben, die mit einer Führungsposition einhergehen. Es gibt somit in vielen Unternehmen auch schlichtweg weniger Auswahl an Kandidatinnen, die für entsprechende Positionen infrage kommen.

Letztere Problematik beginnt schon bei der Berufswahl: In klassischen Männerberufen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Sie interessieren sich tendenziell für andere Berufe und auch für andere Positionen. Dadurch bringen sie manchmal schlichtweg nicht die Qualifikationen mit, die sie für eine Karriere in den Führungsetagen bräuchten. Für sie sind stattdessen andere Werte im Berufsleben wichtig, wie Selbstverwirklichung, etwas Gutes zu tun oder eben eine gute Vereinbarkeit von Job und Familie. Es darf also nicht einfach davon ausgegangen werden, dass es ebenso viele interessierte und qualifizierte Frauen für Führungspositionen gibt wie Männer – und dass Männer prinzipiell bevorzugt werden. Warum es weniger Frauen in sogenannten Männerberufen gibt und wie sich die Situation entwickelt, kannst Du im Artikel „Frauen in Männerberufen: Ausnahme oder Regel?“ nachlesen. Allerdings gab es bei einem genaueren Blick auch in männerdominierten Branchen viele namhafte Frauen, die diese nachhaltig geprägt haben: „Frauen haben die IT-Industrie für Männer aufgebaut: Ein Plädoyer, mehr Grace & Margaret zu wagen“.

Welche „Schuld“ trifft die Männer?

Wenn es um Frauen in Führung geht, wird gerne die Schuldfrage gestellt. Wie die Erklärungsansätze bereits deutlich gemacht haben, kann aber nicht mit dem Finger auf die Unternehmen oder die Männerwelt gezeigt werden. Allzu oft stehen sich die Frauen selbst im Weg, indem sie sich selbst die Karriere in der Führung nicht zutrauen oder im Berufsleben nicht für sich einstehen. Doch niemand kann einer Frau einen Vorwurf machen, die keine steile Karriere machen möchte; für die Familie, Privatleben oder andere Dinge im Leben eine höhere Priorität haben. Frauen können also nicht gezwungen werden, eine Führungsposition anzustreben oder (Männer-) Berufe beziehungsweise Positionen zu wählen, die sie schlichtweg nicht interessieren. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch das andere Geschlecht einen Beitrag zur Gender Career Gap leistet. Denn Fakt ist, dass viele Männer bewusst oder unbewusst ein Problem damit haben, von einer Frau geführt zu werden. Frauen stoßen somit auf größere Hürden, wenn sie eine Führungsposition anstreben. Wann, warum und wie einige Männer die Karrieren von ambitionierten Frauen behindern, erfährst Du unter: „Wie Karriere-Männer heute Frauen-Karrieren verhindern: vom Sexismus zur Frauen- Aggressivitäts-Falle“. Zudem hat die Situation auch geschichtliche Hintergründe, wie der Artikel „Frauen, Macht, Karriere: Was wir von den Bauhausmädels lernen können“ näher beleuchtet.

Frauen in der Führung: Vor- und Nachteile

Dass einige Männer ein Problem mit weiblicher Führung haben, ist ebenfalls geschichtlich und gesellschaftlich begründet. Nicht immer würden sie dies offen zugeben oder es ist ihnen nicht einmal bewusst. Doch Frauen haben größere Schwierigkeiten damit, sich in einer männerdominierten Arbeitswelt zu behaupten. Das liegt an Äußerlichkeiten wie ihrer geringeren Körpergröße oder höheren Stimme. Aber das liegt auch an inneren Faktoren wie Selbstzweifeln oder einer anderen Erziehung. Während die „Ellenbogenmentalität“ bei Jungen oft schon im Kindesalter gefördert wird, wird sie vielen Mädchen aberzogen. Wie wichtig die Stimme im Berufsleben ist und ob Frauen tatsächlich einen Nachteil haben, dieser Frage geht der Artikel „Sind Frauen die stimmlichen Versager?“ auf den Grund. Dass es zu Konflikten kommt, wenn Männer durch Frauen geführt werden, liegt außerdem an Unterschieden im Führungsstil. Tatsächlich ist es so, dass viele Frauen anders führen und diese Umstellung fällt nicht allen männlichen (sowie auch weiblichen) Kollegen leicht. Female Leadership zeichnet sich durch mehr Empathie, mehr Kooperation und auch mehr Emotionen aus. Frauen haben einen weicheren Führungsstil, der auf Verständnis sowie Vertrauen basiert. Pauschale Aussagen lassen sich aber kaum treffen, schließlich ist jede Führungskraft individuell – völlig unabhängig von ihrem Geschlecht. Es lässt sich aber durchaus die Tendenz erkennen, dass männliche Führungskräfte mehr auf Kennzahlen wie die Finanzen fokussiert sind, während Frauen in Führungspositionen eher die soziale Ebene priorisieren. Was Frauen in der Führung also für ein Unternehmen mitbringen, ist mehr Diversität und davon können schlussendlich alle nur profitieren. Es kann nämlich nicht behauptet werden, dass Frauen oder Männer prinzipiell die besseren Führungskräfte seien. Sie können sich stattdessen perfekt ergänzen und je nach Position eignet sich eben die eine oder andere Person besser. Falls Du wissen möchtest, warum Diversität wichtig ist und welche Rolle das Netzwerken dabei spielt, wirst Du unter „Investieren Frauen weniger in ihre Karriere?“ fündig.

Frauen und Karriere: Effekte einer weiblichen Führung

Es gibt demnach nennenswerte Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Führung, die den Unternehmen bewusst sein sollten. Ausnahmen bestätigen die Regel. Denn die Frauenquote sinnvoll umzusetzen, bedeutet nicht, willkürlich Frauen in Führungspositionen zu befördern, um das absolute Minimum zu erreichen. Stattdessen müssen die richtigen Kandidatinnen identifiziert und gefördert werden, um von weiblicher Führung wirklich zu profitieren. Dafür ist eine moderne Unternehmensorganisation möglich, die den Frauen attraktive Perspektiven gemäß ihren Vorstellungen bietet. Das kann auch bedeuten, das Führen in Teilzeit zu normalisieren, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erreichen. Kind und Karriere dürfen kein Entweder-oder mehr sein. Gleichzeitig sollte es weiblichen Führungskräften ermöglicht werden, ihre Stärken bewusst auszuspielen, anstatt sich einen männlichen Führungsstil aneignen zu müssen. Dann kann weibliche Führung folgende Effekte mit sich bringen:

  • Ein hoher Frauenanteil wirkt sich positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens aus.
  • Unternehmen mit hoher Frauenquote im Vorstand sind finanziell erfolgreicher.
  • Frauen führen eher auf Augenhöhe und zeigen sich empathischer. Davon kann das Arbeitsklima profitieren und die Arbeitszufriedenheit steigt. Z
  • udem sind unter Mitarbeitern, die einen patriarchalischen Führungsstil ablehnen, Frauen als Führungskraft oftmals akzeptierter und beliebter. Das trifft vor allem auf die jüngeren Generationen zu.

Dennoch kann es vor allem in der Anfangszeit zu Konflikten kommen, wenn eine Frau erstmalig die Führung übernimmt. Zudem hängt der Führungsstil stets von der individuellen Persönlichkeit ab, weshalb die Effekte der Führung nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden können. Wichtiger als das Geschlecht ist für Unternehmen daher die Frage, wer die optimale Besetzung für die jeweilige Führungsposition darstellt und weshalb. Auch die Frauen selbst sollten wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie ihre erste Führungsposition übernehmen. Wertvolle Ratschläge von Frauen in der Führung erhältst Du unter: „9 Frauen verraten: Was ich gerne gewusst hätte, bevor ich Führung übernahm“.

So erreichen Unternehmen einen höheren Frauenanteil

Das Führen in Teilzeit ermöglichen. Weibliche Führung fördern und Hemmungen sowie Vorurteile bei den (nicht nur) männlichen Mitarbeitern abbauen. Frauen frühzeitig entwickeln und ermutigen, eine Führungsposition anzustreben. Mit solchen und ähnlichen Strategien lassen sich Frauen und Führung in Unternehmen vereinbaren. Dadurch entstehen zahlreiche Vorteile für alle Beteiligten, die auch angesichts des Fachkräftemangels immer wichtiger werden. Dennoch wird es auch in Zukunft große Unterschiede zwischen den Branchen geben, wenn es um Frauen und Karriere geht. Diese künstlich abbauen zu wollen, beispielsweise eben durch eine vorgeschriebene Frauenquote, bringt nicht die gewünschten Erfolge, wie in den vergangenen Jahren deutlich wurde. Stattdessen lohnt sich ein Blick über den Tellerrand, um von Ländern wie Lettland mit einem hohen Frauenanteil in den Führungsetagen zu lernen. Eine wichtige Strategie, um die Frauenquote zu erhöhen, ist für Unternehmen die Rekrutierung aus den eigenen Reihen. Weitere Informationen hierzu liefert der Artikel „Junge Entscheiderinnen: Frauen in Führung“.

Tipps, wie Frauen in Führung erfolgreich sein können

Schlussendlich liegt es also an den Frauen, sich zu fragen, ob sie eine Führungsposition anstreben und ob sie in Vollzeit oder in Teilzeit führen wollen. Falls Du Dich für die Karriere in den Führungsetagen entscheidest, helfen Dir folgende Tipps dabei, als Frau in einer Führungsposition erfolgreich zu werden:

  • Klare Strategie und Ziele für die eigene Karriere entwickeln.
  • Selbstbewusstsein aufbauen.
  • Die eigenen Stärken identifizieren und ausspielen.
  • Den weiblichen Führungsstil als Chance erkennen – aber sinnvoll durch männliche Attribute ergänzen.
  • An einer klaren Kommunikation arbeiten.
  • Dein Selbst- und Rollenverständnis klären.
  • Machtstrukturen erkennen und Dich nicht einschüchtern lassen.
  • Eine Personal Brand entwickeln und pflegen.
  • Durchsetzungsstärke beweisen, aber auf Aggression oder überflüssige Kämpfe verzichten. Stichwort: Vorbildfunktion.
  • Klare Entscheidungen treffen – und sie nachvollziehbar erklären, um „Gefolgschaft“ zu erhalten.
  • Stetige Weiterbildung in (Female) Leadership.

Zusammenfassend geht es vor allem darum, die richtige Balance zu finden aus den Stärken der weiblichen, sprich einer emotionalen Führung und jenen des männlichen Führungsstils. Wenn Du es nämlich schaffst, mit Herz und (!) Verstand zu führen, stehen Dir als Frau viele Karrierechancen in den Führungsetagen offen; auch aufgrund der Frauenquote. Im Podcast „Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen“ bekommst Du weitere interessante Denkanstöße zum Thema Frauen und Karriere.

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